Meschede. . Eine Amtsrichterin hat bei Facebook ausgeteilt - gegen Seehofer, gegen Kevin Großkreutz. Das brachte ihr Ärger ein.

  • CSU-Politiker Horst Seehofer und Fußballer Kevin Großkreutz auf Facebook angegangen
  • Staatsanwaltschaft musste nach anonymer Anzeige mögliche Ermittlungen prüfen
  • Die heutige Direktorin sagt: „Das war nicht für die Öffentlichkeit bestimmt“

Darf eine Richterin den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer ein „Arschloch“ nennen? Darf sie Ex-BVB-Spieler Kevin Großkreutz als „kotz-sau-ekelhaft-unsympathischen Dummbatz“ bezeichnen?

Doris Goß hat es getan, auf ihrer Seite im sozialen Netzwerk Facebook. Deshalb hat die Staatsanwaltschaft Arnsberg ein Verfahren wegen Beleidigung gegen die heutige Direktorin des Amtsgerichts in Meschede geprüft. Die Juristin war angezeigt worden.

Anonyme Anzeige bei der Staatsanwaltschaft

Goß ist erst seit Dezember vergangenen Jahres im Amt. Kurz nach dem Jahreswechsel ging eine anonyme Anzeige gegen sie ein, auch ein Disziplinarverfahren gegen sie ist auf diese Weise beim NRW-Justizministerium beantragt worden: Jemand war auf ihre ­öffentlich einsehbaren, deftigen Beiträge auf ihrer Facebook-Seite aufmerksam geworden.

Staatsdienerin spricht von „Mist-Regierung“

Dort wütet die Staatsdienerin gegen die „Mist-Regierung“, Anlass ist die Debatte um das Betreuungsgeld. Sie zitiert den bekannten Schmäh-Spruch „Besser ein Geschwür am After als ein deutscher Burschenschaftler“ als Kommentar unter einen Zeitungsartikel über einen Burschentag in Eisenach.

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Und sie wird an mehreren ­Stellen persönlich: So wird CSU-Politiker Seehofer angegangen. Zu Fußball-Profi Kevin Großkreutz heißt es, er sei ja nicht „die hellste Kerze auf der Torte“, ehe eine Schimpftirade folgt, die an einen Besuch im Fußball-Stadion erinnert.

Binnen zwei Tagen zu den Akten gelegt

Darf eine Richterin so etwas? Die Staatsanwaltschaft Arnsberg hat die Angelegenheit geprüft - und binnen zwei Tagen zu den Akten gelegt. Nach Angaben von Oberstaatsanwalt Thomas Poggel fehle ein Strafantrag der Geschädigten, also beispielsweise von Seehofer oder Großkreutz. Zudem seien Meinungsäußerungen im privaten Bereich erlaubt ohne dass sie strafrechtlich relevant seien. Die Frage für die Ermittler war: Wusste die Direktorin, dass ihre knackigen Kommentare öffentlich für jeden zu lesen waren? Und hat sie das gewollt?

Nein, sagt Doris Goß auf Nachfrage unserer Zeitung. „Es waren Meinungsäußerungen im privaten Bereich.“ Die Richterin weiß nicht, warum ihre Facebook-Postings für alle einsehbar waren. Sie könne es sich etwa mit einer technischen Panne erklären, sagte sie.

Nutzer können einstellen, wer etwas sieht

Auf Facebook können die Benutzer selbst einstellen, wer ihre Kommentare sehen darf. Goß will diese Funktion so eingestellt haben, dass sie nur für Freunde ersichtlich war. Tatsächlich konnte jeder darauf schauen. „Es war nicht für die Öffentlichkeit bestimmt“, betont Goß. Die Meinungen hätten auch nichts mit ihrem Beruf zu tun, sie seien privat gewesen. Zudem verweist sie darauf, dass die Einträge schon vor einigen Jahren gepostet worden seien: zwischen 2011 und 2013.

Die Direktorin hat ihre Facebook-Seite inzwischen aus dem Netz genommen. Sie taucht gar nicht mehr auf. Das NRW-Justizministerium wollte sich auf Nachfrage nicht zum konkreten Fall äußern. Grundsätzlich müssten sich Richter so verhalten, dass das Vertrauen in ihre Unabhängigkeit nicht gefährdet werde, sagte Dr. Marcus Strunk, der stellvertretende Pressesprecher. Politisch dürften sie durchaus Stellung beziehen, allerdings seien sie angehalten, Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren. Gemeldet hat sich auch das Büro von Horst Seehofer: „Wer sich in einer solchen Weise äußert, den ignorieren wir noch nicht einmal“, teilte es auf Anfrage unserer Zeitung mit.

Versöhnliche Töne gegenüber Großkreutz

Und Goß, der diese Geschichte spürbar unangenehm ist, hat noch versöhnliche Töne gegenüber Kevin Großkreutz parat: Irgendwie möge sie den Fußballer inzwischen als Menschen für sein soziales Engagement und dafür, dass er so bodenständig geblieben sei. Und das sagt sie bewusst öffentlich.