Meschede/Olpe/Arnsberg. . Junge und ausgebildete Sauerländer mit einem Arbeitsplatz weit weg vom Elternhaus sind gefragt. Familien entdecken Vorzüge ihrer Heimat neu.
- Junge ausgebildete Sauerländer mit einem Arbeitsplatz weit weg vom Elternhaus sind gefragt
- Familien entdecken Vorzüge ihrer alten Heimat neu
- Preiswertes Wohnen reizt zum Umzug
Nein, ihnen muss niemand das Sauerland und Siegerland erklären. Sie kennen es. Die Natur, die Menschen. Sie sind hier zur Schule gegangen.
Zum Studium, zur Ausbildung haben sie ihren Heimatort verlassen. Und zweimal im Jahr lassen sie sich wieder blicken: zum Schützenfest und an Weihnachten. Zu wenig. Das muss sich ändern. Sie sollen zurückkommen. Für immer.
Zielgruppe sind 23- bis 35-Jährige
Das wünschen sich die Wirtschaftsförderer, die Industrie- und Handelskammern, die Südwestfalen Agentur. Die 155 Weltmarktführer in Südwestfalen brauchen Personal, brauchen gut ausgebildete Frauen und Männer im Alter zwischen 23 und 35.
„Wir sehen bei den Rückkehrern ein großes Potenzial“, sagt Hubertus Winterberg, Geschäftsführer der Südwestfalen Agentur in Olpe. Der 48-Jährige hat nichts dagegen, dass der Nachwuchs zunächst wegzieht, um seinen Weg selbst zu suchen. „Noch besser wäre es, wenn er nach einer Phase der Orientierung und ersten beruflichen Erfolgen zu dem Schluss kommt, dass die Welt woanders nicht nur schön ist im Vergleich zu dem, was ihm die Heimat bietet.“
Spätestens an der Stelle tritt Sandra Schmitt auf den Plan. Die Leiterin des Projektes Heimvorteil Hochsauerland. Ein Vorhaben der Südwestfalen Agentur, gefördert für fast drei Jahre mit 455 000 Euro vom Bundeslandwirtschaftsministerium, das auf alle Kreise in Südwestfalen ausgedehnt werden soll. „Ich gehöre der Zielgruppe selber an“, lacht die 28-Jährige aus Winterberg. Jahrelang hat die studierte Betriebswirtin in Düsseldorf gelebt, seit Anfang 2016 arbeitet sie in Meschede. „Auch wenn es sich ungewöhnlich anhört, ich genieße die Ruhe, habe keinen Parkplatz-Stress, bin wieder Teil der Familie und kulturell mehr unterwegs als in Düsseldorf.“
Ihre Erklärung? „Ich habe viel mehr Energie als früher. Es tut gut, nicht ständig Menschen um sich herum zu haben.“ So wohltuend sie selbst die Rückkehr erlebt hat, so begeistert empfiehlt und beschreibt sie in den sozialen Medien die Vorzüge ihrer Heimat: Arbeitsplätze, Wohnungsmarkt, Freizeitangebote. „Wir sind überall präsent.“ Mit Erfolg. Die Anfragen häufen sich, Steckbriefe von möglichen Kandidaten sind an Unternehmen verschickt.
Positive Beispiele? Kein Problem. „Wenn mir jemand vor fünf Jahren gesagt hätte, ich gehe zurück nach Bestwig-Velmede“, sagt Karin Gottfried-Triphaus, „hätte ich ihm gesagt, im Leben nicht.“ Seit August 2016 ist sie mit Ehemann Kai und den Töchtern Gesa (5) und Tilda (2) zurück. Sie arbeitet im Marketing-Team von Fort Fun, ihr Ehemann, ein Logistiker, bei einem Leuchtenhersteller in Arnsberg. „Wir haben alle Vor- und Nachteile durchgespielt“, sagt die 35-Jährige, „es war eine Kosten-Nutzen-Entscheidung.
Preiswertes Wohnen
Eine Wohnung oder ein Haus für vier Personen zu finden, ist in Hannover nicht bezahlbar.“ Auch hätten beide Mädchen einen Krippen- und Kindergartenplatz bekommen. Im Vergleich zu Hannover koste die Betreuung dort nur ein Drittel.
„Wir haben uns jetzt ein Haus mit Garten in Alt-Arnsberg gekauft“, sagt Katrin Schwermer-Funke. Die 33-jährige Kulturpädagogin stammt aus Olsberg-Bigge. „Das wäre in Düsseldorf finanziell nicht machbar gewesen.“ Mit Ehemann Alfred, der 44-Jährige ist Erzieher, ist sie im Dezember zurück ins Sauerland. Beruf und Familienleben lassen sich nach Einschätzung des Paares hier am besten verwirklichen. „Der Lebensrhythmus ist nicht so schnell. Das tut gut. Ich habe kürzlich zum ersten Mal einen Uhu gehört. Toll.“ Dass die Herkunft Gespräche erleichtert, ist ihr bewusst: „Es ist eine andere Verbundenheit.“ Das spürt Marc Schluer aus Brilon auch. Der Elektrotechniker ist mit seiner Entscheidung aber wenig glücklich. „Ich vermisse die Wärme. “ Lange hat er auf Mallorca gelebt. Auf Wunsch seiner Eltern ist der 45-Jährige zurück. Beruflich läuft es nicht rund. Er hat einen Aushilfsjob in einem PC-Geschäft. „Das muss sich ändern.“