Schmallenberg. . Zimmermädchen sind schlecht bezahlt, arbeiten unter Zeitdruck, bekommen wenig Anerkennung. Beate Brieden hat in Schmallenberg einen Ausnahmejob.
- Hotels werden von vielen Gästen an der Sauberkeit der Zimmer gemessen.
- Dennoch sind Zimmermädchen schlecht bezahlt, arbeiten unter hohem Zeitdruck und bekommen wenig Anerkennung.
- Housekeeperin Beate Brieden hat mit ihrem Job in Schmallenberg Glück
Nummer 304 ist ein Bleiber, kein Putzer. Ein allein reisender Herr, der nicht abreist, sondern einige weitere Tage im Sauerland verbringt. Sein Bett also braucht Beate Brieden an diesem Morgen nicht frisch zu beziehen. Der Herr hat nicht geduscht, nichts aus der Minibar getrunken. Duschkabine abreiben, Gläser spülen und blank wienern – auch die Minuten dafür kann sich Beate Brieden sparen. Eine gute Viertelstunde braucht sie für Zimmer und Bad.
Sie könnte sich mehr Zeit nehmen, wenn es auf der 304 nötig wäre. Im Fünf-Sterne-Hotel Deimann ist Zimmermädchen, neudeutsch Houskeepern, kein Takt vorgegeben. „Hauptsache sauber“ sagt Andreas Deimann.
Im Eiltempo
„Häufig aber ist der Zeitdruck für die Zimmerfrauen sehr groß“, berichtet Isabell Mura von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in Südwestfalen aus anderen Betrieben der Branche. Dabei würde es sich vermutlich lohnen, mehr Minuten zu investieren, gehört doch „mangelnde Sauberkeit“ auf den Zimmern in Online-Bewertungsportalen zu den häufigsten Ärgernissen. Hotels werden von den Gästen an der Arbeit der Housekeeper gemessen.
Beate Brieden hat eine Stempelkarte. Überstunden werden genau abgerechnet. Und doch müssen die zwölf Zimmer auf ihrer Etage bis zum frühen Nachmittag nun einmal sauber sein. Beeilen muss sich also auch Beate Brieden.
Sie wirft einen Blick auf ihre Liste: Das nächste Zimmer darauf ist ebenfalls ein Bleiber. Drei Mal klopft sie an die Tür, horcht einen Moment, steckt die Schlüsselkarte ins Schloss. Sie öffnet die Tür, schiebt den Kopf hindurch ruft fröhlich „Guten Morgen“. Keine Antwort, die Bahn ist frei. Beate Brieden marschiert zügig in den Raum bis zum Doppelbett und streicht, ohne im Schwung abzubremsen, Laken glatt, schüttelt Kopfkissen auf, faltet die Bettdecke. Im zweiten Bett ist das Laken etwas schmutzig und muss außer der Reihe gewechselt werden: „Das kostet mehr Zeit“, stellt Beate Brieden fest – ganz sachlich.
Helden im Hotel
An der Glastür zum Balkon klebt Vogelkot – den wischt sie mit einem alten Lappen weg. Papierkorb leeren, Gläser spülen, Sofakissen drapieren. Ein Blick, ob die Äpfel in der Schale auf dem Couchtisch nicht mürbe sind. Dann ins Bad. Haarspülung und Nagelfeile ersetzen. Benutzte Handtücher einsammeln. Dusche säubern, Waschbecken, Wasserhähne, Spiegel polieren. Bidet reinigen, Toilette schrubben. Boden wischen – erst nass, dann trocken.
In dem feuchtwarmen Bad, in dem Gäste sich noch vor Kurzem gewaschen haben, läuft Beate Briedens Kopf rot an, Schweiß läuft von der Stirn hinter die Brille und in die Augen. „Es ist schon anstrengend“, sagt sie – gut gelaunt. Sie blickt noch einmal prüfend um sich, holt frische Wäsche aus ihrem Wagen vom Flur, saugt Staub. Etwa 25 Minuten hat sie das Zimmer gekostet.
Die Anerkennung
Noch mehr Zeit braucht sie für die Putzer, also für die Zimmer, in denen die Gäste wechseln und Betten frisch bezogen werden müssen. Mehr Zeit braucht sie auch, „falls ein Bad mal so aussieht, dass man es eigentlich gar nicht betreten möchte“, deutet sie nur an.
Seit eineinhalb Jahren ist sie bei Deimann angestellt. Das Hotel, in dem die 55-Jährige zuvor gearbeitet hatte, musste schließen. Sie glaubte nicht daran, noch einmal etwas Neues zu finden. Doch einen Tag, nachdem sie ihre Bewerbung im Romantikhotel abgegeben hatte, wurde sie zum Gespräch eingeladen. „Gutes Personal zu finden, ist sehr problematisch“, sagt Andreas Deimann. Dienste an Sonn- und Feiertagen machen die Arbeit für Frauen mit Kindern unattraktiv. Für die Gäste oft unsichtbar zu sein, anders als Kellner, ebenso.
Beate Brieden schließt die Tür, geht weiter zum nächsten Zimmer. Die Gäste dort sind am Vortag angereist. Beate Brieden klopft, horcht, ruft „Guten Morgen“, eilt in den Raum – stoppt aber diesmal vor dem Bett. Sie strahlt. Auf jedem Kopfkissen liegt ein kleiner Geldschein. „Eine schöne Wertschätzung“, freut sie sich.