Soll die Anti-Corona-App schnell eingeführt? Oder überwiegen noch die Datenschutzbedenken? Zwei Meinungen im Pro- und Kontra-Kommentar.

Eine Corona-Warn-App für Deutschland ist seit Wochen im Gespräch. Sie baut auf dem Konzept des europäischen Konsortiums PEPP-PT auf. Dabei soll Bluetooth-Funktechnik verwendet werden. Die App kann die Infektion zwar nicht unterbinden, aber die Betroffenen schnell informieren, wenn sie Kontakt zu Infizierten hatten. Sollte sie schnell eingeführt werden? Ja, sofort, kommentiert Michael Koch, Bedenken hat Jens Helmecke.

Pro-Kommentar: Nicht erst Grundsätzliches debattieren

Man kann es Naivität nennen – oder aber auch ein Grundvertrauen in unseren Staat. Ich sage Ja zu der deutschen Anti-Corona-App – und ich werde sie auch auf mein Smartphone laden, sobald sie zur Verfügung steht. Und nicht erst, wenn alle Debatten um Datenschutz und Grundsätzliches geführt sind.

Michael Koch.
Michael Koch. © WP | KLeinrensing

Natürlich kann Otto Normalverbraucher nicht exakt kontrollieren, was genau mit den Daten geschieht. Aber schon die Entstehung der Basistechnologie Pepp-PT flößt mir ein Grundvertrauen ein: Mehrere unabhängige Wissenschaftler sind daran beteiligt, die strengen europäischen Datenschutzregeln sollen eingehalten werden. Das Rest-Risiko, dass mit meinen eigentlich anonymisierten Daten Schindluder getrieben wird und nicht nur ein effektives Warnsystem gegen die weitere Ausbreitung von Corona (oder ähnlich gefährlichen Viren) installiert wird, bleibt.

Aber es erscheint doch erträglich im Vergleich zu den Einschränkungen meiner Freiheitsrechte, die ich in Kauf nehmen muss, wenn sich Corona oder in Zukunft Ähnliches unkontrolliert ausbreitet. Michael Koch

Kontra-Kommentar: Ein „Ja“ im Voraus kann es nicht geben

Nichts wird mehr sein wie vor Corona. Eine Erkenntnis, die ich nicht für möglich gehalten hätte. Ich habe Schwierigkeiten damit, Dinge einfach hinzunehmen. Die geplante Corona-App ist genau so eine Sache.

Jens Helmecke
Jens Helmecke © WP | Michael Kleinrensing

Ihre Anwendung wird mit dem Versprechen nach einem Mehr an Freiheit versüßt, mit einer schnelleren Normalisierung des Alltags. Wer würde dies nicht wollen?

Aber: Die Basis für die Corona-App liefert die Software-Plattform Pepp-PT. Wissenschaftler, Institute und Experten haben sie gemeinsam (!) und auf Basis eines (bisher beschränkt) offenen Quellcodes entwickelt, um ein Instrument zu schaffen, das ganz Europa gegen das Virus helfen könnte. Das ist wichtig und gut.

Was also stört mich so sehr? Die Plattform ist das eine. Was von wem darauf aufgebaut werden wird, das andere. Im Detail ist dies längst nicht klar. Und auch wenn die App-Nutzung freiwillig sein soll und in einem freien Land auch sein muss: Bekommen diejenigen Hausarrest, die sich nicht beteiligen? Für eine Zustimmung ist es noch zu früh. Jens Helmecke