Schmallenberg. Rainer Meisterjahn kommt aus Arpe bei Schmallenberg. Als Mentaltrainer hat es der 38-Jährige bis in die beste Basketball-Liga der Welt geschafft.
Tief, ganz tief im Sauerland gibt es einen kleinen Ort namens Arpe bei Schmallenberg. Eine Kirche, ein Hofladen, rund 250 Einwohner. In Arpe gibt‘s nur eine Adresse. Arpe plus Hausnummer. Und die Hausnummer folgt nicht dem gängigen System ungerade und gerade, sondern dem Baujahr. Zwischen 15 und 17 liegen ein Dutzend Häuser. Es ist die Heimat von Rainer Meisterjahn, sein Elternhaus steht noch dort. Zwei, drei Mal im Jahr ist er zu Besuch da. Wie jetzt gerade. „Auf dem Dorf fällt es manchmal schwer, sich ganz große Träume zu trauen“, sagt er. „Aber ich hatte irgendwann den Traum, es in die NBA zu schaffen.“ Als Spieler kam er nicht einmal in die Nähe der besten Basketball-Liga der Welt, aber als Mentaltrainer ist er in der milliardenschweren US-Liga angekommen.
Persönlichkeitstests vor der Verpflichtung
In der vergangenen Saison war der Sportpsychologe als Berater auf Honorarbasis für die Miami Heat tätig. Er war zum Teil beim Training dabei, manchmal bei den Spielen, flog auch im Mannschaftsflugzeug. Zuvor war er schon für die Utah Jazz, die Washington Wizards und die Milwaukee Bucks im Einsatz. Meisterjahn, 38 Jahre alt, arbeitet mit Trainern, mit Profis und solchen, die es werden wollen.
Junge Talente, die auf dem Sprung in die NBA stehen, werden von ihm vor der Verpflichtung einem Persönlichkeitstest unterzogen. Meisterjahn führt diese Interviews im Auftrag der Vereine durch, macht sich ein Bild von dem Spieler. Was ist ihm wichtig? Wie sieht er sich selbst? Welche Werte will er einbringen? Und: Verhält er sich danach?
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„Viele junge Spieler kommen aus keinen guten Verhältnissen und haben schon mehr erlebt als die meisten Menschen in einem ganzen Leben. Manchmal saß ich da fast mit Tränen in den Augen“, sagt Meisterjahn über die Gespräche über jene, die in Armut aufwachsen zwischen Drogengeschäften und Kriminalität. „Die haben manchmal als Hauptziel, ihrer Mutter, die drei Jobs macht, um die Familie durchzubringen, ein Haus zu kaufen.“ Das sei weder gut noch schlecht, aber wichtig zu wissen, um den richtigen Umgang zu finden.
Klient mit 180-Millionen-Dollar-Vertrag
Mit 13 fing Meisterjahn an, Basketball zu spielen. Dass er das Springreiten aufgab, beschwert den Papa, Pferdefreund- und Besitzer, noch heut‘ ein wenig. In der elften Klasse ging Meisterjahn für ein Jahr nach Amerika, Schüleraustausch. „Ich war ein schüchterner Junge. Dieses Jahr hat meiner persönlichen Entwicklung unglaublich gut getan“, sagt Meisterjahn. Nach dem Abitur in Schmallenberg ging er zurück in die Staaten, studierte mit Schwerpunkt Sportpsychologie, machte den Abschluss, promovierte. Mittlerweile lebt er in Milwaukee. Sein bekanntester Klient, Tobias Harris, hat soeben einen Fünfjahresvertrag bei den Philadelphia 76ers unterschrieben. Gehalt: 180 Millionen Dollar. „Es ist schön, vielleicht einen kleinen Teil dazu beigetragen zu haben“, sagt der Mentalcoach. Während des Studiums lernte er den damaligen College-Spieler Harris kennen. Seither arbeiten sie zusammen.
180 Millionen? Gibt‘s da keine Provision? Nein. Geht aber offenbar auch so. „Von meinem Job kann ich sehr gut leben“, sagt Meisterjahn, der 2013 seine eigene Firma gründete und bald einen dritten Mitarbeiter anstellen will. „Meine Leistungs-Pakete sind von den Kosten her ganz verschieden, ja nach Level, Dauer, Struktur.“ Seine Beziehungen in die Branche, sagt er, seien immer weiter gewachsen. „Und wir sind noch lange nicht am Ende.“
Ziel: Arbeit mit der Nationalmannschaft
Er hält den mentale Training für den nächsten Trend im US-Basketball. Manche Vereine hätten bereits einen fest angestellten Kopf-Coach, andere noch nicht. „Einen Athletik-Trainer hat jeder Klub, aber auch das Gehirn lässt sich wie ein Muskel systematisch trainieren.“ Es geht um bewusste Entspannungsphasen durch Meditation, darum sich und Mitspieler besser wahrzunehmen. Und vor allem darum, „im Hier und Jetzt zu sein“, wie Meisterjahn sagt. Soll heißen: Vergangene Handlungen (Fehler zum Beispiel) und befürchtete Folgen nehmen auch im Alltag von Menschen zu viel Raum ein, „anstatt das zu kontrollieren, was ich in diesem Moment beeinflussen kann“.
Langfristig, sagt der Sauerländer, wäre es schön, nicht nur in der NBA tätig zu sein, sondern auch bei der deutschen Nationalmannschaft mitzuwirken. Seinen Papa wird er damit vermutlich eher nicht so richtig beeindrucken können. „Papa und Mama unterstützen mich hundertprozentig und versuchen meine Arbeit zu verstehen“, sagt Rainer Meisterjahn mit einem Lächeln auf den Lippen, „aber außer Dirk Nowitzki könnte ich keinen Namen nennen, den mein Papa nicht auf einer Stufe mit den Bezirksliga-Fußballern von Arpe-Wormbach wähnt.“