Südwestfalen. . Der Rotmilan ist zum Symbol des Konflikts zwischen Klima- und Artenschutz geworden. Naturschützer sehen Ausbaupläne von Windkraftanlagen in Mittelgebirgsregionen wie Südwestfalen kritisch.
- Der Rotmilan und die Gefahr durch Windräder
- Konflikt zwischen Klima- und Artenschutz
- Gerichte eingeschaltet
Das Risiko für den Greifvogel, durch einen Flügelschlag eines Windrades getötet zu werden, steige damit noch weiter. Der Konflikt wird zunehmend juristisch ausgetragen.
Während der Regentschaft des britischen Königs Heinrich VIII. (1509-1547) durfte der mäusebussardgroße Rotmilan nicht getötet werden. Weil der Greifvogel Brehms Tierleben zufolge „als eine Art Wohlfahrtspolizei verdaulichen Abfallstoffe“ auf Straßen verzehrte. 500 Jahre später haben in Deutschland Naturschützer eine Wohlfahrtsaktion für das Tier – von der Weltnaturschutzunion als mögliche vom Aussterben bedrohte Art eingestuft – gestartet. Dass immer wieder Rotmilane umkommen, liegt Tierschützern zufolge auch an Kollisionen mit Windkraftanlagen. Der Konflikt zwischen Klima- und Artenschutz wird zunehmend juristisch ausgetragen.
Wilfried Limpinsel von der Ausgewöhnungsstation für Greifvögel und Eulen in Marsberg-Essentho weiß, dass die „Wellen hoch schlagen“. Anfang des Monats hatte das Verwaltungsgericht Arnsberg den Bau von elf Windrädern im Windpark „Himmelreich“ in Marsberg- Meerhof gestoppt. Der Naturschutzbund (Nabu) hatte geklagt - u.a. weil Rotmilane dort brüten.
Glatt abgeschlagene Flügel
Limpinsel ist als meinungsstarker Tierfreund bekannt. Im Gespräch mit der Zeitung will er aber bei diesem „schwierigen Thema neutral“ bleiben. So mancher Rotmilan mit glatt abgeschlagenen Flügeln ist in seiner Station gelandet. Nicht jedes verletzte Tier konnte er ins „normale“ Flug-Leben zurückführen. „Ich kann nur etwas behaupten, wenn ich genau weiß, dass die Verletzungen von Windrädern stammten“, sagt er.
Der Rotmilan ist zum Symbol des Konflikts zwischen Klima- und Artenschutz geworden. „Er ist Deutschlands heimliches Wappentier“, sagt Fritz Vahrenholt von der Deutschen Wildtier Stiftung. „Das Besondere am Rotmilan ist“, ergänzt Limpinsel, „dass mehr als 60 Prozent des weltweiten Gesamtbestandes in Deutschland vorkommen.“ Vor allem in Mittelgebirgsregionen – z.B. Südwestfalen.
Auch der Windpark Heddinghäuser Haar bei Rüthen war Thema vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg. Betreiber und Nabu einigten sich auf einen Vergleich: Zum Schutz des Rotmilans sollen die Anlagen auch nach der Brutzeit „vom 1. August bis zum 30. September von Sonnenaufgang bis drei Stunden danach und fünf Stunden vor Sonnenuntergang bis Sonnenuntergang abgeschaltet“ werden.
„Ein Scheinproblem“
Für den Bundesverband Wind-Energie wird bisweilen zu viel Wind um den Rotmilan gemacht, wie der Titel einer Studie verrät, die der Verband vor Wochen vorgestellt hat: „Windenergie und Rotmilan - Ein Scheinproblem“. Sprecher Wolfram Axthelm zufolge entfällt der größte Teil der Kollisionen mit Windrädern auf die häufigen und ungefährdeten Arten. In Bezug auf den Rotmilan bedeute das, dass eine Fortführung der bisherigen Planungspraxis möglich ist.
Dem kann Lars Lachmann vom Nabu nicht ganz folgen. Er verweist auf den Forschungsstand, der sich weiterentwickelt habe. „Richter sehen jetzt klarer und erkennen, dass die zuletzt veröffentlichten Studien keine Lobby-Papiere von verrückten Tierschützern sind.“ Dem Vogelschutzexperten zufolge kann sich der Konflikt um Windräder noch verschärfen. „In den Regionen, in denen der Rotmilan heimisch ist, sollen vermehrt Anlagen gebaut werden.“
Und wenn das Tier die Anlagen einfach meidet? „Tja“, sagt Wilfried Limpinsel. „Die Gabe, Gefahren zu erkennen und sich zu merken, ist bei Greifvögeln nicht so ausgeprägt wie z.B. bei den lernfähigem Rabenvögeln.“ Nabu-Mann Lachmann verweist auf die „Lebensweise; „Der Rotmilan holt sich seine Nahrung im Suchflug. Dann schaut er nur nach unten.“