Hagen. NRW-Minister Andreas Pinkwart fordert die komplette Abschaffung des Solidarzuschlags und eine deutliche steuerliche Entlastung der Wirtschaft.

Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) kritisiert die Bundesregierung für ihre Entscheidung, den Solidaritätszuschlag nicht komplett abzuschaffen. „Es ist gerade in Zeiten sich eintrübender Konjunktur das völlig falsche Signal an die Wirtschaft“, erklärte Minister Pinkwart am Freitag im Gespräch mit der WESTFALENPOST. Der Vorschlag der Großen Koalition bedeute, dass für die mittelständischen Unternehmen und die großen Betriebe die Körperschaftssteuer nicht wie in anderen Ländern gesenkt, sondern knapp 16 Prozent statt 15 Prozent betragen würde. „Das ist eine verdeckte Steuererhöhung und wirkt investitionshemmend“, so Pinkwart.

Es geht nicht um 5-Millionen-Verdiener

Zudem ist Pinkwart der Auffassung, dass die Belastung „verfassungsrechtlich sehr bedenklich ist“. Es gehe auch nicht, wie Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) in einer Beispielrechnung anführte, um die „Fünf-Millionen-Verdiener“, sondern um den Mittelstand und die Industrie mit Millionen von Arbeitsplätzen, die weiter belastet werden. Hier sieht der FDP-Politiker die Glaubwürdigkeit der Politik und das Vertrauen in den Investitionsstandort gefährdet, schließlich sei die komplette Abschaffung des Solidaritätszuschlages fest vereinbart worden.

Mittelstands-Forderung mitamtierender GroKo nicht zu machen

Statt gerade die Wirtschaft stärker zu belasten, fordert der NRW-Minister das Gegenteil. Die Forderung des Mittelstandes, die steuerliche Belastung von Unternehmen auf insgesamt maximal 25 Prozent zu begrenzen, „halte ich für absolut richtig und notwendig“. Allerdings ist Pinkwart skeptisch, ob dies mit der amtierenden Bundesregierung möglich sein wird: „Die Große Koalition hat dies nicht im Koalitionsvertrag festgeschrieben.“

Zufrieden mit Zwischenbilanz der NRW-Regierung

NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (Mitte) im Gespräch mit Westfalenpost-Chefredakteur Jost Lübben (links) und dem stellvertretenden Chefredakteur Torsten Berninghaus im Hagener Pressehaus.
NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (Mitte) im Gespräch mit Westfalenpost-Chefredakteur Jost Lübben (links) und dem stellvertretenden Chefredakteur Torsten Berninghaus im Hagener Pressehaus. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Nach knapp der Hälfte der Legislaturperiode in Nordrhein-Westfalen sieht der Wirtschaftsminister das Bundesland auf dem richtigen Weg in das digitale Zeitalter und bei wichtigen Themen wie Energiewende und Gründerszene. „NRW ist zwar zehn Jahre später als Berlin, aber es ist jetzt eine Infrastruktur und eine neue Dynamik da“, zieht Pinkwart eine positive Zwischenbilanz mit Blick auf die Förderung der Start-ups durch Wirtschaft und Landesregierung. Damit sich NRW nachhaltig verbessern könne, brauche das Land auch in der kommenden Legislaturperiode eine auf Innovation und Fortschritt ausgerichtete Landespolitik und mindestens eine weitere Amtszeit für CDU und FDP. Das aktuelle Umfragehoch der Grünen in NRW (24 Prozent/Forsa) hält Pinkwart für „eine Blase ohne Substanz.

Entfesselungspaket Energie im Herbst

Für den Herbst kündigt Pinkwart ein „Entfesselungspaket Energie“ an, um die Energiewende im größten Bundesland weiter voranzutreiben und so die gesetzten Klimaziele auch künftig zu erreichen. In dem Paket werde es sowohl um Anreize für den Einsatz Erneuerbarer Energien in NRW-Haushalten gehen, als auch um Beschleunigung des Ausbaus der Netze. Beim Thema Windkraftausbau auf dem Land sieht Minister Pinkwart zwar durchaus Potenzial, die Leistung in den nächsten Jahren beinahe zu verdoppeln, vor allem aber durch Repowering, also der Erneuerung von Anlagen mit einer Ausweitung der Leistung auf bestehenden Flächen. Der Hinweis auf den Borkenkäfer allein sei für die Ausweisung neuer Fläche nicht ausreichend, dämpft er die Hoffnung der Forstwirtschaft.

„Hochschulen sind Treiber der digitalen Revolution“

Um den Anforderungen der Zukunft bei Innovationen, Forschung und Entwicklung gerecht werden zu können, fordert Pinkwart mehr Internationalisierung an deutschen Hochschulen und in der Dualen Berufsausbildung. „Wir müssen erkennen, dass Deutschland nicht der Nabel der Welt ist und wir Inspiration von außen brauchen, um hochqualifizierte Fachkräfte zu bekommen“, sagt Pinkwart mit Blick auf die globalen Entwicklungen und das rasante Tempo bei Zukunftsthemen insbesondere in Asien. „Die Treiber der digitalen Revolution sind in Wahrheit die Hochschulen“, sagt der ehemalige Wissenschaftsminister. Sein Rat an junge Leute ist, sich für andere Länder und Kulturen stärker zu öffnen: „Unsere Studenten müssen internationaler werden.“ Dass die Studierendenzahlen in Südwestfalen gerade vom hohen Niveau rückläufig sind, besorgt Pinkwart keineswegs: „Es ist sogar die Chance, dass mehr Qualität in den Vordergrund rückt.“