Hagen/Schwerte. . Otto Wulff, Bundesvorsitzender der Senioren-Union, kämpft für die Belange der Älteren. Er prangert die zunehmende Diskriminierung an.
Otto Wulff, Bundesvorsitzender der Senioren-Union der CDU, fordert eine schnelle finanzielle Entlastung von Millionen Betriebsrentnern und die weitere Stärkung der Mütterrente. Ein Verbot der Altersdiskriminierung müsse ins Grundgesetz aufgenommen werden, sagte Wulff im Interview mit dieser Zeitung.
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Frage: Bezieher von Betriebsrenten müssen Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge bezahlen, und zwar sowohl den Anteil für Arbeitnehmer als auch den für Arbeitgeber. Sie verlangen die Abschaffung der doppelten Sozialbeiträge. Warum halten Sie die jetzige Regelung für ungerecht?
Wulff: Wer die Attraktivität der Betriebsrente verbessern will, muss verhindern, dass Betriebsrenten und Direktversicherungen weiter mit doppelt so hohen Sozialbeiträgen belastet werden wie die Rente. Die Senioren-Union hat bereits im Jahr 2015 einen Antrag zu dem Thema an den CDU-Bundesparteitag gerichtet. Nach einem langen Kampf hat sich die CDU nun entschieden, die notwendige, wenn auch teure Entlastung der Betriebsrenten umzusetzen.
Aber es gibt noch Widerstände in der Union angesichts von drei Milliarden Euro Mehrkosten im Jahr.
Ja, es wird Geld kosten. Darauf weisen die Haushälter zurecht hin. Der Beschluss der CDU aber ist eindeutig, auch der Koalitionspartner SPD ist dafür. Jetzt geht der Parteibeschluss in die Bundestagsfraktion und in die Regierungsarbeit. Ich bin zuversichtlich: Die Entlastung der Betriebsrentner kommt.
Wo sehen Sie noch Handlungsbedarf zur Hilfe für die Senioren?
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Auch wenn es einigen Haushaltspolitikern nicht schmecken mag: Wir werden uns weiterhin für die Mütterrente einsetzen. Und hier für einen vollen dritten Entgeltpunkt für Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, und dafür, dass die Mütterrente nicht auf Grundsicherungsleistungen angerechnet wird, damit diese besondere Leistungsanerkennung auch bei kleinen Renten als zusätzliche Wertschätzung erhalten bleibt.
Senioren klagen über einen Mangel an altengerechten Wohnungen. Was tun?
Von den drei Millionen Pflegebedürftigen leben drei Viertel daheim. Aber gerade drei Prozent der bundesweit 41 Millionen Wohnungen haben einen geeigneten Standard. Deshalb müssen wir auf Dauer mehr passenden Wohnraum schaffen, nicht zuletzt um die Leistungen der pflegenden Familien anzuerkennen. Das kann auch durch gezielte Anreize für Investoren gehen, neue Sozialwohnungen zu bauen.
Warum verlangen Sie, dass ein Verbot der Altersdiskriminierung ins Grundgesetz aufgenommen wird?
Jeder fünfte Deutsche ist laut einer Forsa-Umfrage schon wegen seines Alters benachteiligt worden. Es gibt zahllose Beispiele: 70-Jährige haben Probleme, eine private Krankenversicherung abzuschließen, Stromanbieter lehnen ältere Neukunden ab, Autoversicherer kassieren höhere Prämien, Älteren wird ein Bankkredit oder eine Kreditkarte verweigert. Der Gipfel: Ein Tierheim verwehrte einer 62-Jährigen die Aufnahme eines Hundewelpen mit der Begründung, es sei unklar, ob sie das Tier überlebe. Wir müssen die Altersdiskriminierung endlich stärker bekämpfen.
Was bringt ein Verbot?
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Ein Verbot wird die Altersdiskriminierung allein sicher nicht verhindern. Aber es wird die Öffentlichkeit sensibilisieren und kann Benachteiligungen abbauen helfen.
Ist die medizinische Versorgung der Senioren im ländlichen Raum gefährdet?
Zu wenige Mediziner wollen als Hausarzt aufs Land. Deshalb ist es sinnvoll, dass Nordrhein-Westfalen 2019 eine Landarztquote einführt. 168 Studienplätze werden für Studierende reserviert, die anschließend für einige Jahre als Landarzt in einer der momentan 160 unterversorgten Gemeinden arbeiten. Neben der Abiturnote gelten als Auswahlkriterien auch Berufserfahrung, vorherige Ausbildungen und Eignungstests. Daneben dringt die Senioren-Union auf einen schnellen Ausbau der Telemedizin, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Der behandelnde Arzt kann dabei z.B. über eine Datenleitung am Bildschirm einen Facharzt, der nicht am selben Ort praktiziert, in einer Online-Konferenz zu Rate ziehen.
Ältere fürchten offenbar zunehmend um ihre Sicherheit. Wie kann Abhilfe geschaffen werden?
Einbrüche, Gewalttaten und Betrugsfälle erschrecken natürlich gerade die Älteren. Positiv festzuhalten ist aber, dass sich etwa in Nordrhein-Westfalen die Zahl der Wohnungseinbrüche seit 2015 fast halbiert hat und es auch weniger Gewaltdelikte gibt.
Also ist die Furcht der Älteren unbegründet?
Nein, es gibt Gewalt gegen Ältere. Menschen ab 60 Jahre werden laut Polizeilicher Kriminalstatistik 2017 aber selten Opfer von Gewalt. Nur 5,4 Prozent der 226.714 Opfer von Gewaltkriminalität waren Senioren. Überwiegend sind junge Männer betroffen von Gewaltdelikten.
Muss insgesamt mehr für Sicherheit getan werden?
Es ist natürlich nie genug. Allein NRW will aber im kommenden Jahr 2400 neue Polizisten einstellen - 100 mehr als 2018. Außerdem wurde das Polizeigesetz verschärft, so dass auch ohne konkreten Verdacht Taschen und Kofferräume von Autos kontrolliert werden können, wenn ein Anlass wie eine Einbruchserie in der Gegend besteht. Das sind richtige Schritte, um das Sicherheitsgefühl zu verbessern.