Hagen. . Über rechte Gewalt gegen kommunale Politiker wird bundesweit debattiert. Zwei, die das auch angeht, sprechen mit uns über Ursache und Wirkungen.

Die wiederholten Fälle rechter Gewalt gegen kommunale Politiker sind spätestens nach dem Mord an Kassels Regierungspräsidenten Walter Lübcke deutschlandweit ein Thema – und sie betreffen indirekt auch all jene, die an der Basis arbeiten. Die jeweiligen Verwaltungschefs unserer Region: in den Kreisen die Landräte, in kreisfreien Städten die Oberbürgermeister. Zwei von ihnen berichten uns, wie sie die Spirale der Gewalt bewerten, was sie für sie persönlich bedeutet und was nun in Politik und Gesellschaft geschehen muss.

Oberbürgermeister in Hagen: Erik O. Schulz.
Oberbürgermeister in Hagen: Erik O. Schulz. © Michael Kleinrensing

„Allerspätestens seit den NSU-Morden wissen wir, es gibt Rechtsterrorismus in Deutschland. Und bereits die Anschläge auf die heutige Kölner Oberbürgermeisterin und den Altenaer Bürgermeister hatten gezeigt: Es gibt Rechtsextremisten mit Tötungsbereitschaft“, sagt Olaf Schade (SPD), Landrat des Ennepe-Ruhr-Kreises. Hagens Oberbürgermeister Erik O. Schulz (parteilos) findet, dass „der feige Mord an Regierungspräsident Lübcke zweifellos eine neue Eskalationsstufe darstellt. Dabei darf nicht übersehen werden, dass Gewalt von Rechts nach Einschätzung aller Experten in den letzten Jahren insgesamt markant zugenommen hat.“

Demokratie nicht gefährdet

Und wie groß ist die Gefahr von rechts? „Weil es breite Unterstützung für die Werte des Grundgesetzes gibt und der Staat sich wehrhaft zeigt, sehe ich die Demokratie nicht gefährdet. Damit das so bleibt, muss das Fundament unseres Gemeinwesens aber immer wieder bestätigt werden. Dazu zählen Verfassungswerte wie die Würde jedes Menschen sowie das Verbot der Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Abstammung, Rasse, Sprache, Herkunft und Glauben. Genau hier setzen rechte Verfassungsfeinde an. Sie lehnen die Gleichwertigkeit der Menschen ab, proklamieren höhere Rechte für Menschen deutscher Abstammung und machen andere verächtlich. Hier gilt es wachsam zu bleiben.“

Anonyme Bedrohungen auch gegen Schade

Wachsam auch, wie die, die von rechts kommen, mit Sprache umgehen. Hochrangige AfD-Abgeordnete zum Beispiel. „Politische Konkurrenten werden als Feinde des Volkes eingeordnet. Folge: Einige Täter fühlen sich berufen, dieses vermeintliche Volksinteresse durch Gewalt umzusetzen. Die Vorstufe - die auch ich immer mal wieder zu spüren bekomme - sind anonyme Beschimpfungen und Drohungen“, gibt Olaf Schade preis. Schulz, der vor zweineinhalb Jahren in seinem Büro körperlich bedroht worden war, teilt die Sorge. „Wenn klar rassistisch intendierte oder ausländerfeindliche Aussagen öffentlich geäußert werden und weitgehend unkommentiert bleiben, beziehungsweise juristisch unzureichend geahndet werden, dann greifen sie in der Mitte unserer Gesellschaft mehr und mehr Raum - sie werden scheinbar hoffähig. Diesen Punkt haben wir längst erreicht; von daher teile ich die Sorge, dass eine zunehmend entgrenzte Sprache in der Tat zu einem Wegbereiter zunehmend entgrenzter Gewalt werden kann.“

Auf dem rechten Auge blind?

In den Medien, sagt Schulz, werde gern die Aussage bemüht, „Polizei und Justiz wären ,auf dem rechten Auge blind’. Soweit würde ich nicht gehen; aber auch ich erwarte, dass gegen jede Form von rechter Gewalt unverzüglich, konsequent und mit der ganzen Entschlossenheit des Rechtsstaates vorgegangen wird!“ Für Olaf Schade ist die aktuelle Lage ein Grund, noch entschlossener Flagge zu zeigen: „Für mich ist die Lage Motivation, mich noch stärker für Demokratie und gegen Rechtsextremismus einzusetzen.“

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