Meschede. . Ute Messerschmidt ist Wolfsberaterin. Sie sieht den Wolf zwischen Mythen, Märchen und Naturromantik. Auch Jäger wollen das Thema versachlichen.

Der Wolf kommt vorbei. Im Jahr 2017 gab es zwei belegte Wolfsnachweise in der Region: einen in Bad Berleburg-Alertshausen und einen zwischen Hoppecke und Bontkirchen. Noch machen sich offenbar nur einzelne Jungwölfe auf den Weg nach NRW und bis in den Hochsauerlandkreis. Trotzdem möchte man vorbereitet sein und hat schon vor einigen Jahren Wolfsberater und -beraterinnen ausgebildet. Eine davon ist Revierförsterin Ute Messerschmidt. Sie will die Diskussion versachlichen.

Etwa einmal im Monat melden sich bei Ihnen Jäger, Hundebesitzer und Spaziergänger, die einen Wolf gesehen haben: Was ist dann Ihre Aufgabe?

Ich nehme jeden Hinweis ernst und gehe ihm nach. Das kann eine Sichtung sein, mit und ohne Foto oder Video, ein möglicherweise vom Wolf gerissenes Tier, ein Fußabdruck, Kot oder ein toter Wolf. Ich sehe mir auf jeden Fall die Stelle an, dokumentiere die Informationen, mache Fotos und nehme - wenn das möglich ist - eine DNA-Probe.

Jagdberater fordert Diskussion ohne Tabus

Christoph Bernholz i st Jagdberater im HSK. Auch er wünscht sich eine Diskussion, „sachlich, aber ohne Tabus - jetzt, bevor der Wolf hier heimisch wird.“ In den neuen Bundesländern könne man heute schon sehen, welche Probleme auftreten können.

Der Wolf sei ein Fluchttier. Es gehe von ihm daher erstmal keine Gefahr für den Menschen und Nutztiere wie den Hund aus. Auch Bernholz bestätigt: Einen Angriff auf einen Menschen gab es in Deutschland nicht.

Man brauche aber klare Spielregeln: „Macht der Wolf Probleme, weil er keine Angst vor dem Menschen zeigt, muss es auch möglich sein, ihn abschießen“, fordert Bernholz. Jäger allerdings stünden dafür - nach der zuletzt emotional geführten Diskussion - sicher nicht zur Verfügung.

„Grundsätzlich gehört der Wolf vor so einem Schritt ins Jagdgesetz, damit einer eventuell notwendigen Regulierung eines Tages auch rechtlich geordnete Bedingungen gegenüber stehen.“

Sie bewerten die Beobachtung nicht?

Nein, wir bewerten nichts. Ein bisschen muss man sich das vorstellen wie das kriminaltechnische Untersuchungsteam im Tatort. Wir sammeln das Material, Haare, Kot oder Blutspuren und liefern unsere Dokumentation direkt weiter ans LANUV, ans Landesamt für Umwelt- und Naturschutz. Dort bewerten die echten Fachleute abschließend unsere Aufnahmen.

Wie im Tatort nimmt die Wolfsberaterin DNA- und sonstige Proben, wenn ihr eine Wolfssichtung angezeigt wird.
Wie im Tatort nimmt die Wolfsberaterin DNA- und sonstige Proben, wenn ihr eine Wolfssichtung angezeigt wird.

Gerissene Wildtiere sehen Sie sich schon vor Ort sehr genau an?

Ja, während wir Nutztiere - wie Schafe oder Ziegen - zur tierärztlichen Untersuchung weiterleiten, versuchen wir bei Wildtieren festzustellen, ob der Wolf das Tier gerissen haben könnte. Dazu müssen wir den typischen Kehlbiss suchen, um dort eine DNA-Probe zu nehmen.

Das muss schnell gehen?

Ein sicheres Ergebnis gibt es nur bis zu 24 Stunden nach dem Riss. Nach 48 Stunden wird es völlig hoffnungslos. Dann noch eine DNA-Probe zu nehmen wäre Verschwendung von Steuergeldern. Dafür ist das Verfahren zu teuer.

Das Landesumweltamt hat im Januar  den ersten Wolf im Kreis Kleve gemeldet.
Das Landesumweltamt hat im Januar den ersten Wolf im Kreis Kleve gemeldet.

Das Thema wird sehr emotional diskutiert und da werden auch Falschinformationen gestreut?

Das muss man so sehen. Mir ist zum Beispiel ein Video zugespielt worden, auf dem offenbar ein Wolf Hunde bei einer Drückjagd angreift. Die Prüfung ergab: Das waren fünf Jahre alte Aufnahmen aus Skandinavien. Oder es gibt immer mal wieder das Gerücht, dass junge Wölfe von Naturschützern absichtlich ausgesetzt würden. Auch das ist Quatsch! Bisher sind alle Wolfsnachweise in NRW und den angrenzenden Gebieten klar Rudeln aus Niedersachsen oder Brandenburg zuzuweisen. In NRW haben wir bisher einzelne durchziehende Tiere. Als Jungtiere sind sie neugierig, aber eigentlich sind sie absolut scheue, nachtaktive Waldtiere. Und auch wenn das immer mal wieder behauptet wird: Wir hatten bisher in ganz Deutschland keinen Angriff auf den Menschen.

Wer sind die Kreise, die hinter solchen Falschinformationen stecken?

Mir sind die Interessenslagen nicht klar. Beim Wolf handelt es sich um eine Tierart, die den höchsten Rechtsschutz genießt, weil sie extrem selten ist. Ich kann mir keinen Personenkreis vorstellen, der bewusst gegen europäisches Recht verstößt.

Was fasziniert Sie am Wolf?

Der Wolf ist - wie der Luchs - ein sehr spannendes Tier. Als Försterin sehe ich die Rückkehr des Wolfes als eines der wenigen Artenschutzprojekte mit Zukunft. Und mir ist es wichtig, die ganze emotionale Diskussion, die sich irgendwo zwischen Tatsachen, Märchen, Mythen und Naturromantik bewegt, zu versachlichen.

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