Lüdenscheid. . Mediziner beklagen: Kommunen tun zu wenig gegen den Hausärztemangel. Zum Beispiel in der Gemeinde Wenden.

  • Jeder dritte Hausarzt in Westfalen-Lippe ist über 60 Jahre alt – die Unterversorgung ist absehbar.
  • Förderprogramme sollen junge Mediziner aufs Land locken.
  • Doch ohne Kindergartenplätze und schnelles Internet haben die keinen Erfolg, weiß Stefan Spieren aus eigener Erfahrung.

In Wenden ist die Welt in Ordnung. Hausärzte gibt es genug. Der Versorgungsgrad im Raum Wenden, Olpe, Drolshagen: 99,2 Prozent. So die Aufstellung der Kassenärztlichen Vereinigung. Von einer Unterversorgung der Erkrankten ist man also – anders als in manch anderen südwestfälischen Kommunen – weit entfernt. Noch. Denn mehr als ein Drittel der Ärzte in Wenden, Olpe, Drolshagen ist älter als 60 Jahre.

Werner Spieren zum Beispiel. Der Allgemeinmediziner betreibt eine Hausarztpraxis in Wenden-Hünsborn. 69 Jahre ist er alt. Einen Nachfolger hat er: den eigenen Sohn, Stefan Spieren. Dem Krankenhaus in Düsseldorf hat der junge Chirurg den Rücken gekehrt, ist zurück in den Heimatort gekehrt.

Seine beiden Kinder kamen gemeinsam mit Ehefrau Julia nach, ebenfalls eine Ärztin, aus Mönchengladbach. Eine Stelle im Olper Krankenhaus hatte sie schon in Aussicht. Allein, es fehlt an Kindergartenplätzen in der Gemeinde. Ein Problem, auf das Stefan Spieren die Verwaltungsspitze ansprach. Man sei nicht zuständig, hieß es und verwies auf den kirchlichen Träger. Doch auch der konnte nichts für die Spierens tun. Einen Platz bekamen sie nicht. Die Folge: Julia Spieren musste den Job in Olpe absagen. Die Spierens haben sich dennoch für den Heimatort von Vater Stefan entschieden, obwohl Mutter Julia ein Jahr lang nicht arbeiten konnte. Viele andere, überlegt Stefan Spieren, wäre vermutlich abgewandert.

Und so macht Stefan Spieren, Sprecher der Liste kritischer Ärzte (LKÄ), an seinem persönlichen Beispiel deutlich, warum der Ärztemangel in Südwestfalen auch eine selbstverschuldete Krankheit ist. Tatsächlich habe man eine Menge erreicht mit den Förderprogrammen der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe zum Beispiel (siehe Grafik). Damit will die Kasse frühzeitig einem Ärztemangel gegensteuern – erfolgreich, wie das Beispiel Altena zeigt. Noch im Mai dieses Jahres galt die Kommune als unterversorgt, mittlerweile ist es gelungen, mehrere junge Ärzte zu gewinnen. (Allerdings gehen die nächsten Mediziner bald in Ruhestand.) Mit Werbemaßnahmen an den Universitäten und der finanziellen Förderung von Weiterbildungsassistenten gelinge es zudem, mehr Interesse bei jungen Medizinern an einer Hausarztpraxis zu wecken, glaubt Stefan Spieren. Doch das alles helfe nichts, wenn der Kindergartenplatz fehlt.

Schnelles Internet und Fahrdienste

Oder die schnelle Internetverbindung. „Ich muss Zugriff auf medizinische Datenbanken haben, um mich auf dem neuesten Stand zu halten und auf hohem Niveau zu arbeiten“, sagt Spieren. Dazu ein Baugrundstück für die Familie. Eine gute Nahverkehrsanbindung für die Patienten auf dem Land. Und wo es die nicht gibt, andere Ideen – wie Fahrdienste, fügt er hinzu. Außerdem noch Hilfe bei der Suche nach einem Arbeitsplatz für den Ehepartner, der zuzieht.

Darum müssten sich die Kommunen kümmern, wenn sie die Versorgung ihrer Bürger sicher stellen wollten. So, wie es große Industrieunternehmen in der Region längst tun. Aber, sagt Spieren: „Die Kommunen sind noch blind.“

Seine Frau Julia hat nun wieder einer Stelle – in der Familienpraxis.