Hagen/Bad Berleburg. . Das Prestige-Projekt bekommt eine Begrenzung. Wie die aussehen soll, wann sie kommt und wer die Kosten trägt, ist nicht final geklärt.
Bernhard Halbe entglitten am Donnerstagmorgen kurz mal die Gesichtszüge. Aus der Zeitung erfuhr es der Bürgermeister von Schmallenberg: Dass die bislang frei lebenden Wisente eingezäunt werden. Dass das Gebiet des Projektes von 4300 auf 1500 Hektar verkleinert wird – und der größte Teil dieser Bad Berleburger Attraktion zukünftig auf Schmallenberger Stadtgebiet liegen wird. „Ich hätte schon erwartet, dass man mir zumindest einen dezenten Hinweis vorab gibt“, kritisiert Halbe das Landesumweltministerium. Dieses hatte in Person von Ministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) diesen neuen Vorschlag am Mittwoch unterbreitet, um den Streit zwischen den Wisent-Befürwortern und den Waldbauern, deren Bäume die Tiere abschälen, zu befrieden. Ein guter Kompromiss ist das. Finden eigentlich alle. Aber es gibt auch Fragen.
1. Wer wird den Zaun um das 1500 Hektar große Gebiet bezahlen? Ein Kernpunkt, natürlich. Auf Nachfrage dieser Redaktion hieß es gestern vom zuständigen Ministerium: „Das ist noch offen.“ Teilnehmer der Steuerungsgruppe, die am Mittwoch von der Ministerin über den Plan in Kenntnis gesetzt worden waren, hatten das anders verstanden. „Wir haben die Zusage der Ministerin, dass diese Einfassung vom Land bezahlt wird“, sagt Andreas Müller, Landrat des Kreises Siegen-Wittgenstein, und verweist auf den Umstand, dass sich 1200 Hektar des zukünftigen Wisent-Gebiets im Staatswald befänden. „Die Ministerin hat in Aussicht gestellt, im laufenden Haushalt Mittel umwidmen zu wollen“, so Müller. Karl Schneider, Landrat des Hochsauerlandkreises, ist „ebenfalls zuversichtlich“, dass das Land die Kosten übernimmt. Schneider: „Wir sind sehr froh, dass sich Frau Heinen-Esser so intensiv mit der Lage beschäftigt und eine praktikable Übergangslösung gefunden hat.“
2. Welche Art Einfassung soll errichtet werden? Das steht im Detail noch nicht fest. Klar ist: Sie soll ausschließlich die Wisente aufhalten. „Diese Art Zaun gibt es zum Beispiel im deutschen Alpenraum“, sagt Müller. Diese seien an Pfählen aufgehängt, reichten aber nicht bis zum Boden, damit sie kein Hindernis für Schwarzwild sind. Zudem gebe es in bestimmten Abständen schmale Durchlässe für Mensch und Reh zum Beispiel. „Der Preis des Zauns hängt auch stark davon ab, wie viele dieser Durchlässe es geben wird“, sagt Müller. Das seien „die Preistreiber“ bei der Umsetzung. Und wenn ein schmales Baby-Wisent ausbüxt? „Das sind Herdentiere“, sagt Müller, „die sind ganz schnell wieder bei der Mama.“
3. Wie ist der Zeitplan? „In den kommenden Wochen“, so Müller, werden die Unteren Naturschutzbehörden, das Umweltministerium, das Landesumweltamt und die Forstbetriebe in enger Abstimmung an tragfähigen Lösungen arbeiten. Jagd-, bau- und naturschutzrechtliche Fragen seien zuvor zu klären, betont Schneider. „Ich hoffe, dass wir im Sommer mit der Realisierung starten können“, sagt Andreas Müller. Zunächst werde begonnen, die Tiere mit Lenkungsfütterungen aus den Privatwäldern zu navigieren und sie im späteren Zielgebiet zu halten. Das übernimmt der Trägerverein.
4. Was heißt das alles für den Wisent- und Wander-Tourismus? „Jeder Wanderer wird weiterhin ohne Einschränkung über den Rothaarsteig gehen können“, sagt Müller: „Vielleicht hat es jetzt sogar noch mehr Reiz, weil die Wahrscheinlichkeit, einen Wisent zu sehen, noch größer ist.“ Die touristischen Ankerpunkte zur Wisent-Welt blieben zudem auf Wittgensteiner Seite. Es ist auf den Weg gebracht. „Der bisherige Zustand war untragbar“, lobt auch Bernhard Halbe, Schmallenbergs Bürgermeister, den neuen Plan. „Wie das jetzt gehen kann, darüber muss gesprochen werden.“ Mit allen.