Kredenbach. Zum Gedenken an den ermordeten, vermeintlich homosexuellen Kredenbacher Alfred Freudenberg gibt es nun einen Stolperstein in der Jung-Stilling-Straße 9.
Er war Familienvater, Ehemann, groß und schlank, mit braunen Augen: der Kredenbacher Alfred Freudenberg. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er unter anderem an der Ostfront, in Galizien, den Karpaten und Rumänien. Er zog sich Erfrierungen zu, wurde krank, doch er überlebte den Krieg.
Die letzten Stationen des Siegerländers
Freudenberg wurde zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt, dann ins Gefängnis Steinwache deportiert, von dort ins KZ Natzweiler im Elsass verschleppt, schließlich im KZ Dachau ermordet. „Der Widerspruch bleibt erhalten: homosexuell, verheiratet mit Kind. Das werden wir nicht aufklären“, so Jürgen Wenke.
Als Musketier wurde Freudenberg im November 1918 nach Kredenbach entlassen. Sogar eine Ehrenurkunde erhielt er, überreicht vom Reichskriegsführer. Doch der September 1940 veränderte sein Leben. Der Vorwurf: Alfred Freudenberg pflege homosexuelle Kontakte. Denunziation. Er gerät in eine Abwärtsspirale, die mit dem Tod endet (wir berichteten). Im KZ Dachau wird er am 23. Februar 1945 ermordet. Angebliche Todesursache: „Versagen von Herz und Kreislauf bei Darmentzündung“.
Gestaltet von Künstler Gunter Demnig
Nun erinnert ein Stolperstein in der Jung-Stilling-Straße 9 an das Verbrechen, das diesem Menschen angetan wurde. Vor seinem ehemaligen Haus, in dem heute sein Enkel Axel Katzmarzik wohnt. „Er war mein Opa. Ich wusste, dass er im KZ gestorben ist. Aber den Grund kannte ich nicht“, erzählt Katzmarzik.
Erst der ehrenamtliche Mitarbeiter des gemeinnützigen Vereins Rosa Strippe, Jürgen Wenke, hat ihn aufgeklärt. Denn Wenke hat die Geschichte von Albert Freudenberg akribisch recherchiert und in enger Abstimmung mit den Verwandten die Initiative zum Stolperstein ergriffen. Es ist der Erste für einen Homosexuellen in Siegen-Wittgenstein, gestaltet von Künstler Gunter Demnig.
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Zu der Verlegung am gestrigen Freitag kamen zahlreiche Interessierte, unter ihnen auch der stellvertretende Bürgermeister Friedrich Wilhelm Stahlschmidt. „Die Stadt unterstützt die Aktion gegen das Vergessen.“ Das Engagement der Menschen von heute setze ein Zeichen, „dass es nicht noch einmal zu so einer Katastrophe kommen kann“, sagte Friedrich Wilhelm Stahlschmidt.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Patenschaft für den Stolperstein übernommen. „Homosexuelle werden als Aussätzige der Gesellschaft betrachtet – teilweise auch heute noch“, so der Fraktionsvorsitzende Dieter Gebauer. Seine Partei wolle sich stark machen für diese Menschen. Finanziert haben die Mitglieder den Stein aus eigener Tasche. „Gott sei Dank sind die Köpfe so weit gereift, dass so etwas ohne Anstoß möglich ist“, so Gebauer zu der Verlegung.
Das Schicksal bewusst machen
Es ist kalt und ruhig. Nur das Klopfen des Gummihammers ist zu hören, als Gunter Demnig sich ans Verlegen macht. Interessierte haben eine bunte Fahne bei sich, Jürgen Wenke trägt den Regenbogen in Form einer Mütze auf dem Kopf. Er ist es auch, der die Geschichte des Mannes vorträgt und zwischendurch Tränen in den Augen hat. „Im Mittelpunkt steht heute ein Mensch, den keiner von uns hier kannte, weil Nazis dachten, dieses Leben sei nichts wert.“ Damit so etwas nie wieder geschehe, sei es wichtig, sich das Schicksal bewusst zu machen und nachzudenken. Auch heute sei das Thema noch aktuell, gebe es doch eine Partei am rechten Rand. Dann legt Wenke eine Rose und ein Bild des Mannes zum Stein. Alfred Freudenberg wurde nur 51 Jahre alt – nur, weil er angeblich schwul war.
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