Menden. Nach Wochen durfte Oliver Hanitz erstmals seine Mutter wieder im Pflegeheim besuchen. Wie sich das anfühlt und warum er froh über ihr „Nein“ ist.

Hunderte Menschen haben nach Wochen der Besuchsverbote erstmals wieder ihre Angehörigen sehen können. Einer von ihnen ist Oliver Hanitz aus Menden. Seine Mutter (76) lebt seit zehn Jahren nach einem Schlaganfall im Haus Natalena im Ortsteil Hüingsen.

Was hat Sie am meisten überrascht bei diesem Besuch?

Oliver Hanitz Ich war durchaus überrascht, wie gut meine Mutter nach all den Wochen gestimmt war. Sie müssen wissen, dass sie nach dem Schlaganfall ihr Sprachvermögen verloren hat. Unsere mündliche Kommunikation ist daher weitestgehend auf eine Beantwortung von Ja- und Nein-Fragen beschränkt. Deshalb läuft bei uns natürlich viel über andere Wahrnehmungen, vor allem auch über die Augen. Deshalb hat es mich sehr gefreut, dass es ihr gut geht.

Wie lange hatten Sie Ihre Mutter nicht gesehen?

Eigentlich können wir uns seit dem Besuchsverbot Mitte März nicht mehr sehen. Aber wir hatten insofern Glück, dass meine Mutter zwischendurch zu einer Schrittmacher-Untersuchung musste. Da sie kein Sprachvermögen hat, durfte ich da mitkommen. Aber das ist auch schon wieder vier Wochen her. Und das, wo ich sie sonst zwei- bis dreimal die Woche besuche. Einmal hat eine Pflegerin ermöglicht, dass ich einen Whats-App-Videoanruf mit meiner Mutter machen konnte. Das war schön, aber es ist auch sehr schwer, wenn man, wie meine Mutter, nicht mehr sprechen kann. Das Besondere ist ja, dass mein Mann und ich nur fünf Minuten zu Fuß von dem Pflegeheim entfernt wohnen. Räumlich sind wir meiner Mutter also immer sehr nah.

Oliver Hanitz aus Menden.
Oliver Hanitz aus Menden. © Privat | Privat

Macht es das noch schwerer? Oder eher leichter?

Es ist eine große Erleichterung, wenn man so nah beieinander wohnt. Aber trotzdem war es ganz besonders schön, meine Mutter am Sonntag wieder zu sehen. Das Pflegeheim hatte einen Pavillon im Garten aufgestellt, wir saßen an einem sicherlich drei Meter langen Tisch. Das Personal hat gut aufgepasst, dass keiner seinen Platz verlässt. Es war zwar keine Plexiglasscheibe zwischen uns, aber wir beide mussten einen Mundschutz tragen und ich auch einen Schutzanzug. Auch das macht es natürlich schwieriger, mit meiner Mutter zu kommunizieren, wenn man den Mund nicht sieht. Ich habe sie gefragt, ob ich mich jetzt um einen wöchentlichen Besuchstermin bemühen solle. Da hat meine Mutter klar Nein gesagt. Sie informiert sich schon über die Situation und hat offensichtlich Bedenken, dass sich das Coronavirus doch wieder ausbreitet, wenn es zu viele Lockerungen gibt. Für mich ist es beruhigend zu wissen, dass mir meine Mutter das so klar und deutlich gesagt hat. Ich werde jetzt schauen, wann ich in den nächsten Wochen wiederkomme. Nach einer halben Stunde war der Besuch vorbei. Die Nächsten warteten schon… .