Hagen. Die Westfälische Provinzial rechnet mit einem Schaden von 100 bis 130 Millionen Euro für ihre Versicherten durch Sturm Friederike.

Auf den Tag genau elf Jahre nach Kyrill rauschte am Donnerstag das Orkantief Friederike über Nordrhein-Westfalen hinweg und verursachte immense Schäden. Nach Kyrill erstattete die Versicherungswirtschaft in Deutschland Schäden in Höhe von rund einer Milliarde Euro. Zirka 200 Millionen Euro davon musste die Westfälische Provinzial mit Sitz in Münster berappen. „Ob Friederike diese Größenordnung erreicht, steht noch nicht fest“, sagt Provinzial-Sprecherin Annette Bäcker am Tag danach. „Die Schäden sind aber sicherlich größer als bei allen Ereignissen der letzten Jahre.“ Die Münsteraner rechnen diesmal mit 100 bis 130 Millionen Euro Schadenssumme bei ihren Versicherten.

In Westfalen ist fast jedes dritte Wohngebäude bei der Provinzial versichert. Entsprechend glühen seit Donnerstag die Drähte der Servicestellen in Münster, in den Geschäftsstellen und bei den Beratern in Sparkassen.

Was jetzt zu tun ist

Philipp Opfermann, Experte der Verbraucherzentrale NRW: „Für Geschädigte gilt der klassische Dreiklang: Dokumentieren, Versicherer informieren und den Schaden mindern, wenn möglich. Letzteres schon im Eigeninteresse.“

Wer also einen Schaden bemerkt, muss ihn schnellstmöglich seiner Versicherung melden. „Telefonisch ist das natürlich nach so einem großen Ereignis nicht immer ganz einfach“, räumt die Provinzial-Expertin Bäcker ein. Aufgrund der Vielzahl der Schadensfälle hat die Provinzial ihre Mannschaft an den Telefonen bereits am Tag des Orkans aufgestockt. Andere Versicherungen werden dies ähnlich getan haben. Wer trotzdem nicht durchkommt, sollte, falls vorhanden, in eine Geschäftsstelle gehen. Viele Versicherungen bieten die Möglichkeit, über das Internet den Schaden zu melden. Entweder per Email oder auf der Internetseite des Versicherers. „Wir haben eine geführte Onlinetour zur Schadensaufnahme“, sagt Bäcker – viele andere tun das auch, die HUK-Coburg und die DEVK beispielsweise. Bäcker rechnet damit, dass die Versicherung noch rund zwei Wochen mit der Aufnahme aller Schäden ihrer Kunden zu tun haben wird.

Dokumentation des Schadens

Am einfachsten ist es aus Sicht der Fachleute, den Schaden per Foto zu dokumentieren. Mit dem Mobiltelefon aufgenommene Bilder reichen in der Regel aus. Der Schaden sollte klar erkennbar sein. Die Verbraucherzentrale rät, möglichst einen Zeugen aus der Familie oder den Nachbarn hinzuzuziehen. In jedem Fall erst nach der Dokumentation aufräumen!

Not-Reparatur erlaubt?

Die Versicherung braucht Zeit, um grünes Licht für eine Reparatur zu geben. Handwerker haben ohnehin Konjunktur, und in einem Fall wie Friederike dürften zumindest Dachdecker mehr als genug zu tun haben. Droht durch den Sturmschaden ein Folgeschaden, wenn nicht umgehend repariert werden kann, ist der Versicherte angehalten, „die Schadensstelle notdürftig abzusichern“, sagt Annette Bäcker. Nur so weit das möglich ist. „Auf dem abgedeckten Dach muss allerdings niemand herumklettern“, sagt Opfermann. Bei kleineren Reparaturen vergibt die Provinzial mitunter sogenannte Regulierungsvollmachten, um flott die Reparatur durchführen zu lassen.

Elementarversicherung diesmal nicht notwendig

Der Orkan Friederike rauschte am Donnerstag mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 200 km/h über Deutschland.

Für Schäden an Häusern, die durch diesen Sturm entstanden sind, haftet die Wohngebäudeversicherung. „Eine Elementarversicherung ist hier nicht notwendig“, erklärt Annette Bäcker von der Westfälischen Provinzial. Nach eigenen Angaben ist die Provinzial mit gut 30 Prozent Anteil in Westfalen der größte Versicherer für private Wohngebäude.

Auch bei der HUK dürfen nach eigenen Angaben Reparaturen unter 1000 Euro in einem klaren Schadensfall sofort durchgeführt werden.

„Bei der zu erwartenden Masse der Schadensfälle kann es durchaus sein, dass die Versicherer bei kleineren Schäden sogar bis 2000 Euro sofort grünes Licht für eine Reparatur geben“, sagt Opfermann von der Verbraucherzentrale – fragen kostet nichts.

Was ist versichert und was nicht?

Ist das halbe Dach weggeflogen und es regnet auf den teuren Teppich, haftet schon nicht mehr die Wohngebäudeversicherung – dann ist die Hausratversicherung im Boot. Und überhaupt, was ist denn genau versichert?

Laut Provinzial definitiv nicht versichert: Ein umgepustetes Trampolin. Spielgeräte wie Schaukeln oder Sandkästen müssen demnach im Boden verankert oder einbetoniert sein, um im Schadensfall ersetzt zu werden.
Laut Provinzial definitiv nicht versichert: Ein umgepustetes Trampolin. Spielgeräte wie Schaukeln oder Sandkästen müssen demnach im Boden verankert oder einbetoniert sein, um im Schadensfall ersetzt zu werden. © privat

Die Wohngebäudeversicherung übernimmt Schäden, die durch das Ereignis (Friederike) am Gebäude entstanden sind: Weggepustete Dachpfannen, Antennen, Schornsteine – auch der Schaden, wenn ein Baum vom Grundstück auf das versicherte Gebäude gestürzt ist.

Bei Gartenhäusern und Carports wird es schon kniffelig. Bei manchen Versicherungen wie der Provinzial kann dies explizit mitversichert werden, ist aber nicht in der Basisvariante enthalten. Dies gilt auch für Kosten, die durch Entsorgung umgefallener Bäume entstehen. Spielgeräte im Garten sind ein Fall für sich. Ist die Schaukel einbetoniert, zahlt die Provinzial. Abgehobene Trampoline sind dagegen nicht versichert.

Und: Sturmschäden an Autos zahlt die Teilkaskoversicherung.