Ense. . Die Zukunft des Traditionsunternehmens Kettler hängt am seidenen Faden. Die Geschäftsführung stellte der Belegschaft frei, zur Arbeit zu kommen.
Die Zukunft des Traditionsherstellers Kettler hängt am seidenen Faden, für Beobachter scheint er sogar so gut wie gerissen zu sein. Am frühen Nachmittag wurde am Montag die Belegschaft in einer nahe des Firmensitzes gelegenen Schützenhalle darüber informiert, wie es um die Zukunft des Unternehmens steht. Nach Informationen der WESTFALENPOST wurde den noch rund 750 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern freigestellt, ob sie noch zur Arbeit kommen wollen. Eine Entlohnung im Insolvenzverfahren gilt demnach als nicht mehr gesichert.
Investor abgesprungen
Am vergangenen Freitag waren etwa 500 Kettler-Beschäftigte in Ense auf die Straße gegangen, um Druck auf die Heinz-Kettler-Stiftung auszuüben, die bei der bis zuletzt erhofften Übernahme durch einen Investor eine wesentliche Rolle spielt. Die Stiftung ist Eigentümerin der Immobilien und Grundstücke, die die 2016 nach abgeschlossener Insolvenz neugestartete Kettler GmbH bis heute nutzt. Darüber hinaus verfügt sie als Erbin des Kettlervermögens über wertvolle Rechte an der Marke für die Märkte in den USA und Großbritannien sowie eine Produktion in Polen.
Belegschaftsaktion „Hoffnung für Kettler“
Unter dem Motto „HOPE FOR KETTLER“ (Hoffnung für Kettler) starteten Mitarbeiter von Kettler am Sonntag eine Solidaritätsaktion in den sozialen Netzwerken, um auf die besorgniserregende Situation aufmerksam zu machen. Bereits vor ein paar Tagen startete die Aktion „Wir sind Kettler“ auf Facebook und Co.
Seit beinahe einem Jahr hatte Kettler-Geschäftsführer Olaf Bierhoff mit dem potenziellen Investor, Altera Capital mit Sitz in Luxemburg, über eine finanzielle Beteiligung bis hin zur Übernahme des Traditionsunternehmens verhandelt. Der Finanzinvestor soll als Voraussetzung für die Übernahme von Kettler von der Stiftung Zugriff auf wesentliche Teile des Kettler-Erbes gefordert haben. Die Stiftung lehnte dies ab – zu Recht, wie die Stiftungsaufsicht, die Bezirksregierung Arnsberg, befand.
Allerdings wäre ein begrenztes finanzielles Engagement laut eines Gutachtens durchaus möglich und für den Stiftungsvorstand Andreas Sand offenbar auch denkbar gewesen. Auf der nichtöffentlichen Belegschaftsversammlung gestern soll die Geschäftsführung die Verantwortung für das Scheitern der Verhandlungen dem Stiftungskuratorium mit Manfred Sauer an der Spitze zugeschoben haben.
Sauer war über Jahrzehnte beim 2005 verstorbenen Heinz Kettler beschäftigt und als Prokurist nicht nur bestens mit allen Geschäften des Unternehmens vertraut gewesen, sondern hat auch dessen Talfahrt eng begleitet, die 2015 in einer Insolvenz endete. Die promovierte Biologin Karin Kettler, Tochter des Firmengründers, schoss schließlich mehrere Millionen Euro aus dem Privatvermögen in die Firma, um die Marke zu retten und 2016 einen Neustart möglich zu machen. Nachdem Karin Kettler im Frühjahr 2017 tragischerweise an den Folgen eines Autounfalls starb, fiel das gesamte Vermögen an die noch von Heinz Kettler gegründete Stiftung. Als deren Kuratoriumsvorsitzender wurde der frühere Prokurist Manfred Sauer eingesetzt.
Mitarbeiter hoffen auf Stiftungsengagement
Über 20 Jahre besteht die mittlerweile bestens ausgestattete Heinz-Kettler-Stiftung bereits. Ihr Zweck wird mit der Förderung von Behindertensport angegeben. Welche konkreten Projekte gefördert werden, wie also der Stiftungszweck erfüllt wird, ist unklar. Insofern ist die Hoffnung der 750 Kettler-Beschäftigten und ihrer Familien nachvollziehbar, dass die Stiftung immerhin den einen sinnvollen Zweck erfüllen könnte, das finanziell erneut schwer angeschlagene Unternehmen zu retten. Diese Hoffnung scheint sich nun beinahe endgültig zerschlagen zu haben. Das Aus der Marke Kettler aus Ense wäre somit wohl besiegelt.