Hagen. . Der NRW-Wirtschaftsminister will die Windkraft-Kapazität bis 2023 verdoppeln. In Südwestfalen zweifeln nicht nur Betreiber an der Umsetzung.

Das Vorhaben von NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart ist ambitioniert: Innerhalb der nächsten fünf Jahre soll sich die Kapazität der Windkraftanlagen in Nordrhein-Westfalen verdoppeln.

Um dieses Ziel zu erreichen, müssten bis zum Jahr 2023 mindestens 400 neue Windräder gebaut werden. Realistisch oder utopisch? Sowohl bei Befürwortern als auch bei Gegnern von Windkraftanlagen in Südwestfalen stieß die Ankündigung auf Unverständnis.

LEE: Pläne von Pinkwart widersprüchlich

„Das ist an Widersprüchlichkeit kaum zu überbieten“, so Reiner Priggen, Vorsitzender Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE). Er verweist auf geplante Änderungen am Landesentwicklungsplan.

Demnach sollen etwa Windanlagen in Wirtschaftswäldern verboten werden. Der Plan muss noch durch den Landtag gehen.

Hohe Hürden für Planer

„Das ist nicht glaubwürdig“, findet etwa Günther Pulte, Geschäftsführer der Rothaarwind GmbH & Co. KG. Diese betreibt seit zehn Jahren einen Bürgerwindpark auf dem Rothaarkamm. Seit knapp neun Jahren plant Rothaarwind unweit einen weiteren Bürgerwindpark mit 22 Anlagen. Das Projekt tritt jedoch auf der Stelle, sagt Pulte. Und das trotz breiter Unterstützung seitens der Kommune.

„Es gibt enorm viele Hürden bei der Planung, besonders beim Artenschutz.“ So müssten im Vorfeld etwa allein für Gutachten teils mehrere hunderttausend Euro investiert werden. „Wer heute eine Windkraftanlage bauen will, sollte sich ernsthaft überlegen, ob er die Planung finanziell durchhält.“

Ähnlich skeptisch ist Matthias Kynast. Bei ihm sorgt die angekündigte Windkraft-Offensive weniger für Aufbruchstimmung, als vielmehr für Wut und Frust. „Sowas zu behaupten, ist eine Provokation“, sagt Kynast, der 35 Windkraftanlagen in Südwestfalen mitgeplant und gebaut hat. Mittlerweile sei der Verwaltungsaufwand jedoch so groß, dass der Bau neuer Anlagen immer schwieriger werde.

„Mit Glück ist ein Projekt in acht bis zehn Jahren durch“, sagt Kynast. Wie bei solchen Zeiträumen bis 2023 insgesamt 400 neue Windräder gebaut werden sollen, ist für ihn unbegreiflich. „Das ist eine Luftnummer.“

Um das ambitionierte Ziel zu erreichen, setzt Pinkwart unter anderem auf die Modernisierung älterer Windkraftanlagen. Für Kynast kein gangbares Mittel. Immer größere Anlagen – mit Rotoren um 150 Metern und einer Höhe von über 200 Metern – seien für Regionen wie das Sauerland nicht nur wegen der Topographie immer weniger geeignet. „Mit solchen Projekten würden wir die Akzeptanz in der Bevölkerung verlieren.“

Wahlversprechen gebrochen

Für Erschütterung sorgte die Ankündigung von Pinkwart besonders bei erklärten Windkraft-Gegnern, wie etwa Christof Gerhard. „Wenn die Aussage des Ministers stimmt, sind wir enttäuscht – denn damit hätte er ein Wahlversprechen gebrochen.“ Als Vorsitzender im Bündnis „Gegenwind“ kämpft Gerhard seit Jahren gegen den Bau neuer Windräder in Südwestfalen. 55 Bürgerinitiativen haben sich dem Bündnis angeschlossen.

„In Deutschland wird längst genug Strom aus Sonne und Wind produziert“, zweifelt Gerhard an dem Nutzen neuer Anlagen. „Es wird ein Aufwand betrieben, den es nicht braucht. Dafür sollten wir unsere Natur nicht opfern.“