Hagen. Viele Familien werden Ostern nicht gemeinsam verbringen können. Drei Beispiele von Tränen, Telefonaten und jahrzehntelangen Traditionen handeln.
Um zu verstehen, was für eine Tradition da gerade unterbrochen werden muss, hilft es vielleicht, sich in die Zeit zu begeben, als sie ihren Anfang nahm. Es ist die Zeit, in der Dirty Dancing in den Kinos erfolgreich wird, Helmut Kohl Bundeskanzler ist und die Niederlande Fußball-Europameister in Deutschland werden. Ende der 1980er Jahre. Anderes Jahrtausend schon. „Die Familienfeiern sind immer sehr schön gewesen. Jetzt wird das erste Mal nach 32 Jahren sein, dass wir das nicht erleben können“, sagt Marion Michler (56) aus Olpe.
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Ihr Mann hat eine große Familie, wenn alle zusammenkommen, dann sitzen sie an Ostern mit rund 20 Personen bei der Ur-Oma im Garten. Das ist immer so. Dieses Mal geht das nicht. Das Coronavirus und die Richtlinien der Bundes- und Landesregierung sehen größere Familienfeiern derzeit nicht vor. Vor Feiertagen und den Gefühlen der Menschen machen die Bestimmungen keinen Halt. Das Herz rebelliert, der Verstand sagt: Halte dich an die Regeln. Auch wenn es schwer fällt.
Coronavirus: "Schnell raus aus diesem Albtraum"
Marion Michler ist vor einem Jahr Oma geworden, sie war bei der Geburt dabei. Den ersten Geburtstag des Kleinen Mitte dieser Woche? Verfolgte sie nun bei einem Video-Telefonat. „Er hat geguckt und gewinkt, aber so richtig viel kann er damit nicht anfangen. Ich hätte ihn so gern in den Arm genommen“, sagt die 56-Jährige. An Ostern wird es genauso sein, auf Tochter, Enkelkind wird sie verzichten müssen. Die Tage wird sie vornehmlich mit ihrem Mann verbringen.
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„Ich gehe davon aus, dass es sehr ruhige Tage werden“, sagt sie. Immerhin, der erwachsene Sohn wohnt im gleichen Haus, die Schwiegermutter nebenan, so kann man sich zumindest mit Abstand sehen. Wie man es ihr schonend beibringt, dass das gewohnte Ostern ausfällt, musste nicht überlegt werden. „Wir sind alle sehr vernünftig und es ist allen klar, dass wir Ostern anders feiern müssen“, sagt Marion Michler. „Je mehr Leute sich an die Vorgaben halten, desto schneller erwachen wir aus diesem Albtraum.“
Die Enkelkinder von Gabriele Lauterbach (66) aus Bad Laasphe sind schon etwas älter, acht und elf Jahre alt. Sie kriegen mit, was passiert und was in der Familie diskutiert wird. „Ostern findet nicht statt?“, hätten sie gefragt. Und kurz danach natürlich: „Gibt‘s auch keine Geschenke?“ Möglich, dass die Oma ein Päckchen für den Osterhasen zur Abholung bereit legt. „Es fällt mir schwer, auf sie zu verzichten“, sagt Gabriele Lauterbach, „manchmal vergießt man auch ein Tränchen, wenn es keiner mitbekommt.“
"Es tut mir weh, dass sie allein bleiben muss"
Mit ihrem Lebensgefährten wohnt sie mittlerweile in Hessen, eine Stunde Fahrt ist es in die Heimat zur Familie. So war das gedacht. Zusammen mit der Mutter, Sohn, Tochter und Enkeln hätte gefeiert werden sollen. Die Tochter wohnt in Stuttgart. Allein. „Es tut mir weh, dass sie allein bleiben muss“, sagt die Mama. „Aber der Verstand sagt einem, dass es eben so sein muss.“ Die Familie wird videofonieren. „Das hilft, es auszuhalten.“
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Jeden Tag am Bildschirm sehen sich auch Jasmin Schnecke (37) aus Olpe und ihre Eltern, 70 und 64 Jahre alt. „Seit meine Tochter auf der Welt ist, fahren wir jedes Jahr an Ostern zu meinen Eltern nach Lennestadt“, sagt Jasmin Schnecke. Die Tochter wird 14. Auch diese Tradition wird leiden müssen. „Wir brechen die Tradition, um sie lange fortsetzen zu können“, sagt sie. „Die Sehnsucht ist groß, aber das Risiko noch größer.“
Aber weh tut es schon. „Wir sind sehr auf die Familie bedacht und feiern jedes Fest zusammen“, sagt Jasmin Schnecke. „Die Distanz und fehlende Nähe macht uns sehr zu schaffen.“ Vor allem an Ostern.