Königssee. . Erst EM-Sieg, nun WM-Gold am Königssee: Mit 22 Jahren hat Skeletonfahrerin Jacqueline Lölling aus Brachbach fast alles schon gewonnen. Bleibt nur noch der Olympiasieg
- Jacqueline Lölling (22) krönt sich zur jüngsten Skeleton-Weltmeisterin in der WM-Historie
- Die Athletin von der RSG Hochsauerland gewinnt am Samstag in Königssee vor Titelträgerin Tina Hermann
- Lölling beeindruckt mit Ruhe und Gelassenheit
Als Jacqueline Lölling ihrem silbernen Pokal einen liebevollen Kuss auf das kalte Metall drückte, dachte sie keine Sekunde mehr an ihren Wecker. Dieser hatte sie morgens um halb sechs aus den Federn geklingelt. „Von selbst wäre ich nicht wach geworden“, sagt Lölling grinsend und zupft an der schwarz-rot-goldenen Deutschland-Fahne, die über ihren Schultern hängt.
Sie hätte verschlafen. Sie hätte den bisdato wichtigsten, erfolgreichsten und am Ende wohl längsten Tag ihrer noch jungen Karriere in aller Hektik begonnen. Doch der Wecker klingelte – und rund sieben Stunden später feiern die Fans auf der voll besetzten Stehtribüne im Ziel der Eisarena am Königssee Jacqueline Lölling als neue Weltmeisterin im Skeleton.
Mit einer Gesamtzeit von 2:35,35 Minuten aus den gewerteten drei Läufen – der zweite wurde wie berichtet auf Grund heftigen Schneefalls annulliert – gewinnt Lölling den Titel vor ihrer Mannschaftskollegin Tina Hermann (+0,25 Sekunde) und der Britin Lizzy Yarnold (+0,73). „Es war klar, dass es schwer werden würde, Jacka zu schlagen“, sagt Hermann, die entthronte Titelträgerin später anerkennend: „Sie ist in einer bestechenden Form.“
Emotionaler Jubel im Ziel
Diese stellt die Athletin der in Olsberg beheimateten RSG Hochsauerland am Königssee in allen Läufen unter Beweis und versetzt zudem selbst die Experten in großes Staunen, weil sie dies mit einer unfassbaren Gelassenheit macht. „Natürlich war der Druck da“, sagt Lölling, mit ihren 22 Jahren übrigens jüngste Weltmeisterin in der 16-jährigen Historie der Titelkämpfe, „aber ich habe den Schlitten einfach laufen gelassen und alles genossen.“
So, wie sie die Jubelszenen mit ihren rund 60 extra aus ihrem Heimatort Brachbach im Siegerland und aus dem Hochsauerland angereisten Fans genießt. Das Bad in der Menge, in der auch ihre Eltern stehen, ist für sie noch emotionaler als die Umarmung und die Glückwunsche des anwesenden Thomas Bach, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees. „Trocken sind meine Augen nicht geblieben“, sagt Lölling nach der Übergabe des WM-Pokals und der Goldmedaille.
Doch wie ihre Goldläufe spult die Siegerländerin auch dieses Programm souverän ab. Neben den athletischen und fahrerischen Fähigkeiten ist diese mentale Stärke die Trumpfkarte Löllings. Sie ist Jugend-Olympiasiegerin gewesen, zweifache Junioren-Weltmeisterin, Vize-Weltmeisterin in Winterberg ohne vorherigen Weltcup-Start – und nun als aktuell Führende im Gesamtweltcup (vor Hermann) und amtierende Europameisterin neue Weltmeisterin.
Die nächsten Ziele lassen nicht lange auf sich warten: „Das erste ist, die Bahn in Korea kennenzulernen und dort nächstes Jahr bei den Olympischen Spielen zu starten“, sagt die angehende Bundespolizistin. Am Dienstag geht der Flieger nach Pyeongchang zur internationalen Trainingswoche mit anschließendem Weltcup-Finale am 17. März.
Ob sich Jacqueline Lölling am Abreisetag wieder den Wecker stellen muss, sei dahingestellt. Am Tag nach dem Titelgewinn blieb er aus. Beim Herrenrennen im Skeleton tauchte die Weltmeisterin erst zum zweiten Lauf auf der Stehtribüne auf – und herzte Silbermedaillengewinner Axel Jungk später im Ziel umso mehr.
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