Winterberg. . Bergwetterwarte des Deutschen Wetterdienstes am Kahlen Asten setzt ab heute auf automatisch arbeitende Messnetze. Mitarbeiter werden versetzt
Ab heute liefern automatische Messinstrumente die Daten
In Zukunft keine Mitarbeiter mehr auf Bergwetterwarte am Kahlen Asten
Deutsche Wetterdienst stellt bis Ende 2021 alle 183 Wetterstationen um
Die Anrufe werden irgendwo in der Atmosphäre landen Für immer. Schade.
Warum?
Nachfragen bei der Bergwetterwarte des Deutschen Wetterdienstes am Kahlen Asten in Winterberg nach der Wetterlage sind Geschichte. „Heute um 9 Uhr“, sagt Leiterin Petra Stielicke, „schalte ich auf Automaten um.“ Gespräche über Hitze, Trockenheit, Sturm oder Schneefall wird künftig niemand mehr von hier führen.
Ein Jahr vor dem 100. Geburtstag der mit 841 Metern höchstgelegenen Wetterstation in Nordrhein-Westfalen macht die technische Entwicklung die Mitarbeiter der traditionsreichen Einrichtung überflüssig.
Bundesweit 185 Wetterstationen
„Wir setzen auf vollautomatisch arbeitende Messnetze“, erklärt Uwe Kirsche, Pressesprecher des Deutschen Wetterdienstes in Offenbach im Gespräch mit der WESTFALENPOST. „Bis Ende des Jahres 2021 ziehen wir die Beobachter vom hauptamtlichen Messnetz ab. Es umfasst derzeit 183 Wetterstationen. Die so genannte Augenbeobachtung des Wetters wird eingestellt.“ Die Digitalisierung schreite so schnell voran, dass die Daten ohne Menschen vollautomatisch übermittelt werden können.
Die Nachricht trifft die sechs Beschäftigten, die rund um die Uhr, gearbeitet haben, nicht wie der Blitz aus heiterem Himmel. „Uns ist das im Dezember 2012 mitgeteilt worden, ein Weihnachtsgeschenk der besonderen Art“, sagt Petra Stielicke. Die 53-Jährige ist im Oktober 1994 ins Hochsauerland gekommen. „Diese Entscheidung ist längst akzeptiert. Jeder von uns weiß, ich muss mich verändern. Wir verlieren ja nicht den Arbeitsplatz, wir wechseln den Standort.“ Mit einem Sozialplan werde versucht, persönliche Härten abzufedern. „Ich werde voraussichtlich nach Essen gehen.“
Winterberg von oben
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Und trotzdem, ein bisschen Wehmut ist dabei, wenn sie die 90 Stufen der Wendeltreppe zum Büro im Astenturm hinaufgeht. Die Tage sind gezählt. Ein Blick vom Arbeitsplatz aus dem Fenster sagt mehr als Tausend Worte. Ihr fällt eins ein: „Supertoll.“ Bei guter Sicht ist der Brocken im Harz in 163 Kilometer Entfernung zu sehen, die Wasserkuppe in der Rhön taucht am Horizont auf, und auch der Feldberg im Taunus zeigt sich in der Ferne. „Heute können wir 50 Kilometer weit sehen, trotzdem schön.“
Karibik ist dagegen langweilig
Bis heute ist die Technische Assistentin für Meteorologie, so ihre offizielle Berufsbezeichnung, von den Wettererscheinungen fasziniert: „Ich kann mir nichts Langweiligeres vorstellen, als auf einer Karibik-Insel zu arbeiten. Immer blauer Himmel, immer Sonne, immer alles gleich. Bei Sturm macht der Turm hier richtig Musik – wie beim Jagdhornblasen.“ Sie gerät regelrecht ins Schwärmen, wenn sie Gewitterfronten in der Ferne beschreibt, die Blitze ohne Ende am Horizont zucken lassen.
Alle halbe Stunde setzen die Meteorologen bis heute eine Wettermeldung vom Kahlen Asten ab. Sie verlassen sich auf ihre Augen, ziehen ihre Schlüsse aus den Daten, sei es Luftdruck, Wolkenbildung und Niederschlagsart, und schicken ihre Erkenntnisse codiert weg. Absender: 10 427. Die Zehn für Deutschland, die 427 für den Kahlen Asten.
288 verschiedene Messdaten
Heute liefern Satelliten und Radarstandorte neben den automatischen Messinstrumenten mit ihrer Sensorik permanent Daten, die in Sekundenschnelle vom Rechner in Offenbach ausgewertet werden. Aktuell sind es 288 Parameter: von Windvektoren über Feuchteprofile aus Infrarot- und Mikrowellenstrahlung bis zur Globalstrahlung. Petra Stielicke: „Man kann sich ständig ein Bild von der aktuellen Atomsphäre machen. Es fließen unendlich viel Daten zusammen.“
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