Iserlohn. UE Iserlohn: Absolventen des Studiengangs Smart City Management sollen Digitalisierungskonzepte auch für den ländlichen Raum verwirklichen.
Ebbo Tücking ärgert sich: „Wenn über Flugtaxis berichtet wird, sehen wir sie immer von Hochhaus zu Hochhaus fliegen. Dabei gibt es in den Großstädten genügend andere Verkehrsmittel. Drängender ist doch die Frage, wie man von Altena nach Attendorn kommt.“ Wohl wahr. Doch warum hat der Professor für VWL, Gründungsmanagement und Marketing an der Iserlohner UE seinen neuen Studiengang dann Smart City Management genannt? „Weil niemand Smart Region Management googelt.“
Überzeugt ist Tücking dennoch, dass intelligente Digitalisierungskonzepte für den ländlichen Raum mindestens so wichtig sind wie für Ballungsgebiete: „Industrien finden sich gerade im Sauerland fern ab der großen Verkehrswege. Deshalb gilt es, Logistikströme intelligenter zu gestalten. Die Logistikbranche ist eine Schlüsselbranche in Südwestfalen.“
Digitale Bildungsangebote nötig
Auch in der Bildung seien digitale Lösungen für dünner besiedelte Gebiete unverzichtbar: „Die Bildung wird immer kleinteiliger und spezialisierter“, weiß Tücking. „In Hamburg gibt es fünf Berufsschulklassen für E-Commerce, in Hagen eine. Und im ländlichen Sauerland? Sollen die Auszubildenden dafür in die Ballungsgebiete? Besser nicht.“ Zudem sei die Gesundheitsversorgung auf dem Land langfristig nur durch E-Health-Konzepte zu sichern, bei Smart Home handele es sich um einen Schwerpunkt der heimischen Industrie, und E-Governance, also eine moderne, kundenorientierte Verwaltung, werde überall verlangt.
Umweltspur als schlechtes Beispiel
Kundenorientierung ist für den Marketing-Experten Ebbo Tücking ein Schlüsselwort: „Bei allen anstehenden Veränderungen, die etwa der Klimaschutz erforderlich macht, können wir nur erfolgreich sein, wenn wir die Kundensicht einnehmen, wenn wir Lösungen bieten, wenn wir den Menschen etwas geben, statt ihnen etwas wegzunehmen.“ Ein ganz schlechter Ansatz sei beispielsweise die neue Umweltspur in Düsseldorf: „Da stehen die Autos jetzt viele Kilometer lang im Stau. Vor dieser Einschränkung hätte man erst Park+Ride-Plätze einrichten und den ÖPNV ausbauen müssen.“
Derlei sollen künftig die Smart City Manager regeln. Ab dem Wintersemester 2020 bietet die UE einen interdisziplinären Masterstudiengang an, der sich an Ingenieure, Raumplaner, Architekten, BWLer oder Sozialwissenschaftler richtet: „Es geht darum, IT, Kommunikation und Marketing zusammenzubringen“, sagt Tücking.
Der Smart City Manager soll als Projektsteuerer fungieren, als derjenige, der mit allen Beteiligten sprechen kann und dafür sorgen, dass sie sich verstehen. Und als Wissensmanager müssen die neuen Manager auch wissen, welche Hürden es für neue, smarte Lösungen gibt, wie das öffentliche Vergaberecht gestaltet ist, wie kommunale Entscheidungsfindung funktioniert. In der Bildung sollten sie beispielsweise in der Lage sein, Berufsschulen und IHK mit ins Boot zu holen.
Koordinieren und steuern
Es geht also um Nachhaltigkeit, Industrie 4.0, um Energie, Design, Transport und Mobilität, Infrastruktur, Telekommunikation, Big Data und Cyber Security, lauter Zukunftsthemen. Es geht um die Schnittstellen, um die Koordination und Steuerung. Es geht darum, die Kaufkraft auch in kleineren Städten zu halten und dafür zu sorgen, dass die Regionen am Rande nicht abgehängt werden. „Wir müssen auch im ländlichen Raum Mobilität neu denken“, sagt Tücking. Neue Konzepte, zum Beispiel mit Sammeltaxis, die sich per App rufen lassen und bei denen ein System die beste Route berechnet, werden allerdings in Städten wie Berlin und Hamburg getestet. Noch. Vielleicht schwärmen die Smart City Manager dann doch in die Region aus. Notfalls auch ohne Flugtaxi.