Wilnsdorf. . Lkw-Fahrer legen auf Autobahnen lange Strecken zurück und verbringen Tage und Nächte alleine im Fahrzeug. Ein Leben (fast) ohne soziale Kontakte.

  • Lkw-Fahrer verbringen Tage und Nächte alleine im Fahrzeug
  • Ein Leben (fast) ohne soziale Kontakte
  • Reportage am Autohof Wilnsdorf an der A 45

Autohof Wilnsdorf an der A 45. Letzte Station des Tages für Lkw-Fahrer. In drei Reihen stehen die Lastzüge auf dem Parkplatz nebeneinander. Abseits der Sauerlandlinie klingen die Fahrgeräusche nach.

Ein Trucker geht mit seinem Hund ein paar Schritte über die Fahrbahn, kein weiterer Fahrer vertritt sich die Beine. Im Gegenteil. Die Vorhänge an den Scheiben sind verschlossen. Autofahrer verirren sich hier nicht. Mitten im Leben sieht anders aus.

Ein leuchtend gelber Lkw

Abseits der Reihen steht ein leuchtend gelber Lkw alleine vor dem Aussichtspunkt zur Autobahn. Fahrer Uwe Tönse lehnt an seinem Hänger, in der rechten Hand eine Bierflasche. Der 54-Jährige kennt die Einsamkeit in der Branche nur zu gut. „Jeder bleibt auf den Autohöfen lieber für sich. Ich stehe auch lieber abseits.“

Was Lkw dürfen – und was nicht

Parken

Lkw, deren erlaubtes Gesamtgewicht den Wert von 7,5 Tonnen übersteigt sowie Anhänger, deren erlaubtes Gesamtgewicht den Wert von 2 Tonnen übersteigt, dürfen in Wohngebieten sowie Klinik- und Kurgebieten zwischen 22 und 6 Uhr nur in absoluten Ausnahmefällen parken. An Sonn- und Feiertagen ist das Parken dort rund um die Uhr verboten.

Geldbußen bei Regelmissachtung (Parken)

Wer regelmäßig gegen die Lkw-Parkverbote verstößt - also regelmäßig nachts, sonntags oder feiertags im Wohngebiet oder Klinik- und Kurgebieten parkt, muss mit einer Geldbuße von bis zu 2000 Euro rechnen. Läuft es ganz dumm, wird der Lkw sogar umgeparkt.

Überholen

Bei entsprechendem Verkehrsschild (Verkehrszeichen 277) ist Fahrzeugen mit zuverlässiger Gesamtmasse über 3,5 Tonnen das Überholen verboten.

Fahren am Sonntag

Wer sein Fahrzeug mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 7,5 Tonnen am Sonntag auf die Strecke bringen will, sollte eine Ausnahmegenehmigung oder vom Gesetzgeber erlaubte Waren (Milch, Fleisch, Fisch, leicht verderbliches Obst/Gemüse) auf der Ladefläche haben. Sonst ist ein Bußgeld von 240 Euro für den Fahrer und 1140 Euro für den Speditionsunternehmer fällig. Weitere Ausnahmen: 1. Bis zu einem Umkreis von 150 Kilometern dürfen Lkw in Hafenstädten Container vom einen Lager zum anderen bringen. 2. Trucker dürfen bis zu 200 Kilometer zurücklegen, wenn sie auf dem Weg vom Versender zu einem Bahnhof sind. 3. Ausstellungs-, Film-, Fernseh- und Schaustell-Fahrzeuge dürfen auch sonntags fahren. 4. Wohnwagenanhänger fallen ebenfalls nicht unter das Verbot.

Tempolimits

Auf Autobahnen beträgt das Tempolimit für Lkw 80 km/h. Auf Landstraßen dürfen Fahrzeuge bis 7.5 Tonnen 90 km/h, ab 7,5 Tonnen 60 km/h schnell unterwegs sein.

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Der gelernte Autoschlosser ist seit der Wende als Lkw-Fahrer tätig. Er fährt gerne, wie er sagt, obwohl es ein einsamer Beruf ist. „Über die Jahre gewöhnt man sich dran“, erklärt Tönse, während sein Blick zum Horizont abschweift, wo sich dunkle Wolken sammeln. Das von Lachfalten gezeichnete Gesicht bleibt bei dem Thema ausdruckslos. Diese Woche hat sein Sohn Geburtstag. Eine Umarmung wird es nicht geben. Tönse wird die Zeit im Lkw verbringen.

Jeden Abend telefonieren

Ist das ein schönes Leben? Er stellt die Bierflasche auf den Boden und verschränkt die Arme. „Das Geld muss ran“, sagt er schließlich mit einem gezwungenen Lächeln. „Und die Bezahlung ist okay, dank der Zuschläge für Überstunden, Nacht- und Sonntagsfahrten.“ Um der Einsamkeit ein Stück weit entfliehen zu können, telefoniert er jeden Abend mit seiner Frau.

Rastätten aus der Luft

A1-Raststätte
A1-Raststätte "Lichtendorf" bei Schwerte (2015) © Luftbild: Hans Blossey
A1-Raststätte
A1-Raststätte "Lichtendorf" bei Schwerte (2014) © Luftbild: Hans Blossey
A1-Raststätte
A1-Raststätte "Lichtendorf" bei Schwerte (2011) © www.blossey.eu
A40-Raststätte
A40-Raststätte "Somborn" bei Dortmund (2012) © Luftbild: Hans Blossey
A40-Raststätte
A40-Raststätte "Somborn" bei Dortmund (2014) © Luftbild: Hans Blossey
A40-Raststätte
A40-Raststätte "Somborn" bei Dortmund (2014) © www.blossey.eu
A2-Raststätte
A2-Raststätte "Resser Mark" bei Gelsenkirchen (2017) © Luftbild: Hans Blossey
A2-Raststätte
A2-Raststätte "Resser Mark" bei Gelsenkirchen (2010) © Hans Blossey
A2-Raststätte
A2-Raststätte "Resser Mark" bei Gelsenkirchen (2009) © Luftbild: Hans Blossey
A2-Raststätte
A2-Raststätte "Resser Mark" bei Gelsenkirchen (2006) © Hans Blossey
A2-Raststätte
A2-Raststätte "Resser Mark" bei Gelsenkirchen (2005) © Hans Blossey
A42-Rastplatz
A42-Rastplatz "Lusenbrink" bei Castrop-Rauxel (2015) © Luftbild: Hans Blossey
A42-Rastplatz
A42-Rastplatz "Lusenbrink" bei Castrop-Rauxel (2015) © Luftbild: Hans Blossey
A3-Raststätte Hünxe Ost (2015)
A3-Raststätte Hünxe Ost (2015) © www.blossey.eu
A3-Rastplatz
A3-Rastplatz "Reusrather Heide" bei Leverkusen (2015) © Luftbild: Hans Blossey
A40-Rastplatz bei Rheurdt (2014)
A40-Rastplatz bei Rheurdt (2014) © Luftbild: Hans Blossey
A40-Rastplatz bei Rheurdt (2014)
A40-Rastplatz bei Rheurdt (2014) © Luftbild: Hans Blossey
A43-Rastplatz
A43-Rastplatz "Hohe Mark" bei Haltern (2014) © Luftbild: Hans Blossey
A1-Raststätte
A1-Raststätte "Dammer Berge" Ostseite (2014) © Luftbild: Hans Blossey
A1-Raststätte
A1-Raststätte "Dammer Berge" Westseite (2014) © Luftbild: Hans Blossey
A1-Raststätte Remscheid (2011)
A1-Raststätte Remscheid (2011) © Hans Blossey
A43-Rastplatz Herten/Recklinghausen (2010)
A43-Rastplatz Herten/Recklinghausen (2010) © Luftbild: Hans Blossey
A43-Rastplatz Herten/Recklinghausen (2010)
A43-Rastplatz Herten/Recklinghausen (2010) © Luftbild: Hans Blossey
A44-Rastplatz
A44-Rastplatz "Siddinghausen" bei Unna (2010) © Luftbild: Hans Blossey
A43-Rastplatz
A43-Rastplatz "Lavesum" bei Haltern (2011) © Luftbild: Hans Blossey
A2-Raststätte Bottrop (2007)
A2-Raststätte Bottrop (2007) © Hans Blossey
A2-Raststätte Bottrop (2006)
A2-Raststätte Bottrop (2006) © Hans Blossey
A2-Rastplatz bei Herne (2005)
A2-Rastplatz bei Herne (2005) © Luftbild: Hans Blossey
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„Danke für das Glück das ich im Leben hatte. Andreas der Trucker“, steht im aufgeschlagenen Gästebuch. Die Schrift variiert und sieht kindlich aus, manche Worte sind komplett in Großbuchstaben geschrieben. Es ist der einzige Eintrag, der offensichtlich von einem Lkw-Fahrer stammt.

Die Seiten glänzen weiß im Licht, das von der Decke auf das Buch fällt. Die Kapelle auf dem Rastplatz ist bis auf eine Reinigungskraft, die den Boden wischt, menschenleer. Hier zieht es um diese Zeit niemanden hin. Das ändert sich in den folgenden Stunden nicht. Auch an dieser Stelle herrscht den ganzen Abend Ruhe.

Um fünf Uhr klingelt der Wecker

Jens Zander ist noch wach. Der junge Mann trägt ein dunkelbraunes Polohemd und eine Mütze. Dazu eine schwarze Hose und Sicherheitsschuhe. Der 25-Jährige wirkt aufgeschlossen, er lächelt. Er hat Grund zur Freude: „Ich bin froh, dass es hier eine Dusche gibt und ich einen Parkplatz bekommen habe“, sagt er. Zwar hätte er noch 90 Minuten fahren dürfen, aber die Gelegenheit wollte er nicht verstreichen lassen. Seine vierjährige Erfahrung lehrt ihn, dass es besser ist, etwas früher den Lkw abzustellen, bevor er um 19 Uhr noch ohne Parkplatz ist.

Nach einem Tag auf der Autobahn warten auf Zander nur noch die Dusche und ein Schnitzel als Abendessen. Um fünf Uhr klingelt bereits der Wecker. Auch er kennt die Einsamkeit, obwohl er drei Tage in der Woche nach Hause fahren kann, wo Familie und Freundin warten, die er noch anrufen möchte. „Als Lkw-Fahrer bist du immer einsam, deswegen sind die Telefonate wichtig. Entweder bist du dafür geboren oder nicht. Mir wurde es in die Wiege gelegt“, so Zander. Schon sein Großvater war Lkw-Fahrer und gab die Arbeit an den Sohn weiter.

Kleiner Fernseher im Führerhaus

Derweil läuft Uwe Tönse mit nacktem Oberkörper und Sporttasche in der Hand Richtung Dusche. Wenig später leuchtet aus seinem Führerhaus nur noch der Fernseher.

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Der Autohof Wilnsdorf hat das ganze Jahr über 24 Stunden am Tag geöffnet und bietet Lkw-Fahrern alles, was gebraucht werden könnte. Parkmöglichkeiten, Tankstelle, Bistro, Duschen, Fast Food. Trotzdem sind hier soziale Kontakte Mangelware. Für Tönse, Zander und die anderen Trucker ist der Hof nur eine weitere Station.

Eine Station im Leben auf der Straße.

>>>HINTERGRUND: Durch EU-Osterweiterung nimmt Schwerlastverkehr zu

  • Nicht weniger als 32,5 Mil­liarden Kilometer legten schwe­- re Nutzfahrzeuge im vergan­- genen Jahr auf deutschen Autobahnen und Bundesstraßen zurück.
  • Der Schwerlastverkehr nimmt seit Jahren zu durch die EU-Osterweiterung, die günstige Arbeitskräfte bietet, aber auch durch Online-Versandunternehmen wie Amazon.