Hagen. . Für den Evangelischen Kirchentag in Dortmund (19. bis 23. Juni) sind von den benötigten 8000 Privatquartieren bislang nur etwa 2500 gefunden.

An Aschermittwoch fiel der Entschluss, ein Herbergsvater zu werden: Nach dem Gottesdienst sieht Rafael Berger in seiner Heimatkirche in Hagen ein paar Flyer, die um Privatquartiere für Gäste des Kirchentags in Dortmund werben. „Ich habe direkt angerufen und meine Wohnung zur Verfügung gestellt“, so Berger.

Drei Zimmer seiner Wohnung warten nun auf unbekannte Gäste aus der Ferne. Der begeisterte Pfadfinder freut sich auf den Besuch. „Ich finde sowas total gut.“ Seit der Jugend ist der 51-Jährige bei den Pfadfindern aktiv und hat auf langen Wanderungen schon häufig bei fremden Menschen übernachtet. Dabei habe er nur gute Erfahrungen gemacht. „Für mich ist der Kirchentag nun die Chance, etwas zurückzugeben.“

71 Unterkünfte in Hagen

Rafael Berger ist einer von aktuell 71 Gastgebern in Hagen, die einen oder mehrere Schlafplätze für Kirchentagsbesucher zur Verfügung stellen. Ihre Unterkünfte sind notwendiger denn je: Von den benötigten 8000 Privatquartieren sind bislang nur etwa 2500 gefunden.

„Bei Privatquartieren war ich mir sicher, dass die ein Selbstläufer sind“, zeigte sich Hans Leyen­decker, Präsident des Kirchentags, bei einem Besuch im Hagener Rathaus überrascht. Mit einer Kampagne unter dem Motto „Noch Platz im Revier?“ tourt er durch zehn Städten rund um Dortmund und wirbt für mehr Gastfreundschaft.

Einfacher Schlagplatz reicht

Benötigt werden die Zimmer während des Kirchenfestes vom 19. bis zum 23. Juni. „Es reicht ein einfacher Schlafplatz, zum Beispiel ein Gästebett oder ein Schlafsofa“, sagt Anna-Maria Erlinghäuser, Beauftragte des Kirchentags für Privatquartiere. Anmeldungen etwa von Städten im Hochsauerlandkreis und Siegerland gebe es nicht, „weil die außerhalb des Bereiches liegen, in dem wir suchen“. Man konzentriere sich auf Quartiere im nahen Umfeld von Dortmund.

Privatquartiere für Familien und Senioren gesucht

Benötigt werden vor allem Quartiere für Gäste, die schlecht in den Gemeinschaftsunter­künften übernachten können. Dazu gehören etwa Senioren, Familien mit kleinen Kindern und Menschen mit Beeinträchtigungen.

Voraussetzung für die Quartiere ist, dass die Dortmunder Innenstadt innerhalb von
50 Minuten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen ist.

Wer ein Privatquartier für den Kirchentag anbieten möchte, kann sich melden unter
Tel. 0231 99768 200 oder per Mail an schlafen@kirchentag.de.

Ende April sollen die Unterkünfte zugeteilt werden. Zwar vergeht bis dahin noch mehr als ein Monat, aber die Verteilung ist sehr aufwendig. Und die Nachfrage hoch.

Denn Kirchen- und Katholikentage sind die größten Treffen von Protestanten und Katholiken in Deutschland, eine Art alljährliches Klassentreffen von Christen bundesweit. Hier feiern tausende Gläubige gemeinsam Gottesdienst, hier zeigen Kirchenverbände ihre Arbeit, hier diskutieren Engagierte über Fragen aus Politik und Gesellschaft.

Großes Klassentreffen

Insgesamt sind 2000 Veranstaltungen im Programmheft verzeichnet. Dazu gehören Workshops, Konzerte und Podien, verteilt in der ganzen Stadt. Der Evangelische Kirchentag bietet traditionell eine große Bühne, die viel Polit-Prominenz anlockt.

Für den Kirchentag in Dortmund haben sich bereits unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Heiko Maas angekündigt. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kommt zu einer Gesprächsrunde, ebenso wie seine Vorgänger Joachim Gauck, Christian Wulff und Horst Köhler.

Ein Höhepunkt des Evangelischen Kirchentags sind die zwei Abschlussgottesdienste am 23. Juni, die zeitgleich im Signal-Iduna-Park und auf der Seebühne im Westfalenpark stattfinden.

Hotels in Dortmund ausgelastet

Insgesamt erwarten die Veranstalter mehr als 100 000 Kirchentagsbesucher in Dortmund. Die Hotels der Stadt sind längst ausgelastet: Nahezu alle 7500 Hotelzimmer sind belegt. Laut einschlägiger Internetportale ist ein Doppelzimmer im Zeitraum des Großevents kaum noch unter 200 Euro pro Nacht zu bekommen. Dortmund Tourismus teilt mit, dass man jetzt Unterkünfte in der Umgebung vermittele.

Zurück in Hagen: Rafael Berger hat erst über die Berichterstattung in unserer Zeitung erfahren, dass noch mehrere tausend Privatquartiere gesucht werden. Er selbst hat keinen Zweifel an der Gastfreundschaft der Region und will in seiner Heimatgemeinde um weitere Gastgeber werben. „Ich glaube, da werden sich noch einige finden.“