Plettenberg/Kirchhundem. . Über zwölf Monate schwelt der Streit um den Abbau von rund 1000 Arbeitsplätzen. Gespräche wieder aufgenommen. Ersatzbelegschaft zurück in Portugal
- Über zwölf Monate schwelt der Streit um den Jobabbau
- Ersatzbelegschaft wieder zurück in Portugal
- Arbeitgeber und -nehmer verhandeln wieder
Es wird das Jahr der Entscheidung für mehrere hundert Beschäftigte beim Automobilzulieferer Dura: Es geht um Aufträge, um Jobs. um (jede Menge) Geld, um (verloren gegangenes) Vertrauen – also um viel. Für beide Seiten: für das US-amerikanische Unternehmen wie für die Beschäftigten im Sauerland. In den nächsten Monaten wird sich die Zukunft der Werke in Plettenberg, Kirchhundem und Finnentrop entscheiden. Eine Analyse:
„Wildwest“-Methode wieder aufgegeben
Die vom Unternehmen im Oktober aus Portugal eingeflogene Reserve-Belegschaft – immerhin 280 Frauen und Männer – , die jeweils in der Samstagsschicht eingesetzt wurden, und die die Woche dann weitgehend in Hotels im Hochsauerland verbrachten, sollen bereits vor Weihnachten in die Heimat zurückgekehrt sein, erfuhr die Zeitung gestern. Wie viel diese „Wildwest“-Methode den Dura-Konzern genau gekostet hat, dazu war gestern nichts zu erfahren. Fest steht aber: Die Kosten für die Aktion waren es dem Unternehmen wert; wohl, weil nur so die Lieferverträge mit Kunden wie Audi und VW einzuhalten waren.
Stammbelegschaft arbeitetwieder samstags
An vier Wochenenden in Folge soll im letzten Jahr bereits wieder die Stammbelegschaft am Samstag im Einsatz gewesen sein. Der Betriebsrat hat wohl jeweils von Woche zu Woche über seine Zustimmung dazu entschieden, was einerseits die Arbeitgeberseite im Ungewissen ließ; das stete Okay andererseits als Zugeständnis gewertet werden kann.
Harter Streit, aberkeine Kündigungen
Obwohl der Streit um eine Restrukturierung und einen Arbeitsplatzabbau seit über einem Jahr und teils mit harten Bandagen ausgetragen wird, hat es bislang keine Kündigungen gegeben. Im Plettenberger Werk geht offenbar sogar die Information rum, dass Dura im kommenden Jahr wieder zehn Ausbildungsstellen besetzen wolle.
Kein Weihnachtsfrieden,aber Dialogbereitschaft
Dass es in den letzten Wochen des abgelaufenen Jahres kaum mehr (öffentlich) gegenseitige Vorwürfe zwischen Dura-Geschäftsführung und Arbeitnehmervertretern (Betriebsrat, IG Metall) gab, war weniger einem Weihnachtsfrieden geschuldet als der Tatsache, dass beide Seiten an den Gesprächstisch zurückgekehrt sind. Zwar bislang ohne konkrete Ergebnisse, auch weil die Interessen nach wie vor meilenweit auseinander liegen. Aber allein, dass beide Seiten wieder miteinander reden, kann durchaus als positives Signal gewertet werden.
Aufträge laufenim Sommer aus
Möglicherweise gibt es Signale, vielleicht sogar klare Vorstellungen seitens der Automobilhersteller, mit Dura als Zulieferer weiterarbeiten zu wollen, denn: Im Sommer laufen nach unseren Informationen für den Standort und das Werk „Leisten & Blenden“ wichtige Verträge aus. Ohne Anschlussaufträge droht ein Personalüberhang. Das wollte die IG Metall gestern auf Nachfrage so nicht bestätigen. Es hieß lediglich: „Wir vermuten, dass in einem solchen Fall nicht mehr ausreichend Arbeit für alle Beschäftigten da ist.“ Bis Sommer dürften Sozialplanverhandlungen kaum erfolgreich zu Ende zu bringen sein – sie müssten offiziell erst einmal aufgenommen werden – so dass das Unternehmen durchaus Interesse haben kann, für Ersatzaufträge und damit Arbeit zu sorgen.
Welche Folgen hatdie Trump-Wahl?
Völlig unklar ist der Trump-Effekt auf den Fall Dura: Ein Freihandelsabkommen ähnlich dem geplatzten TTIP-Vertrag ist unter dem künftigen US-Präsidenten mehr als unwahrscheinlich; TTIP hätte Regelungen und Angleichungen zu Standards gerade in der Automobilzuliefererbranche geführt. Ohne die Angleichung könnte es aus Dura-Sicht riskant sein, dem Trump-Ansinnen zu folgen und Industrieproduktion wieder in die USA zurückzuholen. Dura Automotive Systems könnte also durchaus ein Interesse daran haben, seine Standorte in Europa und damit auch die im Sauerland zu erhalten, um Bauteile für die Autohersteller vor Ort und nach den hier geltenden Standards zu fertigen.
Alternativ: Suche nach einem Investor und Teilverkauf
Wie weit auch eine Investorensuche und (Teil-)Verkauf der Werke in Plettenberg, Kirchhundem und Finnentrop in Frage kommt, ist ebenfalls völlig offen. Dazu lässt sich der Konzern nicht in die Karten schauen. Aber auch diese Option wäre aus Unternehmenssicht eine mögliche Variante – wenn denn ein interessanter Preis zu erzielen ist. Am Ende wird es jedoch eher auf weniger Beschäftigte, aber mehr Arbeit, mehr Produktivität und mehr Qualität hinauslaufen. 2017 wird das Jahr der Entscheidung für Dura.