Düsseldorf. . Umweltministerin Heinen-Esser schreibt ein „Wolfsgebiet“ in NRW aus. Wo es auch in Südwestfalen Wolfssichtungen gab, sehen Sie auf unser Karte.
Nach 180 Jahren Abwesenheit kommt der Wolf zurück an den Niederrhein. NRW hat am Montag eine fast 1000 Quadratkilometer große Fläche rund um Schermbeck als „Wolfsgebiet“ ausgewiesen. Die Behörden gehen davon aus, dass eine junge Wölfin im Kreis Wesel heimisch geworden ist. Mehrfache Sichtungen, gerissene Schafe, Kotspuren und genetische Nachweise deuten an, dass das Tier hier eine Heimat gefunden hat.
Begrüßt die Landesregierung die Rückkehr des Wolfes?
NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) sagte, die Nachricht wecke in ihr zwiespältige Gefühle. Die Freude über die Rückkehr des Räubers mische sich mit Sorgen in der Bevölkerung. Besonders Schafzüchter und Bauern sind nach Erfahrungen mit Wölfen in anderen Ländern verunsichert und fordern die Möglichkeit einer „Entnahme“ von auffälligen Wölfen. „Wir sind gut vorbereitet“, hält Heinen-Esser den Skeptikern entgegen. Die Ausweisung eines „Wolfsgebietes“ ermögliche gezielten Herdenschutz. Umwelt-Staatssekretär Heinrich Bottermann meinte: „Wir wollen nicht ,Willkommen Wolf’ sagen. Aber wir werden lernen, mit ihm zu leben.“
Was ist über die Wölfin im Kreis Wesel bekannt?
Sie soll aus einer Wolfsfamilie nahe dem niedersächsischen Schneverdingen stammen und ein bis zwei Jahre alt sein. In diesem Jahr wurden an elf gerissenen Schafen in Schermbeck Spuren der Wölfin GW954f („GW“ steht für „German Wolf“, „f“ für female/weiblich) gefunden. Formal kann noch nicht von einem „standorttreuen“ Tier gesprochen werden. Das wäre erst nach sechs Monaten der Fall. Es ist indes wahrscheinlich, dass NRW nicht mehr nur „Wolfserwartungsland“, sondern Wolfsland ist.
[Info zur Karte: Diese fast 1000 Quadratkilometer große Fläche rund um Schermbeck ist jetzt ein „Wolfsgebiet“.]
Müssen Nutztierhalter den Wolf fürchten?
Ja. Wölfe reißen Säugetiere wie Schafe, Ziegen und Kälber, auch (kranke und schwache) Rehe oder Wildschweine. In Niedersachsen sollen Wölfe im Jahr 2017 rund 400 Nutztiere getötet haben.
Was ist, wenn ein Wolf ein Nutztier reißt?
In ganz NRW gilt eine „Förderrichtlinie Wolf“. Kosten für Tierverluste, Tierarzt, Medikamente etc. werden zu 100 Prozent ersetzt.
Dürfen Wölfe gejagt werden?
Jäger dringen darauf, den Wolf in NRW auf die Liste jagdbarer Arten zu setzen. Das ist unwahrscheinlich. „Der Wolf genießt den allerhöchsten Schutz des EU-Naturschutzrechts“, sagt Ministerin Heinen-Esser. Ihr Staatssekretär warnt: Einen Wolf zu schießen sei eine Straftat, die „erhebliche Konsequenzen“ habe – bis zu fünf Jahre Haft und bis zu 50 000 Euro Strafe.
Noch keine vermehrten Sichtungen im Sauerland
Wie lange dauert es noch, bis unsere Region zum Wolfsgebiet wird? Ein Interview mit Heike Herrmann vom Regionalforstamt Soest-Sauerland.
Der Wolf ist in NRW angekommen. Was halten Sie davon?
Heike Hermann: Es war schon lange zu erwarten, dass sich der Wolf auch in NRW niederlässt. Wir hätten allerdings gedacht, dass er zunächst in ländlichen Regionen, wie hier im Sauerland, bleibt.
Werden Wölfe auch in unserer Region vermehrt gesichtet?
Nein, bisher nicht. Die letzte bestätigte Sichtung im Hochsauerlandkreis hatten wir im Februar 2017. Darüber hinaus ist es schwer zu prognostizieren, wann sich ein Wolf in der Region niederlässt. Es könnte nächstes Jahr erste Wölfe geben, aber genauso gut erst in zehn Jahren.
Sie wirken beim Thema Wolf entspannt. Sind Vorbehalte und Bedenken unbegründet?
Wenn der Wolf zurückkehrt, spricht das für eine gesunde Natur. Die Rahmenbedingungen für die Tiere haben sich verbessert, ein gutes Zeichen für die Artenvielfalt. Natürlich sind Wölfe wilde Tiere und nicht ungefährlich. Aber: Menschen passen nicht in sein Beuteschema. Wir sind zu groß und zu wehrhaft, weshalb das Tier großen Respekt vor uns hat und wir auch künftig nur sehr selten ein Exemplar sehen werden. Im Zusammenleben wird aber wichtig, dass das Tier den Respekt und die Scheu vor uns Menschen behält. Wenn man etwa einen Wolf im Wald sieht, sollte man sich nicht klein machen. Lieber in die Hände klatschen oder laut rufen – und damit den Respekt vor uns Menschen bestätigen.