Bad Berleburg. Ejot produziert Schrauben zum Verbinden – und versteht auch viel von Mitarbeiter-Bindung: Die Familienfreundlichkeit ist preiswürdig.
- Das Traditionsunternehmen Ejot ist als Befestigungsspezialist im Automobilbereich und für Gebäude bekannt
- Familienfreundlichkeit ist beim Mittelständler mit rund 3000 Beschäftigten zur Personalpolitik
- Angebot reicht von flexiblen Blockarbeitszeiten über Tagesmütter bis zur Kinder-Sommerfreizeit
Der demographische Wandel findet statt, natürlich auch im Wittgensteiner Land, wo „Ejot“ zuhause ist. Ein familiengeführtes Unternehmen, das sich, trotz mittlerweile 3000 Beschäftigter, noch als mittelständisch bezeichnet - und sich nicht nur in Bezug auf die Produkte als innovativ präsentiert.
Ejot ist Spezialist für Verbindungstechnik, entwickelt und produziert ebenso millimeterkleine Schräubchen wie extrem leichte Nieten für Aluminiumkarossen etwa im Audi A8, oder aber auch Verankerungen für Großprojekte wie den „Sarkophag“ für das Unglücksatomkraftwerk in Tschernobyl. Das Unternehmen versteht viel von Verbindungstechnik, aber auch eine Menge davon, Menschen an sich zu binden.
„Am liebsten ist es uns, wenn unsere Beschäftigten von der Ausbildung bis zur Rente bei uns sind“, sagt Andreas Lang, Ejot-Personalchef. Vielfach gelingt dies, und es ist auch notwendig. So schön das Wittgensteiner Land auch ist, so einladend und interessant Bad Berleburg für den Tagestouristen auch sein mag, es liegt ab vom Schuss. Die Fahrt in die nächste Metropole ist kein Katzensprung. Zur Autobahn sind es rund 45 Minuten über Land, egal in welche Richtung. Auch die Bahnanbindung erinnert ein bisschen an Lummerland.
300 neue Beschäftigte in den letzten drei Jahren
Und dennoch wächst Ejot, auch am Stammsitz in Bad Berleburg. „In den letzten drei Jahren haben wir hier rund 240 Beschäftigte gewonnen, am Standort Thüringen 60“, so Lang. Auch die 4000 Einwohner starke Gemeinde Tambach am Nordhang des Thüringer Waldes im Landkreis Gotha ist weit entfernt davon, ein Oberzentrum zu sein.
Beim Personalwachstum in Berleburg profitierte Ejot von der Durststrecke eines großen Maschinenbauunternehmens in der Region. Drei Ausbildungsjahrgänge seien von dort mehr oder weniger komplett übernommen worden. Gut für die bestens ausgebildeten jungen Leute - und gut für das Berleburger Unternehmen.
Offenheit für Probleme
Allerdings ist dies keine nachhaltige Strategie. Die hat Ejot aber längst. In Berleburg wird besonders viel für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf getan. Unlängst wurde das Unternehmen auf der Berliner Pflegekonferenz dafür mit dem Otto-Heinemann-Preis ausgezeichnet. Ein Krankenkassen-Preis für Unternehmen, die sich in herausragender Weise dafür einsetzen, dass sich Beruf und Pflege vereinbaren lassen.
Was Ejot hier Besonderes auszeichnet? Personalchef Andreas Lang hält die Rahmenbedingungen in seiner Firma eher für selbstverständlich als für herausragend, skizziert sie aber dennoch gern: „Am Anfang stand eine Offenheit für die Probleme.“ Und eine entsprechende Gesprächskultur im Unternehmen. Was passiert, wenn ein Angehöriger eines Beschäftigten akut erkrankt, etwas einen Schlaganfall erleidet? Was ist zu tun? Wie soll der Meister entscheiden? Und wie können Arbeit und Pflege eines Familienmitglieds bestmöglich vereinbart werden?
Tagesmütter für besondere Notfälle
Fragen, auf die es bei Ejot im wahrsten Wortsinn ausgezeichnete Antworten gibt. Das Unternehmen hilft seinen Beschäftigten, strukturiert vorzugehen. „Wir haben beispielsweise eine Pflegemappe mit den wichtigsten Informationen erstellt“, sagt Personalchef Lang. Darin steht, wo welche unterstützenden Einrichtungen vor Ort zu finden sind, es gibt Hinweise auf informative Internetseiten.
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„Und wir kooperieren mit der Arbeitwohlfahrt (AWo), die mit Fachleuten berät, für unsere Beschäftigten kostenfrei, über Ejot finanziert.“ In Gesprächen mit der Unternehmensführung werden Möglichkeiten ausgelotet, Zeit für Pflege zu schaffen. Arbeitszeit kann geblockt werden, Stundenkonten helfen, zeitliche Engpä sse zu überbrücken.
Über das Thema Pflege wird noch ungern gesprochen
Beim Thema Pflege ist der Dialog zwischen Unternehmen und Mitarbeitern eher noch in den Anfängen. „Pflege ist nicht so leicht zu kommunizieren. Hier sind es noch Einzelfälle für die Lösungen gefunden werden“, erläutert Lang. Eine Handvoll waren es 2016. Anders sei es beim Thema Kinderbetreuung. Hier gibt es zunehmend auch Männer, die ihre Rechte wahrnehmen. Väter-Elternzeit habe zugenommen. 2013 waren es nur zwei Papas, die das Angebot nutzten, 2015 waren es schon 34. „Das ist nicht mehr unmännlich“, freut sich der Personalchef.
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Ejot hat vielleicht nicht die schnellste Autobahnanbindung, aber beim Thema Familienfreundlichkeit einen echten Standortvorteil. „Hier kennt man sich, die Leute sprechen miteinander. Ejot ist wie ein kleines Dorf“, sagt Lang. Kinder von Beschäftigten freuen sich auf die Ejot-Sommerfreizeit, Abenteuer-Urlaub im Wald. Eltern werden so in Kindergarten freier Zeit oder Sommerschulferien entlastet. In Notfällen bringen die Beschäftigten ihren Nachwuchs auch schon mal mit ins Büro. Für diejenigen, die in der Produktion und Logistik tätig sind, unmöglich. Aber auch hier hat Ejot eine gerechte Lösung und organisiert in solchen Fällen Tagesmütter. Ein echtes Familienunternehmen, auch bei mittlerweile über 3000 Beschäftigten.