Hagen. . 2025 soll es so weit sein. Dann haben Grundschulkinder und ihre Eltern einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsschulplatz. Theoretisch.

2025 soll es so weit sein. Dann haben Grundschulkinder und ihre Eltern einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsschulplatz. Jedenfalls, wenn Schwarz-Rot in Berlin das wahr macht, was im Koalitionsvertrag vereinbart worden ist.

Während aber der Nachwuchs in der Kita verlässlich betreut wird und beide Eltern arbeiten gehen können, wird die Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit der ­Einschulung mancherorts zum Problem. Denn von einem Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz in der Schule ist man in ­Nordrhein-Westfalen noch weit entfernt.

Drei Viertel der Eltern wünschen sich Ganztagsplatz

Einer Studie der Bertelsmann-Stiftung aus dem vergangenen Jahr zufolge wünschen sich fast drei Viertel der Eltern einen Ganztagsplatz für ihr Kind. Im Regierungsbezirk Arnsberg gibt es in diesem Schuljahr gut 49 000 Ganztagsplätze an öffentlichen und privaten Schulen. Annähernd 122 000 Kinder besuchen die Grundschulen in der Region. Macht eine Versorgungsquote von etwa 40 Prozent. Damit liegt man etwa im Bundesdurchschnitt.

Die Unterschiede zwischen den Kommunen allerdings sind groß. So gibt es in Arnsberg rund 2520 Grundschüler und 1184 Ganztagsplätze. Damit sind 46 Prozent der Schüler versorgt. „Die Plätze reichen derzeit aus“, so die Pressesprecherin der Stadt. In Menden zum Beispiel liegt die Versorgungsquote bei etwa 38 Prozent, in Hagen bei 32 Prozent, in Siegen bei 31 Prozent und in Meschede bei 25 Prozent.

In Meschede für jedes vierte Kind ein Platz

Für jedes vierte Kind ein Platz – das ist in Meschede offenbar ausreichend. „Alle Eltern haben Plätze bekommen“, heißt es aus der Stadt. Anders sieht es in Hagen aus: Hier stehen 410 Kinder auf der Warteliste. Davon seien 99 „dringende Fälle“, so ein Stadtsprecher: Alleinerziehende Mütter, deren Arbeitsplatz ohne Ganztagsbetreuung in Gefahr gerät, nennt er als Beispiel. Bis zu 196 weitere Plätze will die Stadt zu Beginn des neuen Schuljahres noch zur Verfügung stellen. „Es herrscht enormer Druck bei den Eltern“, räumt der Sprecher ein.

Punktesysteme

Etwas besser sieht es in Siegen aus: 48 Kinder standen hier im Sommer noch auf den Wartelisten für einen OGS-Platz. Auch hier ist ein weiterer Ausbau geplant: In den kommenden Jahren würden weitere Grundschulen in offene Ganztagsschulen umgewandelt, teilt die Stadt mit.

In Ennepetal hat man den Zahlen der Bezirksregierung zufolge gegenüber dem Vorjahr bereits deutlich mehr Plätze geschaffen. waren es 2017 noch 346 Plätze, sind es in diesem Jahr bereits 470. In Schwelm hat sich das Angebot von 253 auf 340 erhöht. Dennoch: „Es gibt nach wie vor keine Bedarfsdeckung und Wartelisten“, sagt Jochen Winter, Geschäftsführer der Awo im Ennepe-Ruhr-Kreis, Träger von Schulbetreuungen in Schwelm, Gevelsberg, Wetter, Sprockhövel und Hattingen. Es gebe Schulen, da könne man die Nachfrage bedienen, so Winter. „Andere sind heiß umkämpft.“ Es gelte die Faustformel: „Je städtischer, desto schwieriger wird es, einen Platz zu bekommen. Denn dort haben die Eltern eine andere Familienphilosophie.“ Längst habe man Aufnahmekriterien entwickeln müssen, ein Punktesystem, nach dem die Plätze vergeben werden, so Winter.

Ausbau scheitert oft an der Raumfrage

Ein weiterer Ausbau aber, scheitert vielerorts an Räumen. Die Schulen platzen aus allen Nähten. Jahrelang habe man gedacht, dass die Schülerzahlen zurückgehen und man die frei werdenden Räume für den Ganztag nutzen könne, so Winter. „Nun aber gibt es wieder mehr Kinder – und die Schulen können keine Räume abgeben.“ Es gebe vielerorts keine Vorstellung in den Kommunen, wie man die Räume schaffen solle, so Birgit Völxen von der Landeselternschaft Grundschulen in NRW.

In Hagen will die Stadt nun eine eigentlich bereits geschlossene Schule wieder in das Grundschulsystem integrieren. Auch denkt die Stadt über alternative Betreuungsformen nach, außerschulische Plätze zum Beispiel in einem Gemeindezentrum.

Zurück zur Tagesmutter

Und was sollen Eltern, die leer ausgegangen sind, nun tun? Eine benachbarte Schule besuchen, die noch Kapazitäten hat, heißt es aus Siegen. In Ausnahmefällen könne man zudem auf die Kindertagespflege zurückgreifen. Also zurück zur Tagesmütter. Mit anderen betroffenen Familien gemeinsam eine Betreuung organisieren, rät Jochen Winter.

Auf den Rechtsanspruch warten, das jedenfalls würde zu lange dauern.