Meschede/Arnsberg. . Michael Huber wird 70, aber steuert als Generalbevollmächtigter weiter die Geschicke von Veltins und Trilux. Wie das auch von Sylt aus geht.
Im September wird Michael Huber 70. In dem Alter können sich manche Menschen schon kaum noch erinnern, dass sie einmal gearbeitet haben. Huber hingegen leitet gleich zwei sehr erfolgreiche Sauerländer Unternehmen: die Brauerei Veltins und den Lichtspezialisten Trilux. Dabei macht er durchaus den Eindruck, er wüsste das Leben zu genießen. Warum also die Anstrengung?
Bevor der doppelte Generalbevollmächtigte darauf antwortet, will er wissen, wie das mit dem Genuss gemeint ist. Na ja: Hochzeitsfeier in der Sansibar, Luxusyacht, Golf, Oldtimer-Sammlung. Huber winkt ab. Die Yacht ist längst verkauft, und gut: Er hat zwei Harleys. Und ein Lieblingsauto. „Aber wir Männer haben doch nicht viele Chancen, uns etwas zu gönnen“, meint er, „und sowieso immer zu wenig Zeit.“ Doch diese Zeitknappheit ist ja selbstgewählt – oder? Er räumt es ein.
In der Lebensplanung war der Ruhestand erst mit 55 vorgesehen, dann mit 60, 63, 67 und zuletzt mit 70. Aber auch das wird nichts. „Irgendwie funktioniert es noch“, schmunzelt der Brauereichef und steckt sich eine neue Lord extra an. „Und Spaß macht es auch, wenn so ein alter Dackel noch etwas beizutragen hat.“
Spezialistentum nicht erforderlich
In seinen bislang 24 Jahren in Grevenstein hat der alte Dackel offenbar einiges beigetragen. Veltins gelingt es jedenfalls erstaunlich gut, in einem insgesamt schrumpfenden Biermarkt zu wachsen. Und Trilux, wo Huber seit 2006 als Generalbevollmächtigter fungiert, hat den Umstieg vom Lampenhersteller zum Anbieter von LED-Lichtlösungen erfolgreich bewältigt. Ist es also ganz egal, was für ein Unternehmen man führt? „Sie müssen sich mit dem Produkt identifizieren und den Markt kennenlernen, aber kein Spezialist sein“, sagt der 69-Jährige, der ursprünglich aus der Logistikbranche kommt. „Es gibt wahrscheinlich Hunderttausende, die mehr von Bier oder Licht verstehen.“
Was ist es dann – der klare Blick auf die Zahlen? „Jeder Unternehmer muss mit Zahlen umgehen können“, ist Michael Huber überzeugt. Und als er bei Veltins anfing – drei Jahre sollte das Engagement ursprünglich dauern – war Controlling Startaufgabe. Aber das steht nicht im Zentrum seiner Arbeit. „In erster Linie geht es darum, ein Team zu coachen, die richtigen Leute am richtigen Platz zu haben und ihnen viel Eigenverantwortung zu geben, damit sie Spaß an ihrem Job haben.“ Ideen und Strategien – gut und schön, aber: „Sie müssen bei Ihren Leuten sein.“ Wie leicht kann das im Sauerland einem gebürtigen Oberbayern gelingen, der in den USA aufgewachsen ist, in Kiel Abitur gemacht hat, in Berlin studierte, Jobs in Hamburg und München hatte?
Die wahren Qualitäten
„Jeder Außenstehende, der ins Sauerland kommt, ist am Anfang etwas verwundert, was hier für eine eingeschworener Geist herrscht. Es dauert, bis man die wahren Qualitäten erkennt, die Zuverlässigkeit, Treue, Heimatverbundenheit. Dann ist man gut beraten, sich etwas anzupassen, aber bloß nicht so zu tun, als gehöre man dazu.“
Und warum ist er dann mehr als zwei Jahrzehnte lang von Düsseldorf eingependelt? „Vielleicht war es ein Fehler. Vielleicht hätte ich vor vielen Jahren ins Sauerland ziehen sollen.“ Inzwischen hat er seinen Wohnsitz von Düsseldorf nach Sylt verlegt. „Aber da geht es nicht um Jetset, sondern um die Natur“, betont er. Seit zweieinhalb Jahren ist ein alter Bauernhof in Morsum, kurz hinterm Deich, Heimat.
Doch auch auf Sylt privatisiert Huber nicht ausschließlich. Dass die Sansibar Veltins führt, ist sein Werk. „Wenn Sie eine Region erobern wollen, müssen Sie Leuchtturmobjekte knacken“, sagt er. „Aber ich würde nie über Preise oder Konditionen verhandeln.“
Hören statt lesen
Vier Tage pro Woche ist Huber üblicherweise im Sauerland. Kommendes Jahr sollen es nur noch zwei oder drei sein. „Ich werde meine Aktivitäten bei Trilux in Arnsberg etwas zurückfahren“, erklärt Huber. In Meschede-Grevenstein geht es dagegen ungebremst weiter – „so lange Susanne Veltins mir noch vertraut“.
Doch Huber ist Realist: „Mit 80 Jahren ist eine moderne Unternehmensführung nicht mehr möglich.“ Bisher hat ihn persönlich die Digitalisierung noch nicht erreicht: „Ich habe kein Smartphone, kein Laptop, keinen PC. Ich will nicht lesen, sondern hören. Dann merke ich nämlich, ob jemand mich anlügt.“