Hagen. . In NRW wie auch in Südwestfalen steigt die Zahl freiwilliger Ausreisen von abgelehnten Asylbewerbern. Zwangsabschiebungen bleiben schwierig – und teuer

  • Auch in Südwstfalen steigen die Zahlen freiwillig Ausreisender
  • Kosten sind trotz staatlicher Zuschüsse relativ gering
  • Zwangsweise Abschiebungen hingegen bleiben schwierig

Der Bundesinnenminister ist längst nicht zufrieden, die Jubelmeldungen aus den Staatskanzleien der Bundesländer aber häufen sich. Gerade erst hat Landesinnenminister Ralf Jäger eine Spitzenposition für NRW beansprucht. Mehr Flüchtlinge kehren in ihre Heimatländer zurück – gerade zwischen Rhein und Weser geschieht dies immer öfter auf freiwilliger Basis. Allein in diesem Jahr verließen bis Ende August mehr als 17 000 Asylbewerber ohne Bleibeperspektive NRW, darunter gut 14 000 auf freiwilliger Basis. Das sind schon jetzt mehr als im gesamten vergangenen Jahr – und auch im bundesweiten Vergleich überdurchschnittlich viele. Auch in Südwestfalen bestätigt sich dieser Trend – wenn auch die Zahlen zwischen den Kreisen sich teils stark unterscheiden (siehe Tabelle).

Bei der Zahl der zwangsweisen Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber gibt es teils deutliche Rückgänge in der Region. „Es bleibt ein schwieriges Geschäft“, sagt Martin Reuther, Sprecher des Hochsauerlandkreises. Oft fehlten die notwendigen Reisedokumente, vor allem bei Nordafrikanern, wie es aus dem Landesinnenministerium ergänzend heißt. „Oder es werden Krankheiten vorgetragen“, sagt Reuther, eigene oder die eines Familienmitgliedes. Ist der Ausreisepflichtige nicht reisefähig, wird er geduldet. Auch der Umstand, dass eine Krankheit in Deutschland viel besser behandelt werden könne als im Heimatland, kann zu einem Ausreisehindernis führen. Solche Fragen klärt das Ausländeramt zusammen mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf); viele Kreise und Städte mussten deshalb das Behördenpersonal aufstocken. Natürlich führt auch ein Widerspruch gegen einen abgelehnten Asylantrag zu einer Duldung.

Im Kreis Siegen gibt es derzeit allein 301 geduldete ausreisepflichtige Asylbewerber. In diesem Jahr hat der Kreis (ohne die Stadt Siegen) erst 20 Personen abgeschoben, deutlich weniger als im Vorjahr. „22 weitere Abschiebungen sind nicht gelungen“, erläutert Kreissprecher Torsten Manges und zählt auf: zehn Personen seien untergetaucht, zehn weitere seien krank und nicht reisefähig, einer sei ins Kirchenasyl geflüchtet und einer befinde sich in Haft.

Zurück auf den Westbalkan

Deutlich stärker setzen die Ausländerbehörden der Region derzeit auf die freiwillige Rückkehr; einen Anstieg gibt es hier praktisch überall. Allein die Stadt Lippstadt bildet eine Ausnahme, „wir haben kaum noch Balkanflüchtlinge“, begründet das eine Stadtsprecherin.

Menschen aus den Westbalkanstaaten – und hier vor allem Serben und Albaner – machen der Gros der freiwillig Ausreisenden aus. In Arnsberg etwa waren es in diesem Jahr bislang 81 von 99 Ausreisenden; im Kreis Olpe heißt es, zirka 90 Prozent der Ausreisenden stammten vom Westbalkan.

Die freiwillige Rückkehr wird von den Behörden gefördert – im doppelten Sinne. Einmal gibt es Geld: Sogenannte Starthilfen von bis zu 500 Euro pro Person (Kinder bis 12 Jahre die Hälfte), dazu Reisebeihilfen von 200 Euro pro Kopf und die eigentlichen Reisekosten. Wer in ein europäisches Land zurückkehrt, bekommt allerdings nur Bahn- oder Flugticket oder aber pauschal 250 Euro Spritgeld erstattet. Zum anderen werden gerade die chancenlosen Asylbewerber schon in den Landeseinrichtungen „ganz intensiv“, so ein Sprecher des Innenministeriums, über die freiwillige Rückkehr beraten. Auch die Ausländerbehörden sind hier aktiv, der Kreis Soest etwa informiert gemeinsam mit der Rückkehrberatung des Deutschen Roten Kreuzes Hamm über die freiwillige Ausreise.

Hohe Kosten

Trotz Start- und Reisebeihilfe kommt die freiwillige Rückkehr den Staat in der Regel billiger als die Zwangsrückführung. Denn die Kosten für Abschiebungen sind hoch. Mehr als 10 000 Euro kostete den Hochsauerlandkreis jüngst der teils gescheiterte Versuch, eine Familie nach Norwegen abzuschieben. Die Welt berichtete über einen Extremfall, bei dem allein 120 000 Euro Flugkosten für die Abschiebung zweier Armenier anfielen. Personalkosten für in diesem Fall 13 Bundesbeamte kämen da noch hinzu. Im ersten Halbjahr 2016 gab NRW 2,7 Millionen Euro für Zwangsabschiebungen aus, für freiwillige Rückkehrer fielen nur 1,9 Millionen Euro an – bei einem deutlich größeren Personenkreis.