Finnentrop. . Schwimmmeister Peter Harzheim macht sich Sorgen um seine Beruf. Mindestens 2500 Bademeister, so seine Schätzung, fehlen im Bundesgebiet.
Als Peter Harzheim vor 45 Jahren seine berufliche Laufbahn begann, hieß ein Schwimmbad noch „Badeanstalt“ und der Bademeister genoss höchstes Ansehen: „Er gehörte mit dem Bürgermeister, dem Arzt und dem Pastor zu den vier Respektspersonen im Ort.“ Heute würde sich der 63 Jahre alte Schwimmmeister im Finnentroper Erlebnisbad „Finto“ „wenigstens ein bisschen“ Wertschätzung in der Öffentlichkeit für seinen Beruf wünschen. Ein Beruf mit großen Nachwuchsproblemen: „Es fehlen bundesweit mindestens 2500 Schwimmmeister, Tendenz steigend. Die Personalsituation ist sehr angespannt“, sagt Harzheim, ehrenamtlicher Präsident des Bundesverbandes Deutscher Schwimmmeister. Die Lage wird sich in den kommenden Jahren noch verschlimmern: Viele Fachkräfte gehen in den Ruhestand. Auch Harzheim ist dabei. Er wechselt Ende des Jahres in den „Un-Ruhestand“. Mit einem lachenden Auge – „ich kann mich mehr um Enkel und Ehefrau kümmern“ und einem weinenden: „Ich habe mit Leidenschaft einen Traumjob ausgeübt.“
Eine andere Kultur des Badens
Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) schlägt Alarm und warnt vor einem „Land der Nichtschwimmer“. Peter Harzheim hält den Weckruf nicht für zu dick aufgetragen: „Wir dürfen nicht die Augen davor verschließen, dass die Hälfte der Viert- bis Sechstklässler nicht sicher schwimmen kann.“
Der „geprüfte Meister für Bäderbetriebe“, so seine Berufsbezeichnung, steht in Sporthose, Polo-Shirt und Badelatschen – alles in blau – am Beckenrand und hält mit Gerd Brandes und Gotthard Raupach ein Pläuschchen. Die 91 und 93 alten Senioren ziehen regelmäßig ihre Bahnen in dem 10 mal 25 Meter-Becken in Finnentrop und erklären ihre gute Verfassung auch mit ihren Hallenbad-Besuchen. Sie haben das Schwimmen gelernt, als die Kultur des Badens eine andere war. „Es gibt nichts Besseres, um sich fit zu halten“, sagt Peter Harzheim, der die zunehmende Zahl an Nichtschwimmern nicht nur den Bäderschließungen zuschreiben möchte. Es beginne schon in der Grundschule: „Es gibt zu wenig Lehrkräfte für den Schwimmunterricht.“ Darüber hinaus habe die Flüchtlingswelle auch für den Zuzug von Nichtschwimmern gesorgt: „Die Menschen sind zwar zum Teil in ihren Herkunftsländern am Wasser groß geworden, aber haben dort nicht das sichere Schwimmen gelernt.“
Seit Jahren klagen Interessenverbände über Bäderschließungen, die steigende Zahl an Nicht-Schwimmern und fehlendes Bad-Personal. Doch die Lage ändert sich nicht. Warum? „Bäder sind eine freiwillige Aufgabe einer Kommune und daher oft ein Stiefkind, das man in Zeiten knapper Kassen vernachlässigt“, sagt Harzheim. Aber: Bäder sollten nicht Orte eines rein materiell gewinnorientierten Denkens sein: „Es ist ein großer volkswirtschaftlicher Gewinn, wenn die Menschen etwas für ihre Gesundheit tun und nicht so oft zum Arzt müssen.“
Falsche Vorstellungen
Doch es müssen Menschen da sein, die auf deren Sicherheit achten. Dass viele den Beruf des Schwimmmeisters nicht mehr als attraktiv ansehen, habe nicht nur mit Wochen-end- und Schichtdiensten zu tun, sondern auch mit falschen Vorstellungen vom Aufgabenfeld. „Viele denken, dass ein Adonis mit Sonnenbrille den ganzen Tag am Beckenrand steht und sich die Sonne auf den gebräunten Körper scheinen lässt.“ Doch solche David Hasselhoffs – die älteren von uns erinnern sich an die Serie „Baywatch“ – fänden sich nur im Fernsehen: „Der Aufsichtsdienst umfasst nur 20 bis 25 Prozent unserer Arbeit.“ Beschreibt Harzheim die üblichen Tätigkeiten, bekommt man einen Eindruck, dass Bademeister Allrounder sind: „Wir sind Techniker, Sicherheitsbeauftragte, Ärzte, Animateure, Psychologen, Marketingexperten und Personalleiter in einer Person.“ Für den 63-Jährigen der Beleg für die große Vielfalt des Berufs.
Der aber nicht angemessen vergütet wird, wie er findet: „Nach dem Tarifvertrag Öffentlicher Dienst, EG 5, beginnt es bei 2446 Euro im Monat. Für einen jungen Menschen, der eine Familie gründen will, nicht gerade viel“, sagt Harzheim und ergänzt, dass mehr für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf getan werden müsse – zumal das Verhältnis von Frauen und Männern am Beckenrand heute „fifty-fifty“ sei.
„Wir müssen die Bäder retten“, sagt Peter Harzheim, der auch im Ruhestand weiter im Verband kämpfen will. „Schon im Mittelalter wurde das Schwimmen praktiziert. Das kann doch noch nicht alles gewesen sein.“ Trotz der negativen Entwicklung will er nicht schwarz sehen: „Nach einem Tief kommt immer ein Hoch.“