Witten/Herdecke. Ökologisches Handeln liegt im Trend. Selbst Zahnpasta kann man selbst herstellen. Warum das aber nicht ratsam ist, erklärt der Experte.
Waschnuss statt Persil, Essig statt Meister Proper, Backpulver statt Ata – alte Hausmittel und Do-it-yourself-Kreationen liegen im Öko-Trend. Im Netz tauchen auch zunehmend Empfehlungen für Zahnpasta aus Eigenherstellung auf. Aber denen zu folgen, wäre keine gute Idee, meint Prof. Dr. Stefan Zimmer von der Universität Witten/Herdecke, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Präventivzahnmedizin (DGPZM). Wir haben nachgefragt.
Was spricht dagegen, selbst eine Zahnpasta anzurühren, um Verpackungen zu sparen?
Stefan Zimmer Das Ziel der Plastikreduktion halten wir für ein wichtiges gesellschaftliches Anliegen. Wir fordern deshalb die Hersteller auf, auf alternative Verpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen oder zumindest recyclebaren Grundstoffen umzustellen. Aber mit Blick auf die Zahngesundheit müssen wir nachdrücklich darauf hinweisen, dass die Zusammensetzung von Zahnpasten wissenschaftlich begründet und deren Wirksamkeit in vielen Studien belegt ist.
Und das ist bei den Eigenmischungen anders?
Die kursierenden Rezepte zum Selbstanmischen sind alte Hausrezepte, deren Wirksamkeit nicht belegt ist und von denen auch keine Wirksamkeit zu erwarten ist. Sie enthalten nach unserer Kenntnis kein Fluorid. Und Fluorid ist der wichtigste Inhaltsstoff von Zahnpasten, um Karies zu vermeiden. Fluorid verhindert den Verlust von Mineralien aus den Zähnen.
Ist nicht das Putzen, also das Reiben, viel wichtiger als die Zahnpasta? Ginge es nicht auch ganz ohne?
Definitiv nicht. Für die Kariesvorbeugung ist der zweimal tägliche Gebrauch einer guten Fluorid-Zahnpasta der wichtigste Faktor. Für die Vorbeugung von Parodontitis dagegen ist vor allem die mechanische Plaque-Entfernung mit Zahnbürste, Zahnseide oder Zahnzwischenraumbürstchen wirksam.
Was gehört denn sonst noch in eine Zahnpasta?
Schaumbildner verbessern die Reinigungswirkung und sorgen für Frischegefühl, das dazu motiviert, die Zähne länger und damit besser zu putzen. Abrasivstoffe sind wichtig für die Reinigung der Zähne, dürfen sie aber nicht zu sehr abnutzen. Hier spielen die Art und die Menge der Abrasivstoffe, aber auch die Teilchengröße eine entscheidende Rolle. Unter den Bedingungen des häuslichen Selbstanmischens kann es schnell passieren, dass falsche und zu viel Abrasivstoffe in die Zahnpasta gelangen. Unter häuslichen Bedingungen sind die nötigen Qualitätsanforderungen kaum zu gewährleisten.
Was ist mit Mikroplastik in der Zahnpasta?
Tatsächlich gab es bis vor zehn Jahren vereinzelte Produkte, die Kunststoffpartikel als Abrasivstoffe enthielten. Heute gibt es in Deutschland keine Zahnpasta, die Mikroplastik enthält.
Wie schädlich sind die Weißmacher-Zahncremes?
Früher enthielten sie sehr viele Abrasivstoffe und wurden deshalb von Zahnärzten meistens abgelehnt. Heute basieren sie auf einer Mischung aus mechanischen und chemischen Wirkstoffen. Sie sind für die tägliche Anwendung geeignet. Allerdings sollte man sich nicht allzu viel Wirkung versprechen. Zahnpasten, die gelbe Zähne weiß machen, also bleichen können, gibt es nicht, weil die dafür erforderlichen Konzentrationen an Bleichmitteln nicht zugelassen sind. Eine optische Aufhellung ist durch einen blauen Farbstoff möglich, Blue Covarine. Das ist harmlos für die Zähne und hält ein paar Stunden an.
Gibt es denn generell große Qualitätsunterschiede bei Zahnpasten?
Es gibt gute und preisgünstige Discountermarken, die mit den Top-Marken gut mithalten können. Hilfreich für die Auswahl sind die Tests der Stiftung Warentest. Da gibt es eine kostenpflichtige Online-Datenbank mit allen Testergebnissen.
Können Sie sich denn wenigstens mit Zahnbürsten aus Naturmaterialien anfreunden?
Naturborsten bieten Schlupfwinkel für Bakterien, Viren und Pilze. Allerdings sind umweltschonende Alternativen aus Biokunststoffen bereits erhältlich.
Am Ende raten Sie auch noch zu elektrischen Zahnbürsten?
Aus zahnmedizinischer Sicht sind sie leider deutlich besser.