Hagen. . Um der Ausbreitung der afrikanischen Schweinepest vorzubeugen, legen Jäger in Südwestfalen vermehrt auf Wildschweine an. Ob das reicht?
Das Virus kommt näher. Kurz hinter den Grenzen, in Polen und Tschechien, sind erste Wildschweine befallen. Es sei daher keine Frage mehr, ob die afrikanische Schweinepest komme, heißt es. Es sei nur die Frage wann. Damit will sich Professor Wilfried Hopp, Leiter des Veterinärdienstes im Kreis Soest, nicht abfinden. Noch könne man handeln.
Diese Tierseuchen grassieren in Deutschland
Der Landwirt
„Dass die Krankheit immer näher rückt, bereitet mir Sorge“, sagt Heiner Korte. 2000 Schweine hält der Landwirt in Menden. Damit sie sich nicht anstecken, hat er im vergangenen Sommer eine Reihe von Schutzmaßnahmen ergriffen. Seinen Hof hat er eingezäunt, damit Wildschweine, die das Virus möglicherweise in sich tragen, gar nicht erst in die Nähe seiner Ferkel und Mastschweine kommen. Das Futter stellt er selbst her, um nichts einzuschleppen. Auch transportiert er seine Tiere selbst, damit fremde Lkw, die die Krankheit mitbringen könnten, nicht in seinen Betrieb kommen.
Keine Gefahr für Menschen, Hunde, Katzen
Die Afrikanische Schweinepest befällt ausschließlich Wild- und Hausschweine.
Menschen und andere Tierarten können sich nicht anstecken.
Umweltschützer kritisieren die verstärkte Wildschweinjagd. Die Seuche werde von Jagdtouristen und Fleischkonsumenten verbreitet, heißt es beim BUND.
Für den Fall, dass die Krankheit doch eines Tages über die Grenze kommt: Heiner Korte hat bereits mobile Desinfektionswannen getestet, durch die seine Transporter dann fahren müssten, bevor sie auf den Hof dürften.
Dass die Seuche seine Tiere treffen könnte, daran will er gar nicht denken. Doch allein ein Ausbruch in der Region oder Deutschland wäre schlimm genug: „Das Fleisch lässt sich dann schlechter vermarkten“, fürchtet Korte. Bereits der erste Pestfall unter Wildschweinen habe erhebliche Folgen für die Landwirte - ohne, dass überhaupt ein einziges Hausschwein erkrankt sei, heißt es beim Bauernverband: Deutschland würde von Drittländern für den Handel lange gesperrt.
„Wenn jeder verantwortungsvoll handelt, können wir die Seuche vielleicht noch beherrschen“, hofft Heiner Korte – und setzt vor allem auf die Mithilfe der Jäger.
Die Jäger
In der vergangenen Woche hat das Land NRW die Schonfrist für die Wildschweine aufgehoben. Ziel sei es, den hohen Schwarzwildbestand zu dezimieren, so dass eine eventuelle Infektionskette schneller abreißen könne, erklärt Andreas Schneider vom Landesjagdverband NRW. Schon in den vergangenen Jahren ist die Zahl der erlegten Wildschweine deutlich gestiegen: In der Jagdsaison 2016/17 waren es 39 000; in der Saison 2014/15 dagegen nur 29 000. Für die aktuelle Saison liegen noch keine Zahlen vor, „aber die Tendenz geht zu deutlich mehr Abschüssen“, heißt es aus dem Kreisveterinäramt im Hochsauerland.
Derzeit fänden nahezu an fast jedem Wochenende so genannte Bewegungsjagden statt, oft auch über die Reviergrenzen hinweg, sagt Nicole Heitzig, Vorsitzende der Kreisjägerschaft im Hochsauerland. Experten wie Wilfried Hopp sehen in solchen Drückjagden die beste Methode, dem Schwarzwild beizukommen, das gern über die Reviergrenzen flieht. Die schlauen Wildschweine ließen sich nur schwer erwischen, bestätigt Nicole Heitzig. Sie seien erst in der Dämmerung aktiv und nur in Mondnächten zu jagen. Also müssen sich mehrere Jäger verschiedener Reviere zusammentun, und von Treibern und Hunden die Tiere aufscheuchen lassen, fordern Experten.
Das Problem: „Das ist sehr aufwendig zu organisieren“, sagt Nicole Heitzig. Meist brauche man ein Jahr Vorlauf, um viele Jäger und Hundemeuten zu koordinieren, bestätigt Andreas Schneider vom Landesjagdverband. Wenn die Drückjagd öffentlich werde, müsse man mit Protesten von Tierschützern rechnen, so Nicole Heitzig. Dennoch: „Es funktioniert mittlerweile gut“, verzeichnet Kreisveterinär Wilfried Hopp eine steigende Zahl von Drückjagden. Ob das ausreicht, sei aber derzeit noch nicht zu beurteilen.
Die Behörden
Am Ende sind es aber vielleicht gar nicht die Wildschweine, die die Seuche weitertragen, sondern die Menschen. Reisende und Lkw-Fahrer aus Polen und Tschechien bringen die Viren an Schuhen und Reifen mit – oder durch unbemerkt infizierte Lebensmittel wie Salamibrote. Achtlos an der Autobahnraststätte weggeworfen, könnten sich Wildschweine hier anstecken. Und so setzt Hopp darauf, Informationszettel an den Autobahnraststätten der A44 und A2 zu verteilen sowie die Plätze mit Zäunen von den Feldern und Wäldern abzutrennen. „Wir können etwas tun“, bleibt er zuversichtlich.