Meschede. . Das Hertie-Kaufhaus in Meschede wird nach nun sieben Jahren Leerstand umgebaut. Ex-Mitarbeiter besuchen ihren alten Arbeitsplatz und erzählen, wie’s weiter ging
- Vier Hertie-Kollegen erzählen, wie es nach der Insolvenz weiter ging
- Die Immobilie in Meschede steht seit dem 15. August 2009 leer
- Der ungewöhnlichste Weg: Von der Schmuckverkäuferin zur Anstreicherin
Auf den Schaufenstern klebt welliges Pergamentpapier. Kleine Bäume wachsen aus dem wabenförmigen Pflaster, das allgegenwärtige Hertie-Logo verblasst. Mitten in der Mescheder Innenstadt steht der schmucklose 70er-Jahre-Bau aus Schiefer und Waschbeton. Er wirkt wie das trauriges Mahnmal deutscher Kaufhausgeschichte. In Meschede endete das Hertie-Kapitel am 15. August 2009. 60 Mitarbeiter verloren ihren Arbeitsplatz.
Der neue Investor Fokus Development plant ab Januar einen Umbau, vorab baten die Hertie-Kollegen darum, noch einmal ihren alten Arbeitsplatz zu besichtigen. Wir waren dabei. Vier Mitarbeiter haben uns erzählt, wie ihr Leben weiter gegangen ist.
Der Geschäftsführer
Andreas Thielemeier (57) leitete 2009 drei Hertie-Filialen: Dortmund-Aplerbeck, Gronau und Meschede. Er trug die Verantwortung für 200 Menschen. „Es war klar, dass nicht alle sofort einen neuen Job bekommen. Das Jahr der Insolvenz war für mich das härteste meines Lebens“, sagt Thielemeier und begrüßt seine Ex-Kollegen mit einem großen „Hallo“. Der Schmerz ist vergangen, die Führung weckt vor allem die schönen Erinnerungen. „Jetzt können wir ja wieder aufmachen“, ruft er, als rund 20 Leute vor dem Haupteingang stehen. Der 57-jährige Schmallenberger arbeitet heute immer noch in der Branche. Er gründete eine eigene Firma und leitet nun weitere Einkaufszentren. Das Unternehmen sitzt in Karlsruhe. „Ich bin nur am Wochenende zu Hause“, erzählt er. Für den Job in Meschede zog er damals ins Hochsauerland und blieb.
Die Schmuckverkäuferin
Ute Kaiser (65) arbeitete in der Schmuckabteilung im Untergeschoss. Sie
trug stets eine weiße Bluse, einen schwarzen Blazer und das rote Hertie-Halstuch. Da, wo einst die Kasse stand, baumeln jetzt nur noch zwei dicke Kabel aus der Decke. „Der Zusammenhalt war immer außerordentlich“, erinnert sie sich. Sie verbindet viele schöne Momente mit dem Haus. Nach dem Hertie-Aus nahm sich die Verkäuferin ein Jahr Auszeit. „Das hatte ich mir vorher so überlegt.“ Dann schulte sie mit Hilfe des Arbeitsamtes um und heuerte in Meschede bei einer Versicherung an. „Verkaufen kann ich“, sagt sie und lacht. Seit einem Jahr genießt sie das Leben als Rentnerin.
Der Abteilungsleiter
Karl Davids (58) verbindet mit dem Kaufhaus in Meschede noch ein bisschen mehr. Er lernte hier seine Ehefrau kennen. Damals leitete er die Multimedia-Abteilung im Obergeschoss. „Schaut mal, das habe ich noch angeschraubt“, ruft er und zeigt auf eine Säule an der ein Varta-Schild hängt. Als klar war, dass Hertie keine Zukunft hat, war Davids 50 Jahre alt. Ein schwieriges Alter für einen Neustart. „Natürlich habe ich mir meine Gedanken gemacht, aber ich fand schnell einen neuen Job.“ Er arbeitet heute bei Berlet in Arnsberg-Neheim. Die Insolvenz habe ihn härter gemacht. „Mich schockt jetzt nichts mehr.“
Die Betriebsrätin
Zum Schluss war Uta Zappe (49) Vorsitzende im Betriebsrat. „Es war ja kaum noch einer übrig“, sagt sie und schaut sich in dem leeren Betriebsratszimmer um. Ein länglicher Raum mit braun gestrichenen Wänden. Schwer vorstellbar, dass das Zimmer je Optimismus ausgestrahlt hat. Im Gegenteil zu Uta Zappe. Sie ist ein Mensch, der das Glück in die Hand nimmt. Eine Macherin. Nach zehn Jahren bei Karstadt und später Hertie wechselte sie in ihren gelernten Beruf und legte damit den wohl ungewöhnlichsten Jobwechsel hin: Von der Uhrenverkäuferin zur selbstständigen Malerin.