Attendorn/Bayreuth. Georg Zeppenfeld aus Attendorn wollte Lehrer werden. Heute gehört er zu den besten Bässen der Opernwelt. In Bayreuth wird er derzeit enthusiastisch gefeiert

  • Georg Zeppenfeld gehört zu den besten Bässen der Welt
  • Der Attendorner wollte eigentlich Lehrer werden
  • Bei den Bayreuther Festspielen wird er aktuell in gleich drei großen Rollen gefeiert

Männergesangverein „Liederkranz“ Neulisternohl, Musikschule Attendorn, Musikhochschulen Detmold und Köln, Grüner Hügel: So lauten die Karrierestationen von Georg ­Zeppenfeld. Der Attendorner Bass spielt in der Champions League der Opernsänger ganz vorne mit. In Bayreuth wird er derzeit in drei Hauptrollen von Kritik und Publikum enthusiastisch gefeiert.

Sie stehen als Gurnemanz im „Parsifal“, Hunding in der „Walküre“ und König Marke im „Tristan“ auf der Bühne im Bayreuther Festspielhaus. Wie geht man mit einer solchen Riesenherausforderung um?

Georg Zeppenfeld: Es ist ein toller Sommer, weil ich drei der schönsten Partien meines Fachs ausgerechnet hier singen darf. Ich weiß nicht, ob ich das nochmal kriegen kann im Leben.

Der Gurnemanz hat unglaublich viel zu singen. Wie lernt man den ganzen Text eigentlich auswendig?

Das ist mir gar nicht schwergefallen, denn es ergibt sich eins schlüssig aus dem anderen, eine Erzählung mündet in die nächste. Es ist viel schwieriger, ein Konversationsstück zu lernen wie „Capriccio“ von Richard Strauss, wo die Beiträge im flinken Wechsel ineinander verzahnt sind. Da muss man den Text der anderen gleich mitlernen, damit es funktioniert. Außerdem finde ich, dass der neue Bayreuther „Parsifal“ ziemlich geradeaus ­erzählt wird. Damit bin ich sehr ­zufrieden, denn das erleichtert mir als Darsteller die Arbeit, weil dem Publikum nahegebracht wird, was in dem Stück passiert. Regisseur Uwe Eric Laufenberg hat eine ganz geradlinige Erzählweise, und so kann ich tun, was ich will, nämlich die Partie so singen, wie sie der Komponist gemeint hat.

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Der Gurnemanz spielt eine Schlüsselrolle in Ihrer Laufbahn. Als Stipendiat des Richard-Wagner-Verbandes haben Sie Hans Sotin in Bayreuth damit gehört und sich gesagt: Da will ich hin! Ist es für Sie die Lieblings-Wagner-Partie?

Vielleicht hat der Sachs noch mehr Farbmöglichkeiten, die Bandbreite, die er darstellen kann, ist noch größer. Aber der Gurnemanz kommt mir schon sehr entgegen, weil er viele dunkle, erdige Töne hat. Die singe ich gerne, deshalb rangiert er weit oben in meiner Hitliste.

Gurnemanz ist ein Gralsritter. Hunding ein Tyrann. Wie schaltet man zwischen zwei so unterschiedlichen Charakteren um?

An den Hunding bin ich ganz kurzfristig gekommen. Vieles von der Gestaltung bringt die Figur schon mit sich. Das Schöne bei Wagner ist, dass die Partien musikalisch so dicht sind. Ich muss mich beim Hunding ein bisschen anders einsingen als für den Gurnemanz. Für den Gurnemanz suche ich die farbenreiche Stimme und für den Hunding den Biss und den einen oder anderen schwarzen Ton. Der hat ja wenig Kantilenen, und ausgerechnet direkt davor muss ich zwei Treppen hochrennen. Es macht den Beruf interessant, dass die Anforderungen so unterschiedlich sind und dass man schaut, wo die eigenen Grenzen liegen.

Und dann singen Sie noch den König Marke.

Der Marke ist eine schöne Partie wegen des Farbenspektrums, das man da zeigen kann und weil ich so gut nachvollziehen kann, was in diesem König vorgeht, der von seinem besten Freund verraten wird. Wagner hat das ganz hervorragend in Musik übersetzt, das bekommt man in dieser Intensität selten geboten.

Ihr Standbein ist die Semperoper in Dresden, Ihr Spielbein führt Sie an alle großen Bühnen der Welt. Ist Bayreuth noch etwas Besonderes?

Es ist schon eine besondere Theaterwelt hier auf dem Grünen Hügel. Man weiß um die Authentizität dieses Ortes. Der „Parsifal“ zum Beispiel ist ja extra für das Festspielhaus komponiert worden, und das hört man auch. Die Bläser müssen sonst immer Rücksicht auf die Sänger nehmen. In Bayreuth sitzen sie aber im überdeckten Orchestergraben und können richtig loslegen. Bayreuth ist der Nabel der Wagner-Welt, man trifft Kollegen, mit denen man sonst alterniert und man lernt sich besser kennen. Auch die Nähe zu den Dirigenten hat Vorteile, man versteht besser als sonst, was sie wollen und warum.

Sie haben im MGV Liederkranz Neulisternohl Ihre Stimme ­erstmals ausprobiert. Wird das Singen gesellschaftlich genug geschätzt?

Das Singen ist grundsätzlich die Voraussetzung für jede musikalische Betätigung. Schon vor dem Spracherwerb kann man sich stimmlich ausdrücken. Mit Kindern zu singen, finde ich extrem wichtig für ihre weitere Entwicklung, das sollte die Schule aufgreifen, und zwar nicht ohne Anspruch. Ich bin ein bisschen enttäuscht, wenn ich mitkriege, was heute in der Schule passiert. Ich habe den Eindruck, dass die Schulmusik es aufgegeben hat, die Kinder an unser reiches musikalisches Erbe heranzuführen und das den Musikschulen überlässt. Es ist doch schade, dass den meisten Kindern und Jugendlichen so viele Möglichkeiten vorenthalten werden.

Sie sind bekennender Sauerländer. Doch wer in der Region aufwächst, dem wird eine Weltkarriere als Sänger nicht in die Wiege gelegt.

Es hat im Sauerland schon was Exotisches, wenn einer in so eine Richtung geht. Ich kann es ja selber bis heute nicht fassen, dass ich da gelandet bin. Das war gar nicht meine Absicht. Ich wollte Lehrer werden. Das Gesangsstudium habe ich neben dem Schulmusikstudium nur aufgenommen, um den Bezug zur Praxis nicht zu verlieren. Dass es doch eine Berufsmusikerlaufbahn geworden ist, war ein allmählicher Vorgang. Das ist so über mich hereingebrochen.