Hagen. . In einer Serie beschäftigt sich die WESTFALENPOST mit Geschichten um den Boom beim Elektroantrieb auf zwei Rädern. Verkauf hat Hochkonjunktur.

Sie quälen sich mit dem Rad den Berg hinauf. Hinter ihnen unterhalten sich rüstige Rentner, kommen näher und fahren leichtfüßig vorbei. Verkehrte Welt. Alle gedopt? Nein. Mit dem E-Bike bekommen Ältere auf dem Rad die dritte Lunge. Ohne Probleme bewältigen sie mit Schub aus dem Akku die Steigungen. Auf zwei Rädern funktioniert die Elektromobilität: Sei es zum Vergnügen in der Freizeit in der Natur oder auf dem Weg zum Arbeitsplatz. In einer fünfteiligen Serie beschäftigt sich die WESTFALENPOST mit dem Boom der E-Bikes. In der heutigen Folge geht es um den Handel.

„Ich hätte nie gedacht, dass die E-Bikes so nach vorne fahren“, sagt Hermann Hegener. Der Fahrradhändler aus Meschede zählt zu den ersten im Sauerland, der im Frühjahr 2010 flächendeckend einen E-Bike-Verleih anbietet. Die Entwicklung hat den 77-Jährigen überrollt. „Im Geschäft standen die ersten E-Bikes vor 14 oder 15 Jahren. Das waren zwei, drei Räder.“

Besitzer werden immer jünger

Und heute? Konkrete Zahlen nennt der Kfz-Meister nicht. Nur soviel. „Früher habe ich im Monat vielleicht 50, sagen wir, normale Räder, verkauft. Wenn es heute zwei sind, schlage ich mir vor Freude auf die Schenkel.“

Ein Überblick über aktuelle Fahrrad-Trends

Holzfahrräder

Der Fahrrad-Designer Didi Senft ist als "Teufel" der Tour de France bekannt. Mit einem selbstgebauten Holzrad huldigt er dem Erfinder des Laufrades, Karl Drais.

Holzfahrräder

Moderne Holzräder geben optisch etwas mehr her. Der Vorteil des Naturmaterials: Es fängt Stöße ab, so dass der Fahrer nichts abbekommt.

Cargobikes

Speziell in Großstädten sind Cargobikes bzw. Lastenräder im Trend. Die Räder eignen sich für den Transport auch schwerer Lasten wie Getränkekästen. Sie schonen die Umwelt und brauchen keine größeren Parkplätze.

Rennräder

Der Klassiker ist immer im Trend. Sobald das Wetter wärmer und die Straßen trockener werden, bevölkern Rennradfahrer die Straßen. Vor allem seit immer mehr Läufer auch den Triathlon für sich entdecken, erfreuen sich Rennräder wieder größerer Beliebtheit.

Cyclocross

Der neueste Trend bei Rennrädern sind Cyclocross-Räder. Diese Rennradvariante ist robuster als die Straßenverwandtschaft. Trotz der stärkeren Bereifung sind die Räder aber auch absolute Straßenrenner und daher auch für Pendler sehr gut geeignet - vor allem wenn der Arbeitsweg nicht nur über Asphalt führt.

Fatbikes

Fatbikes zeichnen sich durch extrem dicke Reifen aus. Sie eignen sich eher zum Cruisen in der Freizeit als zum Pendeln oder sportlichen Fahren über weitere Strecken.

Scheibenbremsen

Scheibenbremsen kommen bei vielen neuen Fahrradtypen zum Einsatz. Sie verkürzen den Bremsweg und bieten auch bei nasser Fahrbahn Halt.

Mountainbike

Ein Evergreen wie das Rennrad ist das Mountainbike. Im Straßenverkehr sind die robusten Fahrräder zwar inzwischen von leichteren Fahrrad-Typen abgelöst worden, aber als Sportgerät sind sie weiterhin populär.

BMX

Seit Steven Spielbergs Filmklassiker E.T. im Trend und inzwischen sogar olympisch: BMX-Räder.

Falträder

Zum Pendeln über kürzere Strecken bieten sich Falträder an. Und wenn die Bahn mal wieder streikt, lassen sich auch längere Strecken überbrücken.

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Dass allein Best Ager, also Frauen und Männer der Generation 50plus, E-Bikes kaufen, kann Hegener nicht bestätigen: „Das war vielleicht am Anfang so, als die ersten Räder auf den Markt gekommen sind. Heute verkaufen wir wie am Schnürchen E-Mountainbikes. Preisklasse 3000 bis 4000 Euro.“ Die Käufer seien deutlich jünger. Für viele bedeute das wiederentdeckte Rad „ein Stück Lebensqualität mehr“. Ob er auch mit einem E-Bike im Sauerland unterwegs ist: „Natürlich.“ Ehefrau Helga, 74 Jahre alt, habe sich lange geweigert, auf ein E-Bike zu steigen. Hoch nach Meschede-Eversberg habe er sie auf dem normalen Rad mit seinem E-Bike mit einem Seil gezogen. „Seitdem fährt sie E-Bike.“

Einer dieser Sätze, die André Walter aus Herdecke, gerne hören würde. Der 49-Jährige hat sein Fahrradgeschäft 2016 komplett auf E-Bikes umgestellt. Der Name ist seither Programm: „e-motion e-Bike Welt“. „Diesen Schritt habe ich nie bereut. Der jüngste Käufer eines E-Bikes von mir ist 14 Jahre alt.“ Es sei längst ein Klischee, dass sich ausschließlich Senioren mit der Hilfselektronik wieder in die Pedale treten würden. „Das Gegenteil ist der Fall.

E-Bike-ABC – Alles, was Sie wissen müssen

E-Bike, Pedelec, S-Pedelec?

E-BIKE ist der Oberbergiff. PEDELECS sind E-Bikes, bei denen der Motor das Radeln bis 25 km/h unterstützt – bei S-PEDELECS bis 45 km/h.

Akku

Die meisten Akkus können an jedem normalen Stromanschluss aufgeladen werden. Für eine längere Lebenszeit gilt das Gleiche wie bei anderen Akkus: nicht komplett entladen, nach jeder Fahrt aufladen, extreme Hitze/Kälte meiden und vom Rad nehmen, wenn man lange nicht fahren wird.

Frontmotor

Der Frontmotor ist am Vorderrad montiert. Er wird aber immer seltener gewählt – er ist zwar recht preiswert, hat aber entscheidende Nachteile: Der Motor ist schwer und beeinträchtigt dadurch das Lenken.

Mittelmotor

Der Mittelmotor ist auf Höhe der Pedalen montiert. Er ist teurer als die anderen Varianten, aber dafür stört er durch den Schwerpunkt in der Mitte das Fahrverhalten nicht. Außer ist er leichter – und sehr effizient, weil die Kraft direkt übertragen wird. Einziger Nachteil: Die Kette wird stärker belastet als bei den anderen Varianten.

Heckmotor

Der Heckmotor an der hinteren Nabe wird gern für sportliche E-Bikes genutzt. Die Vorteile: Der Motor ist leise und nachrüstbar, Schaltung und Kette werden kaum belastet, und Heckmotoren können für den Akku Energie zurückgewinnen.

Reichweite

Wie lange hält der Akku? Schwierig zu sagen – das hängt von vielen Faktoren ab: Strecke, Bodenbelag, Temperatur, Wind, Gewicht des Fahrers, Fahrstil... Man kann aber sagen, dass meist 50 bis 100 Kilometer möglich sind.

Radweg, Straße, Führerschein, Helm?

Rechtlich werden E-Bikes wie normale Fahrräder behandelt. Führerschein und Helm sind also nicht nötig. Außer bei S-Pedelecs: Wegen der höheren Geschwindigkeit gelten sie als Kleinkrafträder – und brauchen ein Versicherungskennzeichen, einen Führerschein Klasse B/M, Rückspiegel und Helm.

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Es findet ein Wandel in der Mobilität statt.“ Früher seien die Leute in der Freizeit oder aus sportlichen Motiven mit dem Rad gefahren. „Das hat sich grundlegend geändert. Es wird immer normaler, wenn jemand mit einem E-Bike zur Arbeit fährt.“ Als Hausnummer für den Kauf eines E-Bikes, „das Qualität hat“, gibt er 2500 Euro an. „Darunter muss man eben Abstriche machen, sei es bei den Bremsen oder der Laufruhe. Dass sich die Menschen mit den E-Bikes am Ende weniger bewegen würden, entbehrt nach Walter jeglicher Grundlage. „Mit den E-Bikes wird sich viel mehr bewegt. Das Auto bleibt doch stehen.“

605 000 E-Bikes 2016 verkauft

Darüber freut sich der Zweirad-Industrie-Verband besonders. Das Rad mit E-Antrieb sei kein Nischenprodukt mehr. „Diese Entwicklung hat sich in den vergangenen Jahren abgezeichnet“, sagt Sprecher David Eisenberger, „und wird sich fortsetzen. Im Jahr 2025 wird jedes dritte Rad ein E-Bike sein.“ Im vergangenen Jahr seien in Deutschland 605 000 E-Bikes verkauft worden. „Im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 13 Prozent.“

Infrastruktur kommt nicht mit

Aktuell seien bundesweit auf den Straßen drei Millionen E-Bikes unterwegs. 99 Prozent von ihnen mit einer Maximalgeschwindigkeit bis zu 25 km/h. Alles läuft also rund? Schlappe Akkus? „Nein“, sagt Eisenberger. „sie sind stark verbessert worden.“ 80 Kilometer seien bei normaler Fahrt kein Problem mehr. Ein Manko gibt es aber doch. „Die Infrastruktur für Räder ist, abgesehen von den touristischen Routen, diesem Trend bislang nicht angepasst. Vielerorts findet aber ein Umdenken statt.“