Arnsberg. . 10 201 Klagen am Verwaltungsgericht Arnsberg – annähernd 80 Prozent davon sind Asylverfahren. Hinter jedem Aktenzeichen steckt ein Schicksal.

Nach draußen dringt wenig, doch drinnen brodelt es. Das Verwaltungsgericht Arnsberg versinkt in Aktenbergen. Salopp formuliert: Die Arbeit steht bis Oberkante Unterlippe. Die Zahl der Klagen hat mit 10 201 im vergangenen Jahr einen historischen Rekord erreicht.

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Nie gab es mehr. Der Anteil der Asylverfahren daran beträgt 78,39 Prozent, in absoluten Zahlen sind das 7997 Fälle.

Familiennachzug im Blickpunkt

Und hinter jedem Aktenzeichen steckt eine bewegende persönliche Geschichte. „Mich beschäftigen die Asylverfahren emotional mehr als eine Klage gegen die Verweigerung einer Baugenehmigung“, sagt der Pressesprecher, Richter Stefan Schulte. „Es geht ja für die Menschen um existentielle Fragen, um ihr Schicksal.“

Stefan Schulte, Verwaltungsrichter.
Stefan Schulte, Verwaltungsrichter. © Privat

Die einen wollen ihren Flüchtlingsstatus verbessern, um die Familie nachzuholen, die anderen wehren sich juristisch gegen den Ablehnungsbescheid als Asylbewerber. Aufgeschlüsselt nach Herkunftsländern zeichnet die Statistik der Verwaltungsgerichtes Arnsberg folgendes Bild: Syrien (1669 Verfahren), Afghanistan (1130), Irak (755), Nigeria (608) und Guinea (548).

Bis die Entscheidung für die Betroffenen gefallen ist, dauert es. Wie lange? „Das hängt natürlich vom Einzelfall ab“, sagt Schulte, „je nach Lage der Fakten und der Erkenntnisse mehr oder weniger ein Jahr.“

Entscheidungen des Bamf in Teilen fragwürdig

Dass die Entscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, wie von der Organisation Pro Asyl behauptet wird, in Teilen fragwürdig sind, aus veralteten Textbausteinen bestehen und von Anwälten zerpflückt werden, kann Schulte nicht bestätigen. „Für meinen Zuständigkeitsbereich, ich bearbeite Syrien, kann ich das nicht sagen.“

Noch immer aber gibt es Fälle, in denen Asylbewerber das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auf Untätigkeit verklagen, weil sie monatelang auf die Entscheidung ihres Asylantrages warten müssen. 42 Klagen dieser Art sind in Arnsberg, in der Mehrzahl von syrischen Staatsangehörigen, im vergangenen Jahr erhoben worden.

Angesichts der Menge der Asylverfahren bleiben andere Anliegen im Streit mit Behörden nicht auf der Strecke. Das versichert Schulte. „Jeder Richter hat seine Methode, die Fälle abzuarbeiten. Der eine geht chronologisch vor, der andere mischt die Verfahren.“ Die richterliche Unabhängigkeit sei verfassungsrechtlich festgeschrieben.

75 660 Anträge nicht entschieden

Die jüngsten Zahlen vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erleichtern die Einordnung der Arbeit der Verwaltungsrichter in Arnsberg. Das Amt hat allein im November die Anträge von 33 772 Asylbewerbern entschieden, davon wurden 12 177 abgelehnt. Die Zahl der insgesamt ausstehenden Entscheidungen liegt bei 75 660.