Hagen. . Die Anzahl der Kleinen Waffenscheine hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Die Entwicklung bereitet der Polizei Sorgen.

Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen – immer mehr Menschen in Südwestfalen beantragen für 55 Euro den Kleinen Waffenschein, um diese Pistolen außerhalb der Wohnung führen zu dürfen. Die Anzahl der ausgestellten Scheine ist in den Jahren von 2013 bis 2017 in den Kreisen Südwestfalens gestiegen.

Entwicklung

Der Märkische Kreis ist mit 3976 ausgestellten Waffenscheinen im Jahr 2017 der Spitzenreiter aller Kreise in Südwestfalen (siehe Grafik). Dieser zunehmenden Entwicklung steht das Landeskriminalamt NRW kritisch gegenüber: „Grundsätzlich bieten solche Waffen nur eine Scheinsicherheit. Ob man sich im Ernstfall wirklich verteidigen kann, ob man in einer solchen Schocksituation überhaupt in der Lage ist, die Waffe richtig einzusetzen, halten wir für fraglich“, sagt Pressesprecher Mario Lorenz. Auch Sven Schönberg von der Polizeibehörde Dortmund pflichtet ihm bei: „Das Tragen einer Waffe führt zu einer trügerischen Sicherheit. Ein falscher Umgang kann zu schweren Verletzungen führen.“

Im Gegensatz zu Siegen-Wittgenstein und auch Olpe, geht die Anzahl der Kleinen Waffenscheine im Hochsauerlandkreis langsam wieder zurück, erklärt Holger Glaremin, Sprecher der zuständigen Behörde. Die gleiche Entwicklung bestätigt auch Pressesprecher Sebastian Hirschberg für die Stadt Hagen. Sonja Wever, Polizeioberkommissarin im Ennepe-Ruhr-Kreis, spricht ebenfalls von einem „deutlichen Rückgang der ausgegebenen Waffenscheine im Kreis“.

Nach dem Jahreswechsel von 2015 auf 2016 haben alle Behörden einen enormen Anstieg der Anträge und ausgestellten Scheine beobachten können. Der Wert ist im Folgejahr jedoch in manchen Regionen, wie im Ennepe-Ruhr-Kreis, auch wieder zurückgegangen. „Auch unter Berücksichtigung einiger noch in der Bearbeitung befindlicher Anträge, kann man einen Rückgang des Interesses am Führen erlaubnisfreier Waffen unterstellen“, meint Welver.

Stadt-Land-Gefälle

Auffallend ist, dass in ländlicheren Regionen, wie im Kreis Siegen-Wittgenstein, die Anzahl der ausgestellten Waffenscheine viel höher ist, als in großen Städten. Dortmund kommt im vergangenen Jahr auf 704 Anträge, Siegen-Wittgenstein auf über 2500 ausgestellte Scheine mehr.

Gleiches gilt für die Stadt Hagen. Auch hier sind im Gegensatz zum Hochsauerlandkreis oder dem Ennepe-Ruhr-Kreis deutlich weniger Kleine Waffenscheine ausgestellt worden.

Gründe

Eine richtige Erklärung für die steigende Tendenz in einigen Kreisen haben die Behörden nicht. „Es liegt bestimmt aber auch an der allgemeinen politischen Lage“, erklärt Ulrike Schulte von der Kreispolizeibehörde Olpe. Rasant gestiegen sei die Anzahl der Kleinen Waffenscheine von 2015 auf 2016 „nach den Ereignissen in der Silvesternacht in Köln“, erklärt Glaremin. Dass die Menschen nach den Taten aufgerüstet haben, konnte auch Willi Becker, Inhaber des gleichnamigen Waffengeschäfts in Hagen spüren: „In den ersten drei Monaten haben wir vermehrt Abwehrspray und Elektroschocker verkauft.“

2013 wurden in Südwestfalen über 2 200 Kleine Waffenscheine ausgestellt. 2017 waren es über 5 700 Scheine. Die Menschen fühlen sich durch Ereignisse, wie die Silvesternacht 2015/2016 zwar unsicherer, die Anzahl der Kleinen Waffenscheine ist dennoch zurückgegangen.

Empfehlungen der Polizei

Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen dürfen nicht mit auf öffentliche Veranstaltungen, wie Schützenfeste oder Karnevalsumzüge, genommen werden, erklärt Lorenz.

Das Landeskriminalamt empfiehlt deshalb, vor der Beantragung eines Kleinen Waffenscheins über die örtliche Kreispolizeibehörde, nach anderen Möglichkeiten zu suchen, die eigene Sicherheit zu gewährleisten: „Man sollte den Weg nach Hause vorausschauend planen, nicht unbedingt alleine durch den Wald in der Nacht und wenn man sich verfolgt oder bedroht fühlt, immer die Polizei rufen.“ Die Kreispolizeibehörden in Südwestfalen teilen die Auffassung des LKA auf andere Verteidigungsformen zurückzugreifen. „Wir tendieren immer noch Pfefferspray einzustecken, wenn man beim Joggen Angst hat“, meint zum Beispiel Ulrike Schulte.