Bad Berleburg.
Schluss mit „Fuchs, du hast die Gans gestohlen…“ Bio-Landwirt Christian Schenkel hat es satt. Für Waschbär, Dachs und Meister Reineke sind die Weiden des Biohofes Kapplermühle im Ortsteil Wingeshausen nämlich ein Delikatessen-Laden. Hühner, Hähnchen, Gänse: all you can eat. Mit Grit und Gecko hat sich Christian Schenkel eine sensationelle Security-Truppe auf den Hof geholt. Zwei Pyrenäenberghund-Welpen – Herdenschutzhunde. Der Berleburger Bio-Bauer ist der erste in ganz NRW, der diese Hunderasse am Federvieh einsetzt. Er ist sicher: „Wenn die mal groß sind und wuff machen, dann kapieren Fuchs & Co. ganz schnell: Du kommst hier nicht rein!“
Schutz vor Wölfen
Damit Schenkels Plan funktioniert, müssen die Welpen auf ihren künftigen Job „geprägt“ werden. Und das bedeutet: Die Hunde wachsen gemeinsam mit den Junggänsen auf, teilen sich Tisch und Bett mit dem Federvieh – oder besser gesagt: Weide und Stall. Gefüttert werden sie natürlich artgerecht – von ihren Menschen und natürlich auch gestreichelt. Schmuse- oder Sofahunde sind Pyrenäenberghunde aber eher nicht.
Zwei Wochen sind Grit und Gecko jetzt in ihrem Revier. Sie fühlen sich pudelwohl und sind schon fast selbst ein bisschen „Gans“. Kuscheln mit den Junggänsen, Schnuppern, Spielen. Beste Stimmung in der Hund-Gänse-WG. Findet auch das Federvieh, das die neuen Mitbewohner anstandslos in die Familie aufgenommen hat.
Kein Wunder, die Vorfahren von Grit und Gecko wurden in den französischen Pyrenäen seit Jahrhunderten zum Schutz von Herden gezüchtet. Gutmütig sind sie, aber unbestechliche Beschützer. Als Hirten- und Wachhunde, die selbstständig in Bergen das Vieh bewachen und vor Wölfen, Luchsen und Bären beschützen, wurden und werden sie gehalten. Bisher bestanden diese Herden allerdings aus Rindern oder Schafen. Und seit der Wolf zurück ist, ist der Herdenschutzhund auch bei deutschen Schäfern wieder ein Thema. „Diese Hunderassen mit Gänsen zu vergesellschaften und am Federvieh einzusetzen, damit sind wir hierzulande Vorreiter“, sagt Christian Schenkel. Er hofft auf effektiven Schutz, denn seine Hühner sollen weiter Bio-Eier legen, seine Hähnchen und Gänse auf dem Teller der Menschen landen, die gutes Fleisch von artgerecht gezogenen Tieren zu schätzen wissen und nicht in den Mägen der Raubtiere.
Jede sechste Gans getötet
Noch sind Grit und Gecko alles andere als zum Fürchten. Zwei niedliche weiße Plüschknäuel, nicht mal kniehoch und erst 10 Wochen alt. Das wird sich ändern: Ausgewachsen erreicht der Rüde eine Schulterhöhe von mehr als imposanten 80 Zentimetern und bringt 60 Kilo auf die Waage, Hündin Grit wird locker 75 Zentimeter groß und erreicht ein Kampfgewicht von 45 Kilo. Christian Schenkel hat sein Plüsch-Duo von einem Züchter aus Hessen gekauft und ins Wittgensteiner Land geholt.
Der Schaden, den Fuchs, Waschbär und Dachs auf seinen Weiden angerichtet haben, ist – auf lange Sicht – weit höher als die Kosten für die Hunde. Von 300 Gänsen wurden im vergangenen Jahr 52 Opfer der heimischen Raubtiere. Die Hühner und Hähnchen nicht mitgerechnet. Sie alle leben auf dem Bioland-Hof artgerecht frei auf großen Flächen, werden nur abends in den Stall geholt. Ein 115 Zentimeter hoher Stromzaun sollte das Federvieh schützen. Für die hungrigen Wilderer auf vier Pfoten kein Hindernis.
Wenn’s mit der Vergesellschaftung von Grit, Gecko und den Gänsen weiter so gut klappt, wenn das Experiment gelingt, will Christian Schenkel weitere Pyrenäen-Berghunde kaufen – für seine anderen Flächen und zum Schutz seiner Hühner und Hähnchen.