Meschede. . Der junge Argentinier Marcos Kopf sprüht vor Ideen. Er tritt die Nachfolge von Georg Scheuerlein bei der Musikschule HSK an

Aus seiner Aktentasche lugt ein Taktstock im Arcylglas-Etui - ein ungewöhnliches Arbeitsgerät für jemanden, der gerade seinen Umzug nach Südwestfalen vorbereitet. Marcos Kopf wird den Stab künftig häufig brauchen. Denn der Argentinier tritt die Nachfolge von Georg Scheuerlein an und ist als stellvertretender Leiter der Musikschule des Hochsauerlandkreises zuständig für die Orchester und Ensembles der Einrichtung, die mit knapp 5000 Schülern eine der größten in Deutschland ist.

Wie kommt ein angesehener junger Pianist, der mit einer Harfenistin verheiratet ist und zwei kleine Kinder hat, auf die Idee, seine Karriere in der Tiefe des Raumes voranzutreiben? Musik ist doch eine Sache der Metropolen. Das ist eine Frage, der sich Marcos Kopf intensiv gestellt hat. „Das Gefühl des Ankommenkönnens war vorhanden“, so beschreibt er die Entscheidung. „Das geht aber nicht gegen den Anspruch, den man hat in der Musik.“ Es gab eine Schlüsselszene. Der 38-Jährige besuchte mit Frau und Kindern in der Musikakademie Bad Fredeburg die Proben zum Abschiedskonzert von Georg Scheuerlein, der aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand geht. „Ich habe Herrn Scheuerlein gefragt, ob ich meine Kinder mit reinnehmen darf. Das ist ein absolutes Wagnis, denn sie sind Drei und Eins. ,Welches Instrument will denn die Kleine lernen’, fragte Herr Scheuerlein. Cello? Also hat sie bei den Celli gesessen. Das war so eine schöne Atmosphäre, da war gleich klar, dass die mich auch wollen.“

Marcos Kopf ist in Buenos Aires aufgewachsen, hat früh mit der Musik angefangen, studierte dann in Weimar Klavier und Musikwissenschaft und übernahm eine Stelle als Klavierlehrer an der Musikschule der Bachstadt Mülhausen in Thüringen. Soll er ins internationale Pianistenkarussell einsteigen? Soll er mit einer Doktorarbeit eine Hochschullaufbahn anstreben?

Adoptivfamilie in Meschede

Doch wie das Leben so spielt, ist das Sauerland überall. In Weimar, „dort studiert man entweder Musik oder Architektur“, befreundete sich Kopf mit einem Kommilitonen aus Meschede. „Das ist so eine Art Adoptivfamilie geworden.“ Über diese Kontakte hat Marcos Kopf von der Stellenausschreibung erfahren. „Das hat mich sofort angesprochen.“ Die junge Familie wird in Meschede wohnen.

Dank Georg Scheuerleins Engagement gilt die Einrichtung heute als vorbildlich, so ist sie als erste Musikschule eines ländlichen Raumes in Deutschland eine Patenschaft mit einem Profi-Orchester eingegangen, den Hagener Philharmonikern. „Ich muss jetzt eine Menge lernen, was das Tagesgeschäft angeht. Die Musikschule funktioniert ja gut. Es wird keinen Umbruch geben, sondern eine schöne Kontinuität, aber ich möchte natürlich etwas entwickeln.“

Der Musiker sprüht vor Ideen. „Das Lernen funktioniert nur, wenn beide lernen, der Schüler und der Lehrer“, betont er, „Ich möchte den Horizont der Schüler erweitern und ihnen zu ihrem eigenen Potential verhelfen. Aber ich lerne auch selber mit von ihnen, und nur so kann etwas Neues entstehen.“

Die Wurzeln erkunden

Marcos Kopf möchte mit seinen Schülern die kulturellen Wurzeln der Region erkunden. Er will die Ensembles punktuell für alle Altersgruppen durchlässig machen. „Ich strebe auch eine Verbindung zur Hochschule an, zum Beispiel mit Prof. Florian Ludwig in Detmold. Das war schon eine Vision von Herrn Scheuerlein. Solche Visionen müssen über mehrere Generationen gehen, ich bin stolz, dass ich ein Teil davon sein kann.“

Als Großstädter kennt der Neu-Sauerländer die Vorteile einer urbanen Infrastruktur im Kultursektor. „Auf dem Land ist es so: Wenn ich den Willen zur Musik habe, finde ich auch eine Möglichkeit. Aber das garantiert den Willen nicht. Die Möglichkeiten sind da, man muss sie nur vermitteln. Das sehe ich als meine Aufgabe.“

Schon jetzt hat Marcos Kopf einen Traum. Er möchte das Jugendsinfonieorchester ins Flugzeug setzen und damit seine Heimatstadt Buenos Aires besuchen. „Mal einen Sprung zu wagen, das macht einen frei“, sagt er. Und damit beschreibt er auch seine eigene Situation: „Wenn man freiwillig auf dem Land lebt, weil man schon alles kennengelernt hat, ist das das Beste, was einem passieren kann.“