Neustadt an der Weinstraße/Olpe. . Im Rechtsstreit des Olper Kai Bitzer gegen die rechtsextreme Partei „Der III. Weg“ hat es vor dem Amtsgericht Neustadt noch kein Urteil gegeben.

  • Olper Ratsherr verklagt rechtsextreme Partei vor dem Amtsgericht Neustadt an der Weinstraße
  • Kai Bitzer will Kosten für eine Schiffsreise nach Afrika (2200 Euro) erstattet bekommen
  • Einvernehmliche Lösung scheitert, Urteilsverkündung am 29. Juni geplant

Der Richter am Amtsgericht Neustadt an der Weinstraße hat gestern noch nicht entschieden, wohin die Reise geht. Er will am 29. Juni verkünden, ob die rechtsextreme Partei „Der III. Weg“ dem Olper Ratsherrn Kai Bitzer 2200 Euro für eine Schiffsreise nach Afrika erstatten muss. Die Mini-Partei mit Sitz im pfälzischen Weidenthal hatte dem Kommunalpolitiker, der für die Grünen in den Stadtrat gewählt worden war, eine Postkarte mit der Aufforderung geschickt, Deutschland zu verlassen (siehe rechts). „Ich habe ein relativ gutes Gefühl“, sagt Bitzer nach der kaum 20 Minuten dauernden mündlichen Verhandlung. „Bei aussichtslosen Klagen geben Richter in der Regel einen Hinweis. Einen derartigen Hinweis hat es nicht gegeben.“

Dr. Matthias Frey, Direktor des pfälzischen Amtsgerichts und aufmerksamer Beobachter der Verhandlung, spricht hinterher von einer „ruhigen, sachlichen Auseinandersetzung ohne politische Statements“. Beide Seiten waren ohne Rechtsbeistand erschienen.

Auf einem Frachtschiff nach Afrika

Die beklagte Partei habe argumentiert, dass es sich bei der Postkarte samt Gutschein um eine politische Provokation gehandelt habe und nicht um eine verbindliche Zusage für eine Reise. Kai Bitzer hatte die Zuschrift als Gewinnzusage gedeutet und recherchiert, wie man per Schiff von Deutschland nach Afrika gelangt. „Auf einem Frachtschiff von Hamburg nach Nordafrika.“ Kosten: 2200 Euro. „Es gibt Reiseanbieter für diesen Markt.“

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Amtsgerichtsdirektor Frey erklärt hinterher, dass sein Richter-Kollege deutlich gemacht habe, „dass der Ausgang der Klage offen sei“. Der Versuch einer einvernehmlichen Lösung - „Der III. Weg“ zahle eine Geldsumme an eine karitative Einrichtung - habe der Parteivorsitzende Klaus Armstroff abgelehnt. Bitzer hat nach eigenen Angaben in der Verhandlung angeboten, auf die Verpflegungskosten für die Schiffsreise zu verzichten („ich will mich schließlich nicht bereichern“).

Verweis auf das Bürgerliche Gesetzbuch

Matthias Frey zufolge könnte sich einem Hinweis seines Kollegen zufolge für Bitzer ein Gewinnanspruch nach § 661 a des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergeben: „Voraussetzung ist, dass der Kläger als Verbraucher von einem Unternehmer etwas zugesandt bekam, das den Eindruck erweckt hat, dass er einen Preis gewonnen hat.“ Entscheidend dabei sei die „objektive Wirkung der Postkarte“ - Ansinnen des Absenders oder Interpretation des Empfängers seien nicht vordringlich. Wichtig sei auch, ob die Partei als Unternehmer gehandelt hat. „Da ein Internet-Shop betrieben werde, bei dessen Preisen auch die Mehrwertsteuer ausgewiesen werde, könne dies auf eine gewerbliche oder selbstständige Tätigkeit hinweisen.“

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Kai Bitzer zufolge hat die Verhandlung damit eine „überraschende Wendung“ genommen. „Es stand die Frage im Raum, ob die Mehrwertsteuer als Umsatzsteuer ans Finanzamt abgeführt wurde.“ Nach seinen Informationen wird jetzt eine Staatsanwaltschaft „von Amts wegen“ ermitteln. „Die Partei könnte damit ein ernsthaftes finanzielles Problem bekommen.“

Kein vergleichbarer Fall

Jedenfalls hat die Klage des Olpers („Es gibt keinen vergleichbaren Fall“) Wellen geschlagen. Das Medieninteresse war nicht nur gestern im Gerichtssaal, sondern auch schon zuvor, riesig. „Europaweit“, sagt Kai Bitzer. Und auch der Zuspruch von Privatpersonen überstieg seine Erwartungen. „Mich haben mehr als 400 positive Zuschriften erreicht“, sagt der Ratsherr. „Ich glaube, dass ich in diesem Punkt für die Mehrheit der Bevölkerung das Gute verkörpere.“ Es gebe in der Gesellschaft einen Konsens bei der Ablehnung rechtsradikaler Positionen: „keine Asylbewerberunterkünfte anzustecken oder gegen ,Gutscheine für die Ausreise aller Überfremdungsbefürworter Richtung Afrika’“.

Den 400 positiven Zuschriften stehen ganze drei Hassmails gegenüber, „in denen der Wunsch geäußert wurde, dass ich verrecke“, so Bitzer. Hat er sich bedroht gefühlt? Der Olper denkt einen Moment nach: „Ich bin seit vielen Jahren aktiver Kampfsportler“, sagt er. Es hört sich so an, dass er sich nicht von einigen wenigen Versprengten sein Leben durcheinanderwirbeln lassen will.

Kaum Aktive in Südwestfalen

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Nach Angaben des 44-Jährigen spielt die Mini-Partei „Der III. Weg“ in Südwestfalen so gut wie keine Rolle - „zahlenmäßig, vielleicht sind es 10 bis 15 Aktive“. Das Problem sei allerdings der „Rechtsextremismus in den Köpfen“, der sich in der vermeintlichen Anonymität des Internets Bahn breche. „Wenn Facebook-Posts der Partei eine vierstellige Zahl an Likes ­erhalten, ist das schon bedenklich.“

Kai Bitzers Klage hat starke öffent­liche Beachtung gefunden. Hat er womöglich dazu beige­tragen, dass eine Kleinstpartei aufgewertet wird? „Das ist die Kehrseite der Medaille“, sagt der Kläger, „ohne Wenn und Aber.“ Aber: „Meine Hoffnung war immer, dass ich mit meinem Vorgehen der Partei finanziell das Wasser abgraben könnte.“ Ist seine Klage erfolgreich, so seine Gedanken, könnten andere Adressaten der Postkarte dazu animiert werden, ebenfalls vor Gericht zu ziehen. „Das könnte bedeuten, dass es das war mit dem III. Weg.“