Hagen/Münster. . Landschaftsverband Westfalen-Lippe erhöht Hebesatz um 0,7 Prozent. Versammlung verabschiedet 3,48-Milliarden-Euro-Haushalt für 2017
Die Kommunen müssen tiefer in ihre leeren Kassen greifen. Die Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) erhöht die Beiträge für seine Mitgliedskommunen in diesem Jahr um 0,7 Prozent, von 16,7 auf 17,4 Prozent. Die 116 Delegierten der Landschaftsversammlung haben in Münster mit der Mehrheit der Stimmen von CDU, SPD und FDP den 3,48 Milliarden-Euro-Haushalt verabschiedet.
Die Debatte
„Einen für alle akzeptablen Weg“, nennt die CDU-Fraktionsvorsitzende Eva Irrgang, Landrätin im Kreis Soest, die Anhebung des Hebesatzes, „wenngleich die Ausgleichsrücklage „nahezu aufgebraucht“ werden könnte.
Warum? Weil der LWL für einen ausgeglichenen Haushalt am Ende 2017 möglicherweise 25,4 Millionen Euro aus seiner sogenannten Ausgleichsrücklage einstellen muss, um derzeit kaum kalkulierbare Zusatzbelastungen aus neuen Sozialgesetzen abzufedern. Der einstige Notgroschen, der sich im Jahr 2009 noch auf 325 Millionen Euro belief, würde im laufenden Haushaltsjahr auf 8 Millionen Euro schrumpfen.
SPD-Fraktionschef Holm Sternbacher rechtfertigt die Erhöhung, schließlich seien die Kosten nicht ohne den Qualitätsstandard zu sehen: „Wenn es den Menschen mit Behinderungen besser geht in unserer Gesellschaft, dann werden wir auch mehr Geld in die Hand nehmen müssen. Bei uns geht es Menschen mit Behinderungen besser als andernorts.“ Sternbacher beklagt zudem eine Verschiebung der Koordinaten bei der Wahrnehmung des LWL. „Bei der Diskussion über die Umlage sind alle Leistungen und Bemühungen des LWL vergessen.“ Martina Müller von Bündnis 90/die Grünen aus Arnsberg wirft den großen Fraktionen vor, eine niedrigere Erhöhung als geplant durchgesetzt zu haben. Aus ihrer Sicht kommt dies einer Demontage des LWL gleich.
Die Ausgaben
90 Prozent des Gesamtbudgets machen die Kosten für soziale Leistungen aus. Allein bei den Hilfen für Menschen mit Behinderung muss der Verband dieses Jahr rund 165 Millionen Euro mehr aufwenden als im vergangenen Jahr. Darin enthalten sind Mehrausgaben durch neue bundes- und landesgesetzliche Sozialleistungen wie das Bundesteilhabegesetz, das Inklusionsgesetz und die Pflegestärkungsgesetze. Die Fraktionen von CDU und SPD mahnen eine stärkere Bundesbeteiligung an den Sozialkosten der Kommunen an und fordern eine „weiterhin strikte Ausgabendisziplin“ für die Kultur an.
Die Aufgaben
Der LWL erfüllt Aufgaben in den Bereichen Soziales, Jugend und Schule, Kultur, Psychiatrie und Maßregelvollzug. Er betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser und 17 Museen. 16 000 Frauen und Männer sind beim LWL in ganz Westfalen-Lippe beschäftigt, davon sind es am Sitz in Münster 2100. Der Umsatz des LWL liegt bei 6,2 Milliarden Euro.
Die Leistungen
Die Mitgliederkommunen zahlen nicht nur Beiträge. Es fließt auch Geld zurück. Zwei Beispiele: So hat der LWL 2015 im Hochsauerlandkreis 130,3 Millionen Euro ausgegeben, davon stammen 38,2 Millionen Euro aus Bundes- und Landesmitteln sowie der Ausgleichsabgabe. Mit dem größten Teil der Summe werden behinderte und pflegebedürftige Menschen unterstützt wie im LWL-Wohnverbund Marsberg und die Caritas-Werkstätten in Brilon und Arnsberg. Hagen: Hier hat der LWL 89,7 Millionen Euro bezahlt. Dazu gehören 156 Kinder mit Behinderungen, die einen Förderschulkindergarten besuchen.
Die Aussichten
Seit Jahren steigen die Sozialausgaben und damit die Beiträge der Mitgliedskommunen. Das schränkt ihren Spielraum ein. Thomas Gemke (CDU), Landrat des Märkischen Kreises: „Rund 25 Prozent aller kommunalen Steuereinnahmen unserer Städte und Gemeinden werden zur Finanzierung des LWL benötigt. Tendenz steigend.“