Siegen. . Bundesminister Jens Spahn (CDU) lobt die Innovationskraft des FoKoS-Instituts der Uni Siegen bei der Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft.

Ein hauchdünnes Pflaster zeigt an, wenn sich unerwünschte Bakterien auf der Wunde breit machen. Für den betroffenen Patienten wird dies anhand einer Verfärbung sofort sichtbar. Das Signal, dass es Zeit für den nächsten Arztbesuch wird. Der weiß im optimalen Fall bereits Bescheid, sogar darüber, welches Antibiotikum zum Einsatz kommen muss. „Integer“ ist nur eine der Innovationen, die gerade am Forschungsinstitut der Universität Siegen (FoKoS) entwickelt werden und die Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bei seinem Besuch am Donnerstag wohl beeindruckten: „Das FoKoS ist exemplarisch für viele Regionen im bundesweiten Vergleich. Hier ist die Lust auf Gestaltung der Zukunft zu spüren“, schwärmt Spahn.

120-köpfiges Forschungsinstitut

Dass er dies im Zusammenhang mit der Bekräftigung, den in diesem Jahr auslaufenden Innovationsfonds Gesundheit weitere vier Jahre mit jeweils 200 Millionen Euro fortführen zu wollen, betont, scheint ein Wink mit dem Zaunpfahl zu sein. Institutionen wie das FoKoS könnten zu den Profiteuren gehören, „sie müssen sich nur bewerben“, sagt Spahn im Gespräch mit dieser Zeitung.

Die Siegener haben es schick gemacht und professionell. Die Präsentation des Projekts „Digitale Modellregion Gesundheit Südwestfalen“. Hier geht es nicht allein um einzelne Innovationen. Es geht darum, in ländlicheren Räumen wie Siegen-Wittgenstein die Gesundheitsversorgung zu sichern. „Es geht um eines der drängendsten Probleme dieser Region“, sagt der Universitätsrektor Holger Burckhart. Das Siegerland sei ein „Reallabor“, um Medizin neu zu denken. Nicht weniger. Der Philosoph Burckhart spinnt Parallelen im Denken der klugen Köpfe an der Siegener Uni und dem aktuellen Kopf an der Spitze des Gesundheitsministeriums: „Wir suchen die Herausforderungen dort, wo sie sind“, sagt Burckhart. Spahn gelte als besonders offen für neue Themen. Siegen sei eine Uni, die ähnlich denke. Und zu konkreten Ergebnissen kommt, wie am Donnerstag im mit 120 Köpfen größten Forschungsinstitut der Universität zu sehen war.

Digitale Modellregion Gesundheit Südwestfalen

Mit dem Projekt „Digitale Modellregion Gesundheit Südwestfalen“ will das Forschungsinstitut FoKoS die Digitalisierung in der medizinischen Versorgung mit verschiedenen Innovationen befördern.

Dazu zählen praktische Entwicklungen, die eine Versorgung von Patienten mit absehbar weniger Ärzten sicherstellen könnten ebenso wie Anwendungen, die in der Ausbildung von Ärzten und Pflegepersonal einen Qualitätsschub bedeuten sollen – etwa die Hygiene-Ausbildung mittels VR-Brillen.

Einiges findet bereits Einzug in die Praxis – oder besser die Praxen in Form eines Netzwerks der Ärzte in Südwestfalen, an dem bereits über einhundert Mediziner Interesse angemeldet haben.

Anderes, wie das Sensorpflaster, befindet sich noch deutlich vor einer Markteinführung. Es ist noch Zukunftsmusik, weil die Zulassung sehr aufwändig und teuer ist. „Das ist in Deutschland immer dann so, wenn es um Produkte am Menschen geht“, sagt Dr. Daniel Wesner, der die Entwicklung am Lehrstuhl von Professor Holger Schönherr mitbetreut. Und entwickelt wird freudig weiter: Gerade seien Förderanträge gestellt worden, um die Pflasterfunktionen erweitern zu können. „Es ist denkbar, dass auch Krankenhauskeime dann identifiziert werden könnten“, hofft Forscher Wesner.

BER des Gesundheitswesen

Auch das wäre wohl eine Innovation nach Spahns Geschmack, der bei der Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft gerne noch mehr aufs Tempo drücken würde. Schließlich: „Wir haben hier Nachholbedarf.“ Genervt blickt er kurz zurück auf die elektronische Gesundheitskarte. „Die haben wir vor 15 Jahren begonnen.“ Bis heute sei im Alltag an Mehrwert für Patienten nichts zu sehen. „Die Karte ist der Berliner Flughafen des Gesundheitswesens“, grantelt der Münsterländer Politiker, der zügig Leistungen wie Telemedizin in den Vergütungskatalog der Kassen mitaufgenommen sehen möchte, ebenso wie „Start-up-Anwendungen“, um den Anreiz für Innovationen weiter zu erhöhen.