Winterberg. . Dr. Martin Nieswand reist als Mannschaftsarzt für die deutsche Bob- und Skeleton-Nationalmannschaft nach Südkorea. Seit 20 Jahren Praxis vor Ort.
„Winterberg - St. Moritz - Pyeongchang“ liest sich die aktuelle Liste der Arbeitsplätze von Dr. Martin Nieswand in Kurzform. Der 55-Jährige führt seit 20 Jahren seine Praxis für Allgemein- und Sportmedizin in Winterberg. Seit fast ebenso langer Zeit arbeitet er daneben als Mannschaftsarzt für die deutsche Bob- und Skeleton-Nationalmannschaft.
Sein nächster Sport-Einsatz sind die olympischen Winterspiele in Südkorea. Dr. Nieswand wird sich dort mit dem Mannschaftsarzt der Rodler abwechseln. In der zweiten Olympia-Woche fliegt er am 17. Februar hin und kehrt mit den deutschen Sportlern nach der Abschlussfeier am 26.
Februar zurück. Nach Sotschi (2014) und Vancouver (2010) sind es bereits die dritten Olympischen Spiele, die er als Arzt begleitet.
60-teiliger Olympia-Dress
Die beiden Skelette in seinen Behandlungszimmern stecken in den Olympia-Jacken von Sotschi und Vancouver. Dr. Nieswand selbst trägt zum WP-Termin eine leuchtend-orange Jacke mit silbernem Germany-Schriftzug darauf – der Freizeit-Dress der deutschen Olympia-Teilnehmer! Über 60 Teile und eine genaue Anweisung, welches Teil zu welchem Anlass zu tragen ist, umfasst die Ausstattung vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), die auch Dr. Martin Nieswand bekommen hat.
Der größte Teil davon ist schon in Südkorea, er hat nur die für die Reise vorgeschriebenen Kleidungsstücke nach der Einkleidung in München mit nach Winterberg genommen.
Als Arzt eines Leistungssportteams gelten andere Anforderungen als in einer Hausarztpraxis: Bei den Athleten geht es darum, sie möglichst schnell wieder topfit zu bekommen, während bei „normalen“ Patienten der Genesungsfaktor Ruhe ganz anders einbezogen werden kann. Dazu gehört auch, die Sportler und ihre persönliche Konstitution gut zu kennen.
Aber: „Die Gesundheit des Sportlers hat absoluten Vorrang, auch wenn man mit einem Startverbot im Zweifelsfall die jahrelange Vorbereitung auf einen Wettkampf zunichte macht“, sagt Dr. Nieswand. Fieber ist z.B. ein Ausschlusskriterium. Eine solche Entscheidung trifft er jedoch nicht alleine, sondern zusammen mit Sportler, Trainer und Physiotherapeut.
Schlimmer Einsatz mit Bundestrainer Raimund Bethge
Sein schlimmster Einsatz war im November 2005 der Unfall vom damaligen Bob-Bundestrainer Raimund Bethge, der in Turin von einem Bob umgefahren und schwerstens verletzt wurde. Da hieß es innerhalb von kürzester Zeit Entscheidungen über die erreichbaren Behandlungsmöglichkeiten treffen.
Auch beim „Sommermärchen“ dabei
Die Patienten von Dr. Nieswand können sich die Wartezeit in der Winterberger Praxis auf spannende Weise vertreiben: An den Wänden hängen Fotos und Plakate mit Autogrammen von bekannten Sportidolen, wie der Eiskunstläuferin Aljona Savchenko, oder signierte Trikots vom FC Barcelona.
Ein besonderer Hingucker ist ein Bilderrahmen voller Erinnerungen an die Fußball-WM im Sommer 2006 in Deutschland. Denn Dr. Nieswand ist nicht nur im Wintersport aktiv, sondern betreut auch Bundesligaspiele und war bei sechs Spielen im ärztlichen Team während des „Sommermärchens“ dabei.
Es gehört zu den Aufgaben eines Mannschaftsarztes dazu, vor jedem Sportereignis abzuklären, wo sich die nächsten Spezialkliniken für verschiedene Verletzungsarten und Erkrankungen befinden, die nicht vor Ort behandelt werden können. Im olympischen Dorf in Pyeongchang steht den deutschen Teilnehmern eine vom IOC komplett eingerichtete Poliklinik mit Labor und ein Container voll deutscher Medikamente zur Verfügung. Knapp 60 Sportler und Funktionäre umfasst sein Team, für dessen Gesundheit er zuständig ist. Erfahrungsgemäß kommt aber auch der eine oder andere bekannte Sportmoderator oder Journalist bei Beschwerden vorbei.
Einsatz ist kein Urlaub
Die Zeit, die Dr. Nieswand für sportliche Großereignisse unterwegs ist, geht von seinen privaten Urlaubstagen ab. In Jahren mit Olympischen Spielen kommen da gut und gern drei Wochen zusammen. Bis vor einigen Jahren hat er noch oft Assistenzärzte in seiner Praxis in Winterberg ausgebildet, die in solchen Phasen die Vertretung übernehmen konnten. Beim derzeitigen Ärztemangel ist es jedoch schwer geworden, Nachwuchsmediziner aufs Land zu holen, so dass die Praxis in diesen Phasen nun geschlossen bleiben muss.
Urlaub sind die Einsätze wie jetzt bei Olympia auch keineswegs, denn Dr. Nieswand ist rund um die Uhr für die Sportler ansprechbar. Aber da gilt für ihn das olympische Motto: Dabei sein ist alles. „Ich erlebe den Sport aus einer Nähe und auf einem Niveau, die ich selber nicht erreicht hätte.“
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