Hagen. . Nico Klassen ist illegale Rennen gefahren und setzt jetzt auf Prävention.

Nico Klassen (37) aus Hamm fuhr jahrelang illegale Autorennen. Er kehrte der Szene den Rücken, als ein Freund bei einem Rennen ums Leben kam. Heute hat er sich der Prävention verschrieben und veranstaltet legale Rennen.

Was treibt Menschen dazu, illegale Autorennen zu fahren?

Nico Klassen: Es ist die Adrenalin-Sucht. Als ich Ende der 90er Jahre damit anfing, kreisten schon mittwochs meine Gedanken darum, dass wir uns am Wochenende zum „Ballern“ treffen, wie wir es nannten. Es geht um das Verlangen, schneller zu sein als ein Gegner mit gleicher Fahrzeugleistung. Bei vielen ist es auch Langeweile.

Wer bewegt sich in der Szene?

Vom Geringverdiener bis zum Vorstandsmitglied. Zwei Drittel der Fahrer sind zwischen 20 und 30 Jahre alt, Frauenanteil: 5 Prozent.

Wie groß ist die Szene?

Es sind Tausende in NRW. Im Raum Köln/Düsseldorf dürften es bis zu 4500 sein, im Ruhrgebiet liegt die Zahl noch höher.

Verabreden sich die Raser zu einem Rennen oder läuft dies spontan ab?

Rennen, die freitags und samstags mit Einbruch der Dunkelheit gestartet werden, sind häufig verabredet. Es kommt aber auch oft vor, dass zwei Fahrer an einer Ampel stehen und ein Blick reicht, dass der andere weiß: Es geht los.

Ist man sich der Gefahren bewusst?

Man weiß, dass etwas passieren kann. Aber man blendet die Gefahr aus, bekommt einen Tunnelblick, wenn man unterwegs ist. Zumal man sich für den besten Fahrer hält, dem nichts passieren kann.

Sind schärfere Strafen die Lösung?

Nein. Es muss endlich verstanden werden, dass es eine Sucht ist. In anderen Ländern hat es Versuche gegeben, die Autos von Rasern zu verschrotten. Eigentlich die Höchststrafe. Dann besorgt sich der Betroffene einfach ein neues.

Wie kommen die Fahrer an Pkw?

Vor 15 Jahren wurden diejenigen, die ein Luxusfahrzeug leasen wollten, intensiv durchleuchtet. Heute bekommen sie einen Kaffee im Autohaus und ein Fahrzeug für eine Monatsrate von 200 bis 300 Euro. Man kommt einfach an Pkw.

Sie veranstalten mit Ihrer Firma EFR Germany legale Viertel-Meilen-Rennen als Ersatzdroge für PS-Süchtige, z.B. im Herbst am Flugplatz Brilon-Thülen. Warum?

Es sind nicht nur „Süchtige“ dabei. Aber man muss Alternativen anbieten - Strecken, auf denen Unbeteiligte nicht in Gefahr geraten. Es geht also um reine Prävention.