Hagen/Arnsberg/Brilon. . Respekt für Merkel, viel Beifall für Friedrich Merz: Was CDU-Mitglieder in Südwestfalen zur Erneuerung ihrer Partei sagen.
Anerkennung für Angela Merkel, viel Beifall für eine mögliche Kandidatur von Friedrich Merz, vereinzelt aber auch Zustimmung für Annegret Kramp-Karrenbauer – so sieht die CDU in der Region den Wechsel an der Unionsspitze.
„Ich bedauere das sehr“, sagt Cemile Giousouf, ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete aus Hagen und dort stellvertretende Kreisvorsitzende zu Merkels angekündigten Rückzug. „Deutschland und die Partei haben Angela Merkel viel zu verdanken. Aber mit Blick auf die Stimmung nun nach der Hessenwahl – ob berechtigt oder nicht – hat sie entschieden, diesen Schritt zu gehen. Das ist sehr verantwortungsvoll.“
Aber ist eine Kanzlerin überhaupt noch handlungsfähig, wenn das Ende ihrer Amtszeit absehbar ist? Da ist Cemile Giousouf zuversichtlich: „Die Kanzlerin hat in den vergangenen Jahren gezeigt, dass sie eine respektierte Regierungschefin ist.“
Parteivorsitz und Kanzleramt zu trennen – das hält Cemile Giousouf für richtig: Man brauche die Stabilität und Erfahrung mit Blick auf schwierige Verhandlungen in der EU – zum Beispiel über den Brexit – und auch mit Blick auf die transatlantischen Beziehungen. „Aber auf der anderen Seite muss dem Erneuerungsdrang in der Partei Luft und Raum gegeben werden, um einen geordneten Übergang zu schaffen.“ Und wer soll nun als Parteichef diese Erneuerung gestalten? Da will sich die Hagener Politikerin nicht positionieren.
Ganz anders dagegen Kerstin Brauer, Vorsitzende der Frauenunion in Südwestfalen: Annegret Kramp-Karrenbauer soll es machen. „AKK fände ich super.“ Sie habe bereits als Regierungschefin im Saarland ihre Aufgabe gut gemacht und sei nicht ohne Grund Generalsekretärin geworden. Im Übrigen werde dann die Doppelspitze, also die Zusammenarbeit von neuer Parteichefin und Kanzlerin funktionieren. Die anderen Kandidaten, die gestern im Gespräch waren, also Jens Spahn und Friedrich Merz, seien „sehr gute Politiker“ betont Kerstin Brauer. Sie sieht allerdings wenig Chancen, dass die Kooperation mit Angela Merkel „dauerhaft funktioniert“.
Eindeutig hinter Friedrich Merz stellen sich viele männliche CDU-Politiker aus dem Sauerland. Wobei sich Patrick Sensburg vor allem darüber freut, wie der Übergang nun vonstatten geht. „Eine mutige, starke Leistung“ attestiert der Briloner Bundestagsabgeordnete der Bundeskanzlerin und Noch-Parteivorsitzenden, „Chapeau“. Sollte Merz für den Bundesvorsitz kandidieren, „würde ich das sehr begrüßen“, legt sich Sensburg fest, „zumal ich davon ausgehe, dass er mir meinen Wahlkreis nicht streitig machen wird“, sagt er über seinen Vorgänger als Bundestagsabgeordneter für den Hochsauerlandkreis. In einer möglichen Zusammenarbeit zwischen Merkel und Merz sieht Sensburg kein Problem, trotz persönlicher Differenzen: „Beide werden das professionell machen.“
Holger Borkamp, stellvertretender Bürgermeister von Brilon, würde sich „als Sauerländer und Briloner natürlich sehr freuen, wenn Friedrich Merz antritt“. Der CDU-Mann glaubt indes nicht, dass sowohl Spahn als auch Merz für den Vorsitz kandidieren werden: „Das sind doch zwei aus dem relativ gleichen Lager“, zudem zwei aus dem Landesverband Nordrhein-Westfalen. Geeignet für das Amt erscheinen Borkamp sowohl Merz als auch Spahn; der recht junge Münsterländer an der CDU-Spitze wäre „ein Zeichen der Erneuerung“. Ein Anhänger von Kramp-Karrenbauer ist der Briloner eher nicht: „Ich weiß nicht, was ich davon halten soll“, sagt Borkamp. Er freut sich jedenfalls auf den 10. November: Da tritt Friedrich Merz beim Kreisparteitag der CDU in Arnsberg auf. „Das wird sicherlich spannend.“
Angela Merkel wünscht Borkamp einen ordentlichen Abgang, „den hat sie sich verdient“.
Auch Franz-Josef Lenze, CDU-Chef in Lennestadt, würde sich Friedrich Merz im Amt des CDU-Bundesvorsitzenden wünschen: Er habe die notwendige Erfahrung für den Posten und wäre eine Leitfigur, einer „der sagt, wo es langgeht“. Genau das – klare Richtungsentscheidungen – hat der Lennestädter bei Merkel vermisst. Dass Merkel zunächst Kanzlerin bleiben will, begrüßt Lenze ausdrücklich, dieses Amt vertrage keine abrupten Übergänge. Die Differenzen zwischen Merkel und Merz hält der CDU-Stadtverbandvorsitzende für lösbar: „Das ganze Leben besteht aus Kompromissen!“ Man dürfe nur nicht jeden Streit an die Öffentlichkeit tragen, „das mögen die Leute nicht, und ich auch nicht“, sagt Lenze mit Blick auf die offenen Streitereien in der Regierung, für die der Lennestädter besonders die CSU verantwortlich macht – wie auch sein Briloner Parteifreund Borkamp. Auch in der Schwesterpartei sei ein Wechsel notwendig, glauben beide.
Als Merkel-Fan gibt sich Peter Blume zu erkennen, nicht zuletzt, weil die Kanzlerin „immer die politische Mitte gesucht hat“, ihr Amt unprätentiös und ohne jede Eitelkeit ausgeübt habe. Dennoch freut sich der Arnsberger CDU-Stadtverbandsvorsitzende über eine mögliche Kandidatur von Friedrich Merz. Er schwärmt geradezu ob dessen analytischer Schärfe, seines weiten Blicks und seiner „glänzenden Rhetorik“ – „auch wenn wir nicht immer einer Meinung waren“. Aber die Grundwerte stimmten, darauf komme es an, sagt Blume.
Über die sozialen Medien meldet sich Paul Ziemiak, der Vorsitzende der Jungen Union. Der Iserlohner bedankt sich bei Merkel „für ihre großartigen Verdienste um Partei, Land und Europa“. Für die CDU beginne nun „ein neues Kapitel, bei dem frische Ideen und neue Kraft erforderlich“ seien, schreibt Ziemiak in einer „persönlichen Stellungnahme“.