Hagen. . Frauen in Südwestfalen wehren sich vermehrt gegen sexuelle Belästigung. Dazu hat die Reform des Strafrechts beigetragen.

  • Auch Südwestfalen wehren sich Frauen vermehrt gegen sexuelle Belästigung und Gewalt
  • Reform des Strafrechts hat Frauen ermutigt
  • Land stellt mehr Mittel für zusätzliches Personal

Mit einem Artikel in der „New York Times“ ging es Anfang Oktober los. Darin beschuldigten prominente Schauspielerinnen wie Ashley Judd den Hollywood-Filmproduzenten Harvey Weinstein der sexuellen Belästigung. Seitdem haben auf dem Online-Nachrichtenkanal Twitter unter dem Hashtag #MeToo, einem durch eine Raute eingeleiteten Schlagwort, Millionen Frauen über sexuelle Belästigung berichtet.

Wie man sich wehrt

60 Prozent aller Frauen in Deutschland haben Studien zufolge sexuelle Belästigung erlebt.

Die Frauenberatungsstelle Osnabrück hat „Tipps für die Wildnis“ zusammengestellt, wie man sich am besten gegen Belästigung wehrt - Zum Download...

Einige Tipps

Anzügliche Blicke ignorieren, obszöne Sprüche überhören, bei Berührungen weggehen. Das kostet am wenigsten Kraft – aber die Belästigungsversuche werden oft nicht eingestellt.


  • Diskutieren. Höflich, aber bestimmt erklären, was missfällt: „Sie schauen ständig hierher, das ist unangenehm.“

  • Konfrontieren, also klar Stopp sagen: „Sie starren mich an, das nervt!“ Vorsicht: Das kann Aggressionen verstärken.

  • Hilfe holen.

  • Frauenberatungsstellen in der Region

    • Arnsberg
      Brückenplatz 4, 59821 Arnsberg
    • Dortmund
      Märkische Straße 212-218, 44141 Dortmund
    • Hagen
      Bahnhofstr. 41, 58095 Hagen
    • Meschede
      Kolpingstr. 18, 59872 Meschede
    • Olpe
      Friedrichstr. 24, 57462 Olpe
    • Schwelm
      Markgrafenstr. 6, 58332 Schwelm
    • Siegen
      Freudenberger Str. 28, 57072 Siegen

    Weitere Frauenberatungsstellen

    Ein Verzeichnis mit Frauenberatungsstellen in NRW finden Sie hier.

    Aber auch offline suchen mehr Opfer in den Frauenberatungsstellen bundesweit Hilfe. Einige Landesvertreterinnen würden eine steigende Anfragen-Zahl melden, sagt Anita Eckhardt vom Bundesverband der Frauenberatungsstellen.

    Neuer Straftatbestand

    „Wir beobachten, dass es angesagt ist, sich gegen sexuelle Belästigung zu wehren“, bestätigt Susanne Willmes von der Beratungsstelle in Meschede. Das liege nicht an der MeToo-Debatte allein. „Nein heißt nein“ – unter diesem Motto ist vor einem guten Jahr das Sexualstrafrecht verschärft worden. Seitdem müssen sich Opfer nicht mehr körperlich gegen Täter zur Wehr setzen; ein sexueller Übergriff ist bereits strafbar, wenn er „gegen den erkennbaren Willen“ des Opfers ausgeführt wird.

    Seitdem ist auch die sexuelle Belästigung mehr als eine Beleidigung. Grapschen ist strafbar geworden – und für die Frauen nun „berichts- und anzeigewürdig“, sagt Susanne Willmes. „Wir verzeichnen seit der Reform erhöhten Beratungsbedarf“, heißt es auch aus der Frauenberatungsstelle in Schwelm. Es werden künftig womöglich noch mehr, denn im ländlichen Raum kämen Auswirkungen solcher Reformen und Debatten erfahrungsgemäß mit Verzögerung an, so Renate Kuhn-Weskamm von der Beratungsstelle in Lüdenscheid.

    Fortbildungen gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz

    Verstärkt würden auch Fortbildungen nachgefragt, wie man gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz vorgeht, stellt Martina Schmitz vom Dachverband der Frauenberatungsstellen in NRW fest. Das Thema komme offenbar bei den Arbeitgebern an, hofft sie.

    Es fehlen Statistiken. Eine erste Umfrage des Bundesverbandes der Frauenberatungsstellen zeigt aber: Bei Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften würden seit der Reform mehr Fälle sexueller Belästigung gemeldet. Die Zahl der Ermittlungsverfahren steige – aber auch die Zahl der Einstellungen, denn die neue Gesetzlage stelle die Behörden vor schwierige Ermittlungsaufgaben. Dennoch: „Einige Frauen fühlen sich gestärkt und bringen die erlebte Gewalt eher zur Anzeige“, so die Rückmeldung aus Beratungsstellen bundesweit.

    Mehr Personal für Prävention

    Dass sich Frauen mehr trauen, das hat Renate Kuhn-Weskamp von der Frauenberatungsstelle in Lüdenscheid bereits nach der Kölner Silvesternacht vor zwei Jahren festgestellt. Auch damals folgte unter dem Hashtag Aufschrei eine Twitterdebatte. In der Folge der Ereignisse stattete die Landesregierung die Frauenberatungsstellen auch in Südwestfalen mit zusätzlichen Mitteln für Personal aus – unter anderem für Präventionsarbeit. Das ermutigt Frauen, sich Hilfe zu holen.

    Auch interessant

    In Meschede gibt es nun zwei Beraterinnen – für mehr als 300 Frauen. So viele haben im Jahr 2016 dort Hilfe gesucht, 136 davon, um über Gewalt zu sprechen. In der Olper Beratungsstelle haben sich etwa 400 Frauen Rat geholt, 90 Prozent davon weil sie Gewalt – nicht nur sexuelle – erfahren haben. In Lüdenscheid und Hemer waren es 420 Frauen, 89 wegen sexualisierter Gewalt. Deutschlandweit haben im Jahr 2016 69 000 Frauen und Angehörige die Beratungsstellen aufgesucht – 10 000 mehr als noch zwei Jahre zuvor.

    So tut sich nach und nach etwas. „Es bleibt zu hoffen“, sagt Martina Schmitz vom NRW-Dachverband, „dass von jeder Kampagne und jeder Debatte ein Stück bleibt.“

    #metoo - so twittern prominente Frauen über ihre Erfahrungen