Unsere Redaktionen sind längst leer, Home-Office ist seitdem angesagt. Ein Privileg, gewiss. Aber eines, das auch merkwürdige Blüten treibt.
Längst sind die Redaktionsräume leer. Unsere Redakteure arbeiten seitdem und für unbestimmte Zeit im Home-Office. Das Büro im Wohnzimmer ist ein Privileg. Es kann Nerven kosten, aber auch eine Chance sein. Begleiten Sie uns hier durch die kommenden Wochen.
Heute für Sie im Dienst: Reporter Daniel Berg.
Ich bin auf der Flucht! Jeden Tag. Auf der Flucht vor dem Lärm, den die Kinder machen. Das ist ihr gutes Recht, denn sie sind hier zu Hause. Ich auch, aber ich tue in Ermangelung eines Arbeitszimmers so als wäre der Wohnbereich jetzt mein Büro. Der Lärm macht mir beim Schreiben nichts, aber beim Telefonieren. Und telefonieren ist derzeit ein noch wichtigerer und größerer Teil dieses Jobs.
Deswegen habe ich Kopfhörer griffbereit, richtige Kopfhörer. Wenn es klingelt, setze ich sie auf und flüchte vorm Lärm. Gehe irgendwo hin, wo ich hoffe, nicht von Sätzen wie "Mir ist langweilig" oder "Ist das richtig, dass der Wohnzimmertisch brennt" (Vorsicht, leicht übertriebene Darstellung) heimgesucht zu werden.
Der Kopfhörer hat Kabel, was toll ist, denn sonst würde er nicht funktionieren. Allerdings: Für jemanden, der auf der Flucht (im Sinne von kopflos eilig) ist, erweisen sie sich als durchaus hinderliches Detail. Möglichkeiten zum Hängenbleiben sind nach ersten Feldversuchen: Der Vorsprung eines Kleinmöbels, Flaschen, Gläser, das eigen Knie, ein Stuhl, Tischecken, jede Art von Türklinke und -knauf. Anspruch auf Vollständigkeit besteht nicht.
Nach zwei vom Tisch gerissenen Behältnissen, drei abrupt - im wahrsten Sinne - abgerissenen Gesprächen und zahlreichen nahezu vollendeten Strangulationen (Vorsicht, leicht übertriebene Darstellung) denke ich nun über eine kabellose Variante nach. Zuviel der Kopflosigkeit soll ja auch nicht gut sein.