Olpe. . Kai Bitzer nimmt rechtsextreme Partei „Der III.Weg“ beim Wort und fordert Einlösung des Gutscheins. Braune Grüße an politische Gegner verschickt
Einfach geistreich. Der parteilose Politiker, der der Fraktion der Grünen im Rat der Stadt Olpe angehört, dreht den Spieß um: Kai Bitzer verklagt die rechtsextreme Partei „Der III. Weg“ auf Einlösung des Gutscheins für die einmalige Ausreise Richtung Afrika, ohne Rückfahrschein.
Der 44-Jährige nimmt die Nazis beim Wort, kreuzt auf der Postkarte per Boot an und fordert das Ticket ein. Bislang ohne Antwort. Der rechtsradikalen Splitter-Gruppe verschlägt es die Sprache. Mit dieser Reaktion hat sie offenbar nicht gerechnet. Ihr Vorsitzender, Klaus Armstroff aus Weidenthal (Kreis Bad Dürkheim) in Rheinland-Pfalz, gibt sich auch gegenüber der WESTFALENPOST überrascht und zugeknöpft: „Wir sagen zu dem Fall nichts.“
Hoffen auf Nachahmer
Bitzer hat die Postkarten-Aktion der rechtsextremen Splitter-Gruppe, „sie hat bundesweit um die 10 000 Karten an politische Gegner verschickt“, zu einem Fall für die Justiz gemacht und beim Amtsgericht in Bad Dürkheim seine Klage eingereicht. „Wenn nur ein Prozent der Empfänger das Angebot annimmt, haben sie ein ernstzunehmendes Problem. Ich versuche, sie mit den eigenen Waffen zu schlagen.“
Aus seiner Sicht ist mit der Annahme des Angebots ein rechtsgültiger Vertrag geschlossen worden. Ob sein Vorgehen von Erfolg gekrönt sein wird, darüber ist sich der Inhaber eines Unternehmens für technische Dienstleistungen, „wir lesen Verbrauchswerte ab, kümmern uns um Rauchmelder“, noch im Unklaren. „Mit meinem Anwalt in Münster habe ich mich auf ‘Nicht aussichtslos’ verständigt. Wenn es sein muss, ziehe ich bis zur letzten höchstrichterlichen Instanz, dem Bundesgerichtshof.“
Spender melden sich
Seine Rechtsschutzversicherung wird ihm auf diesem Klageweg wenig helfen. „Es ist zweifelhaft, ob sie bei dieser Klage greift.“
Dafür reibt sich der Kommunalpolitiker seit gestern morgen beim Blick in sein E-Mail-Postfach verwundert die Augen. „Aus der ganzen Republik melden sich wildfremde Leute, fragen nach meiner Bankverbindung, um mich in dieser juristischen Auseinandersetzung zu unterstützen. Unglaublich. Damit habe ich nicht gerechnet. Auf jeden Fall will ich mich mit meinem Vorgehen nicht in irgendeiner Form bereichern.“
„Der III. Weg“ hat sich die Retourkutsche selbst eingehandelt. Bitzers Anliegen, per Einschreiben mit Rückschein verschickt, ist angenommen, aber nie beantwortet worden. Dabei hatte der Olper bereits einen Tourenvorschlag ausgearbeitet und um die Annahme seines Angebotes gebeten.
Nein, es sollte nicht mit einem Traumschiff Richtung Afrika gehen, es sollte keine Luxusreise sein. „Ich habe mir eine Passage in einer Eignerkabine eines Frachtschiffes von Bremerhaven nach Tanger in Marokko zur Überfahrt ausgesucht. Sie kostet 2200 Euro.“ Dass bisher alle Klagen gegen die Postkarten-Aktion erfolglos geblieben sind, schreckt ihn nicht ab. „Das waren alles strafrechtliche Sachen, in diesem Fall handelt es sich um eine Zivilklage.“ Moralischer Rückhalt in der Region ist ihm sicher. So drücken ihm Jutta Hecken-Defeld, Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Wenden, und Astrid König-Ostermann, ebenfalls SPD und zweite stellvertretende Bürgermeisterin in Wenden, die Daumen. Die Frauen sind sich einig: „Ein genialer Schachzug. Schade, dass wir nicht auf diese Idee gekommen sind.“ Beide hatten vor einem Jahr ebenfalls die braunen Grüße mit der Post bekommen und sich mit Strafanzeigen gegen die Einschüchterungsversuche gewehrt. Ohne Erfolg. Ihre Strafanzeigen wegen versuchter Nötigung liefen damals bei der Staatsanwaltschaft Siegen ins Leere.
Strafanzeigen ohne Erfolg
Ausreichende Gründe für ein strafbares Verhalten von den Verantwortlichen der Partei „Der III.Weg“ liege mit der Übersendung der Postkarte und der Aufforderung zur Ausreise aus Deutschland nicht vor. Der Persönlichkeitsschutz trete grundsätzlich hinter der Meinungsfreiheit zurück, „auch wenn eine Äußerung sich als unbegründet und substanzlos erweist oder scharf und verletzend formuliert ist“.