Grevenstein. . Veltins-Chef Michael Huber im Interview - über Bier-Trends, Fachkräftemangel und die Bundestagswahl.
- Veltins-Generalbevollmächtigter Michael Huber im Interview
- Er rät Managern: Mitarbeiter sollen sich im Unternehmen wohlfühlen
- Kritik an Infrastruktur in Nordrhein-Westfalen
Die Brauerei Veltins ist wirtschaftlich erfolgreich. Als Generalbevollmächtigter leitet Michael Huber die Geschäfte seit 22 Jahren. Wir haben mit ihm gesprochen - über Biere, Unternehmensführung und Politik.
Es gab im Biermarkt der letzten beiden Jahrzehnte drei Innovationen: Biermixe, Craft-Biere und Landbiere. Ist noch mehr möglich?
Michael Huber: Nein, ich erwarte absehbar nicht, dass wesentlich neue Produkte in den Handel kommen werden. Es müsste ja eine ganz neue Art von Bier sein, und es sind inzwischen fast alle Möglichkeiten ausgeschöpft, die sich kombinieren lassen, wenn man das Reinheitsgebot beachtet. Craft-Biere spielen übrigens nur am Rand eine Rolle, der Marktanteil beträgt weniger als ein Prozent.
Warum produziert Veltins nicht beispielsweise ein Weizen?
Weil es kein Produkt dieser Region ist. Wir haben darüber nachgedacht und uns bisher immer dagegen entschieden. Ein Weizen aus Westfalen wäre nichts Ursprüngliches.
Wir haben in Südwestfalen momentan drei große private Brauereien. Werden alle ihre Eigenständigkeit erhalten können?
Ich hoffe es! Es käme mir nicht in den Sinn, sich darüber zu freuen, dass es einem schlechter geht als anderen. Wir haben hier Wettbewerb und wir können sehr gut damit leben. Veltins ist eine starke Brauerei in einer großen Region und wir werden uns weiter entwickeln - allerdings niemals mit dem Anspruch eine nationale Marke sein zu wollen.
Wie wird die Brauerei Veltins in Zukunft aufgestellt sein? Inhaberin Susanne Veltins (57) hat keine Kinder, gibt es langfristige Pläne?
Jeder Mittelständler macht sich darüber Gedanken, wie eine mögliche Nachfolge aussehen kann, auch wenn sie in ferner Zukunft liegt. Ein Weg kann es sein, dass Eigentümer ein Management einsetzen, dem sie vertrauen. So wie es bereits bei Veltins praktiziert wird. Meine Überzeugung ist: Das Unternehmen wird langfristig auf gleiche Weise wie heute fortgeführt.
Sie selbst sind 68 Jahre alt und verlängern regelmäßig als Generalbevollmächtigter. Wie lange möchten Sie das Unternehmen leiten?
So lange ich die Rückmeldung bekomme, dass ich gebraucht werde. Das Alter ist doch keine Grenze. Es kommt darauf an, die richtigen Impulse geben zu können. Ich würde sofort aufhören, wenn ich spüren würde, dass mein Engagement keinen Mehrwert hätte. Wir sind bei Veltins seit einer ungewöhnlich langen Zeit im selben Team in der Geschäftsführung und arbeiten erfolgreich zusammen. So lange sich daran nichts ändert, möchte ich mitwirken - ob als Generalbevollmächtigter oder später als aktiver Beiratsvorsitzender, was ebenfalls denkbar wäre.
Sie sind jetzt seit 45 Jahren Unternehmer. Gibt es etwas, was sie künftigen, jungen Managern gern mit auf den Weg geben würden?
Grundwerte, nämlich nach welchen Kriterien ein Unternehmen aufgebaut und geführt werden sollte. Das oberste Gesetz lautet: Kommunikation. Dann ist es wichtig, Mitarbeitern mehr Entscheidungsbefugnisse zu geben. Je weniger sie haben, desto weniger werden sie sich weiterentwickeln und auch nicht aus Fehlern lernen. Außerdem empfehle ich flache Hierarchien.
Mitarbeiter in vielen Unternehmen klagen über Druck, Stress und Demotivation. Was wird hier falsch gemacht?
Wir bei Veltins stellen uns die Frage: Was bieten wir am Arbeitsplatz? Das ist eine generelle Strategie. Unsere Mitarbeiter sollen sich wohlfühlen. Darum müssen Sie sich als Unternehmer kümmern. Nur ein Beispiel: Bei Trilux in Neheim, wo ich ebenfalls als Generalbevollmächtigter tätig bin, haben wir gerade eine neue Kaffee-Bar eingerichtet mit Lounge-Ecke.
Wenn sie an Transportwege und Fachkräftemangel denken: Ist es heute ein Standortnachteil, dass sich die Brauerei in Grevenstein befindet?
Ja, aber wir sind trotzdem gern hier und werden massiv in den Standort investieren. Fachkräfte sind heutzutage ohnehin schwierig zu finden. Wenn dann noch das Umfeld nicht stimmen würde: Vergessen Sie es! Deshalb setzten wir auf eine Willkommenskultur. Sie bekommen sonst keine jungen Menschen mehr. Deren Einstellung zur Arbeit hat sich verändert. Karriere ist nicht mehr alles, Freiräume und Freizeit sind wichtiger geworden.
Kommen wir zur Politik: Nach der Bundestagswahl ist eine mögliche Koalition aus CDU, CSU, FDP und Grünen geplatzt. Bedauern Sie diese Entwicklung oder ist es besser so?
Ich sehe die Politik in der Pflicht, eine stabile politische Lage herzustellen. Davon hängt der wirtschaftliche Erfolg unseres Landes ab. Zurzeit werden Investitionen und Planungen gebremst. Ich glaube, die Politik unterschätzt diese Folgen. Wir brauchen zügig Klarheit.
Welche Aufgaben müsste die Politik schnell angehen?
Wir haben nicht mehr die Infrastruktur, die notwendig wäre. Straßennetz und Datenleitungen müssen dringend ausgebaut und modernisiert werden. Außerdem leiden wir im Hochsauerlandkreis darunter, dass wir zu wenig Linienflugverbindungen in Dortmund und Paderborn haben. Hier sind Weltmarktführer, die machen Export. Fahren Sie mal alltags in den Morgenstunden von hier durch den Stau zum Flughafen Düsseldorf - das ist ein ernsthaftes Problem. Oder empfangen Sie dort mal Besuch beispielsweise aus den Emiraten - das ist ein Tagesprogramm.
Die Euro-Krise begleitet uns seit Jahren. Werden wir die Kiste Veltins in fünf Jahren noch in dieser Währung bezahlen oder wieder in D-Mark?
In Euro! Alles andere wäre ein Rückschritt, der uns in Deutschland wirtschaftlich nicht bekommen würde.
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