Hagen. . Warum innerhalb eines Jahres drei Kliniken in Südwestfalen ihre Kreißsäle aufgeben – und wie es nun weitergeht.

Leben und Tod liegen bekanntlich oft nah beieinander. In Hagen gibt es wieder mehr Leben: Die Zahl der Geburten steigt. Die Geburtsstationen dagegen sterben: Das Evangelische Krankenhaus in Hagen-Haspe wird seine Entbindungsstation zum März des kommenden Jahres schließen. Damit gibt es in der Stadt nur noch eine Klinik mit Kreißsälen – für mehr als 1700 Geburten in der Stadt (Stand: 2016).

Die Schließungen

Hagen ist kein Einzelfall: Es ist innerhalb eines Jahres die dritte Klinik in Südwestfalen, die ihre Geburtsstation aufgibt – nach dem Krankenhaus in Menden und der Klinik in Meschede.

Weniger Geburten, aber noch weniger Geburtsstationen

Im Jahr 2000 gab es nach Angaben der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen im Land noch 232 Kliniken mit der Fachrichtung Geburtshilfe mit insgesamt 4478 Betten.

Ende des Jahres 2016 waren es nur noch 140 Kliniken mit ingesamt 2982 Betten.

Zugleich ist die Zahl der Geburten zurückgegangen – von 1991 bis 2015 um 20 Prozent, teilt die Krankenhausgesellschaft mit. Auch der leichte Anstieg der Geburten in den vergangenen Jahren reiche nicht aus, damit die Geburtshilfe in NRW flächendeckend wirtschaftlich arbeiten könne.

Insgesamt sind in den vergangenen zehn Jahren im Regierungsbezirk Arnsberg 21 Entbindungsstationen geschlossen worden. So viele wie in keinem anderen Regierungsbezirk des Landes. Das geht aus einer Antwort der Landesregierung auf eine kleine Anfrage im Landtag hervor. Im Raum Detmold waren es im gleichen Zeitraum fünf Stationen, in Düsseldorf elf, in Köln 10 und in Münster 17.

Die Gründe

Die Gründe für die Schließungen sind vielfältig. In Hagen-Haspe ist es die Personalnot. Dort findet die Klinik auf dem ausgedünnten Hebammen-Markt nicht mehr genügend Geburtshelfer. Die Fachkräfte suchten die Herausforderung an Kliniken mit einem Perinatalzentrum für Frühgeborene, so die Argumentation der Geschäftsführung des Hasper-Krankenhauses. Zudem bevorzugten viele werdende Mütter die Sicherheit eines Hauses mit angeschlossener Kinderklinik, so die Geschäftsführung weiter.

Defizitär sei die Station dagegen nicht gewesen. „Mit 500 Geburten im Jahr können wir die Geburtshilfe durchaus wirtschaftlich betreiben“, so Markus Bachmann von der Evangelischen Stiftung Volmarstein, Träger des Krankenhauses in Haspe. 500 Geburten waren dagegen in Menden zu wenig, um die Geburtsstation weiter zu führen. Damit habe man die Kosten nicht decken können, die eine solche Abteilung mit sich bringe, lautete im Frühjahr die Begründung, wie die WESTFALENPOST damals berichtete. Mehr als 800 Geburten müssten es jährlich sein.

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    Eine Zahl, die auch andere Häuser in Südwestfalen nicht verzeichnen. 270 Kinder kommen am Helios-Klinikum in Bad Berleburg zur Welt. Die Klinik hält an der Geburtshilfe fest. Etwa 300 Kinder werden in diesem Jahr in Warstein am Maria-Hilf-Krankenhaus geboren. Leisten könne sich die Klinik die kleine Station, weil man mit Belegärzten zusammenarbeitet, erklärt Pflegedienstleiter Klaus Wohlmeiner.

    Die Folgen

    Lange Anfahrtszeiten müssen vor allem werdende Mütter im Raum Schmallenberg auf sich nehmen: 30 Minuten bei guten Wetter- und Verkehrsverhältnissen, wenn sie sich auf den Weg nach Lennestadt oder Bad Berleburg machen. 20 bis 45 Minuten Fahrtzeit hielt die alte Landesregierung für zumutbar. Denn die Geburtshilfe gehöre nicht zur „Grundversorgung“. Kliniken der Grundversorgung müssen für Bürger in erreichbarer Nähe von 15 bis 20 Kilometern liegen.

    Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hat nun eine Projektgruppe „Geburtshilfe“ eingerichtet, die zum Beginn des kommenden Jahres die Arbeit aufnehmen soll und Vorschläge zur Zukunft der Geburtshilfe in NRW machen soll. Zudem hat das Land an der Hochschule für Gesundheit in Bochum eine Studie in Auftrag gegeben, um zu klären, wie es um die Hebammenversorgung im Land steht und die Versorgung der werdenden Mütter. Denn bisher lägen nicht genügend valide Daten vor, heißt es aus dem Ministerium. Im Sommer kommenden Jahres soll nach Angaben der Hochschule ein erstes Zwischenergebnis vorliegen.